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Die Ralser-Methode

Markus Ralser (Foto: Charité)

Ein Team um den Wipptaler Biochemiker Markus Ralser hat eine Methode entwickelt, mit der schwere oder letale Corona-Verläufe vorausgesagt werden können.

Könnte man anhand einer Blutprobe prognostizieren, ob ein Covid-Patient einen schweren Verlauf nehmen wird oder die Krankheit sogar zum Tod führen kann, würde das Ärzten bei der Therapie helfen.

Ein Forschungsteam aus Deutschland und Österreich hat am Dienstag im Fachblatt „PLOS Digital Health“ eine KI-unterstützte Methode vorgestellt, die das kann.

Das bringe für Mediziner mehr Informationen – letztlich auch in gefürchteten Triagesituationen, so der aus Mauls stammende Biochemiker Markus Ralser.

Bereits im vergangenen Jahr hat der an der Berliner Charité und am Francis Crick Institute (Großbritannien) tätige Ralser mit Kollegen ein Verfahren vorgestellt, das es erlaubt, mittels rascher und kostengünstiger Massenspektrometrie die charakteristische Proteinstruktur in Blutproben (Proteom) zu ermitteln, berichtet die Nachrichtenagentur APA.

Je nachdem, wie der Körper auf einen Krankheitserreger reagiert, ändert dies auch den bunten Strauß an Stoffwechselprodukten.

In der im Vorjahr in den Fachjournalen „Nature Biotechnology“ und „Cell Systems“ veröffentlichten Arbeit zeigte das Team, dass sich die neue „Scanning SWATH“-Technologie auch dazu eignet, Eiweiße zu identifizieren, die den Schweregrad einer Covid-19-Infektion anzeigen.

Da die Methode sehr komplexe Daten erzeugt, braucht es bei der Analyse die Unterstützung von Computeralgorithmen, die auf maschinellem Lernen basieren. Insgesamt konnten unter Einsatz der Künstlichen Intelligenz (KI) 54 Proteine entdeckt werden, die als Anzeiger für die Schwere der Erkrankung dienen, berichtet die APA.

Aus diesem Ansatz heraus wollten Ralser und Kollegen „etwas klinisch Nützliches herausziehen“, sagte der Forscher zur APA.

Stellt sich die Frage:

Kann man Krankheitsverläufe nicht nur abbilden, wie sie im Moment aussehen, sondern kann man auch in die Zukunft schauen?“

In der neuen Untersuchung, an der auch Forscher der Uni-Klinik Innsbruck mitgearbeitet haben, ging man an die Prognose auf Basis der Proteom-Daten. So analysierten die Wissenschafter 349 zu verschiedenen Zeitpunkten entnommene Probe von 50 Patienten mit sehr schweren Covid-19-Verläufen, die an der Charité und der Innsbrucker Uni-Klinik behandelt wurden. Wieder suchte man mit der neuen Methode und dem KI-Ansatz unter 321 quasi verdächtigen Proteinen nach jenen, die darauf hinweisen, dass ein Patient eher überlebt.

Es stellte sich – immer laut APA – heraus, dass auch in dieser Gruppe mit den denkbar schwersten Verläufen, 14 bestimmte Eiweißen stark darauf hinweisen, ob jemand im Fortgang der Erkrankung zu jenen 15 Patienten gehörte, die nicht überlebten. In der Folge entwickelte das Team wieder unter Einsatz von maschinellem Lernen ein System, das aus nur einer Blutprobe auf den Krankheitsausgang schließt. In einer weiteren Gruppe sehr schwer Erkrankter stimmten die Prognosen dann weitestgehend mit dem tatsächlichen Ausgang überein: 18 von 19 Patienten, die überlebten, wurden korrekt identifiziert, die fünf Verstorbenen ebenso.

Solche „molekularen Signaturen“ erlauben also eine Einschätzung des Verlaufs selbst in einer Situation, in der Intensivmediziner nicht mehr vorhersagen können, wie sich das Krankheitsbild weiter entwickelt, erklärte Ralser gegenüber der APA. Diese Einschätzung sei natürlich nicht hundertprozentig klar, „aber es geht viel besser, als man es bisher konnte“.

Jetzt liege der Fokus klar auf Covid-19. Doch er Ansatz mit molekularen Markern könne aber auch auf andere Infektionserkrankungen übertragen werden. „Das ist eine moderne Art der Medizin, die wir da entwickeln“, zeigte sich Ralser gegenüber der APA überzeugt.

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