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Spiel auf Zeit

Foto: lpa/unsplash

Bisher wurden erst wenige LehrerInnen in Südtirol suspendiert. Viele haben einen Impftermin vorgemerkt – und werden ihn, wie man beim Land vermutet, nicht wahrnehmen.

von Markus Rufin

Seit dem 21. Dezember wird in Südtirol Personal, das in Bildungseinrichtungen tätig ist, suspendiert. Fünf Tage hatten Lehrer, Verwaltungspersonal und Hausmeister Zeit, ihre Impfdokumentation abzugeben. 654 Personen hatten dies ursprünglich nicht getan.

Wie viele Lehrer insgesamt suspendiert wurden, ist bislang nicht bekannt. Der zuständige Landesrat Philipp Achammer erklärt: „Ich habe zwar versucht, Erhebungen durchzuführen, allerdings sind die Zahlen überhaupt nicht aussagekräftig.“Der Landesrat bestätigt allerdings, dass erste Personen bereits suspendiert wurden.

Doch warum sind die Zahlen noch nicht aussagekräftig? Wie Achammer erklärt, hat das damit zu tun, dass viele Personen einen Impftermin vorgemerkt haben. Das ist aber nicht unbedingt gut: „Die meisten haben einen Impftermin vorgemerkt und diese Vormerkung abgegeben. Damit ist die Suspendierung aufgeschoben, bis der Impftermin gemacht ist.“

Die Impfung muss innerhalb von 20 Tagen erfolgen. Die eigentliche Frage ist aber: Wie viele der Lehrer nehmen diesen Impftermin auch wirklich wahr?

Im Land geht man davon aus, dass viele Personen, die nun einen Impftermin gemacht haben, diesen sausen lassen. Damit bewahrheitet sich das, worüber die TAGESZEITUNG bereits vor mehreren Wochen berichtete: Ungeimpfte Lehrer versuchen mit Hilfe von Tricks und Einschüchterungsversuchen die Suspendierung teilweise sogar bis zum Frühjahr hinauszuziehen.

Zur Erinnerung: Die Lehrer erhalten die Aufforderung zur Impfung normalerweise händisch von den Direktoren. Ist das nicht möglich, erfolgt die Zustellung dieser Aufforderung über ein Einschreibebrief. Wenn man diesen ebenfalls nicht annimmt, bleibt dieser auf dem Postamt für rund einen Monat aufliegen. Ungeimpfte können also trotz Impfpflicht für mehrere Monate weiter unterrichten.

In den letzten Tagen haben viele Direktoren versucht, die Zustellung den Ungeimpften Lehrern zu überreichen. Vielfach aber ohne Erfolg, die Lehrer weigern sich schlicht und ergreifend, das Schreiben anzunehmen.

Einige Direktoren wurden sogar von Anwälten kontaktiert, wie Landesrat Achammer bestätigt. „Es stimmt, dass man versucht, gegen die Schulführungskräfte mittels Anwälten vorzugehen. Das sind aber die selben Einschüchterungsversuche, die es bereits bei der 3G-Pflicht gab. Es sind immer wieder Versuche, die aber im Endeffekt ohne Erfolg sind.“

Unter anderem haben einige Direktoren in Südtirols Schulen folgende Schrieben zugeschickt bekommen, wenn sie versucht haben, den Ungeimpften die Aufforderung zur Impfpflicht zuzustellen:

 

Sehr geehrter Herr Schuldirektor/in,

 

nach Rücksprache mit meinem Anwalt teile ich ihnen mit, dass der heutige Zustellungsversuch einer Mitteilung, dessen Inhalt unbekannt ist, auf jeden Fall in rechtlicher Hinsicht ungültig und unwirksam ist.

Eine Handzustellung a mani zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist laut Kassationsgericht nämlich nur dann gültig und wirksam wenn

  1. a) diese auf dem Arbeitsplatz erfolgt ist;
  2. b) nebst Arbeitgeber 2 weitere Zeugen anwesend sind;
  3. c) der Arbeitgeber den gesamten Inhalt des zu übermittelnden Schreiben vorgelesen hat;
  4. d) ein schriftlicher Bericht über das Vorgefallene verfasst wird, welcher von den anwesenden Zeugen mit deren Unterzeichnung zu bestätigen ist (Siehe Kassationsurteil vom 14.03.2019, n. 7306).

Im Anlassfalle war nur 1 Zeuge anwesend.

Zudem hat Ihnen der/die Unterfertigte niemals und zu keinem Zeitpunkt die Zustimmung erteilt, sensible sanitäre Daten meiner Person betreffend laut vorzulesen und dies in Anwesenheit von fremden dritten Personen.

Dieses Vorgehen Ihrerseits erfüllt den Straftatbestand des „trattamento illecito di dati personali“gemäß Art. 167 des D.lgs. 193/2006.

Des weiteren haben Sie der Unterfertigten niemals und zu keinem Zeitpunkt die Datenschutzerklärung im Sinne der EU Verordnung 2016/679 für die Verarbeitung personenbezogener Daten überreicht u.a. mit der Erklärung zu welchen Zwecken bestimmte Daten erfasst und verarbeitet werden.

Demzufolge ist eine rechtsgültige Zustellung nie erfolgt mit dem Vorbehalt sämtlicher rechtlicher Schritte.

Zu guter Letzt wird um Akteneinsicht und Offenlegung der diesbezüglichen Unterlagen beantragt.

 

Dies zu Ihrer werten Information.

 

Auch wenn das Schreiben einschüchternd wirkt, so hat dies keine Auswirkungen auf die Direktoren, garantiert Achammer: „Sie müssen keine Angst vor Konsequenzen haben. Es handelt sich bei der Impfpflicht um ein Staatsgesetz. Die Direktoren sind sogar verpflichtet, so zu handeln.“

Das einzige, was die ungeimpften LehrerInnen damit bezwecken: Die Suspendierung wird nicht sofort wirksam. Den Direktoren bleibt in der Zwischenzeit nichts anderes übrig, abzuwarten und  zu schauen, ob die vielen Personen, die nun einen Impftermin vorgemerkt haben, diesen auch wirklich wahrnehmen. Sie können nur vorbeugend nach Ersatz suchen. „Die Schulen haben Szenarien ausgearbeitet für den Fall, dass mehrere Arbeitskräfte aufallen“, berichtet der Landesrat. „Ich hoffe, dass das auch gelingt.“

Achammer hat die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben: „Ich hoffe nach wie vor, dass sich einige noch umentscheiden und zur Vernunft kommen. Denn die Suspendierung ist unausweichlich.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (36)

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  • enfo

    Sehr geehrter Herr Rufin,
    Sie stellen eine Hypothese auf und behaupten diese sei wahr, indem sie sie mit einer zweiten Hypothese belegen wollen. Dies ist unprofessioneller Journalismus und Ihre Artikel zur Lehrerschaft sind schon sehr tendenziös und bringen einen ganzen Berufsstand in Misskredit.
    Wenn Sie nicht die Gabe haben in die Zukunft zu schauen, dann sollten Sie sich an Fakten halten, nicht an Spekulationen

  • criticus

    Solange in der Politik Rechtsanwälte und Notare das Sagen haben, wird es niemals klare Gesetze geben. Sonst wären die Damen und Herren überflüssig!

  • sougeatsnet

    Her wird die italienische Bürokratie ad absurdum getrieben. Für alle anderen Mitteilungen ist die LASIS Mailadresse, eine solche haben alle Lehrer, eine rechtlich bindende Angelegenheit. Die PEC-Mail ist ein italienisches Unikum, letztlich aber ein bürokratischer Unfug. Ärzte und Apotheker haben alle eine PEC-Mail, und trotzdem gibt es in diesen Berufen immer noch Ungeimpfte. Dort wäre eine Streichung aus den Berufsalben aus wissenschaftlicher Sicht sicherlich angebracht.
    Bei den Lehrern muss die Mitteilung über die LASIS-Adresse ausreichen. Dies müsste das Schulamt gerichtlich durchsetzen.

  • robby

    Eltern von Schülern müssen die Gesundheit ihrer Kinder schützen.
    Vor den Schulen den Impfstatus der LehrerInnen kontrollieren und Ungeimpfte am Betreten des Schulgebäudes hindern. Wenn die Schulen nichts ausrichten können – die Eltern können.

  • esmeralda

    wenn die Lehrer nicht klug genug sind, dann ist es besser, sei bleiben zuhause

  • george

    Ein Stich genügt bis Ende des Unterrichtsjahres. Ist das so schlimm?
    Wieviel Stiche (und wahrscheinlich viel wirksamere) haben sie bisher schon bekommen, ohne dass sie sich dagegen gewehrt haben?

  • heracleummantegazziani

    Ich bezweifle, dass das Schreiben von einem Rechtsanwalt aufgesetzt wurde. Es ist nämlich überhaupt nicht hieb- und stichfest. Es stimmt zwar, dass der Adressat einer Verfügung Kenntnis der Begründung haben muss, BEVOr, die Verfügung in Kraft treten kann, aber die Behauptung, der Inhalt einer Mitteilung müsse ihm vollständig vorgelesen werden ist schon mal falsch. Wenn sich der Adressat weigert zuzuhören, reicht der Versuch. Ebenso ist falsch, dass mehrere Zeuge anwesend sein müssen (der Zeuge dient in diesem Fall nur zur Bestätigung, dass der Arbeitgeber versucht hat, den Inhalt vorzulesen). Von einem schriftlichen Protokoll steht im Urteil eigentlich auch nichts. Der Verweis auf die personenbezogenen Daten ist sowieso der größte Blödsinn, denn der Datenschutz bezieht sich allein auf sensible Daten und gilt nicht umfänglich. Diese Versuche die Schlauen zu spielen sind nur peinlich.
    Abgesehen von der Tatsache, dass bei Weigerung des Angestellten sich den Inhalt vorlesen zu lassen auch ein Einschrieben reicht, mit Angabe dass erfolglos versucht wurde den Inhalt händisch zuzustellen (ergo vorzulesen). Bezüglich der Hinterlegungsfrist des Einschreibens, sollte sich jeder, der glaubt er kann dann das Einschreiben einfach nicht abholen um zu behaupten, er hätte keine Kenntnis des Inhalts, in das Urteil des Kassationsgerichts Nr. 23589/2018 einlesen.

  • franz19

    Ich glaube kaum dass viele Lehrer es sich leisten können daheim zu bleiben und nichts zu verdienen..
    Im Schraffenland leben wir auch nicht und von Luft leben die Lehrer auch nicht !!

  • jaison

    Aufforderung zur Impfung zusammen mit dem Gehalt im Einschreibebrief verschicken/übergeben…mal sehen wie viele ungeöffnet retour gehen!

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