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„Können diese Welle verkraften“

Omikron breitet sich immer weiter aus. Zu Weihnachten ist daher besondere Vorsicht geboten. Der Biostatistiker Markus Falk erklärt, wie wir die Feiertage sicher verbringen können.

Tageszeitung: Herr Falk, wie bewerten Sie die aktuelle Corona-Situation in Südtirol?

Markus Falk: Vieles wird derzeit zu heiß gekocht, sodass die Leute wegen der Omikron-Variante nur verunsichert werden. Klar, die Variante ist ansteckender, da sie die Impfung unterwandert, aber ich habe nicht genau verstanden, warum viele Kollegen nun in den Panikmodus wechseln. Die Situation ist ernst und man darf nichts unterschätzen. Wenn man aber mit einer gewissen Vorsicht herangeht, kann man der Variante habhaft werden. Es kann sein, dass ich die Situation zu optimistisch sehe, aber ich glaube, man kann sich vorbereiten und schauen, wie es anderen Ländern mit der Variante ergeht und dementsprechend reagieren. Die Omikron-Welle wird Südtirol erst nach Silvester erreichen, Omikron selbst bereits früher. Wenn man jetzt aber die Hausaufgaben macht, kann man die Welle verkraften.

Was sind die Hausaufgaben?

Zunächst muss man den Leuten klar machen, dass man mit den bereits vorhandenen Maßnahmen das Problem meistern kann. Natürlich kann man warnen, aber wenn die Leute nicht wissen, was man damit anfangen soll, dann wird das schwierig. Es wird beispielsweise nicht erklärt, dass wir uns in einer Abkühlungsphase befinden. Alles was sich um Allerheiligen herum aufgebaut hat, befindet sich nun im Abklingen. Im Vergleich zum restlichen Italien haben wir derzeit die besten Karten. Wir haben zwar eine hohe Inzidenz dafür aber sinkende Zahlen. In den restlichen Regionen steigt die Inzidenz hingegen überall an. In Trient gibt es derzeit beispielsweise umgerechnet mehr Intensivfälle als in Südtirol. Omikron kann dabei das Zünglein an der Waage sein. Wenn es zu viele Infektionen gibt, kann es wieder zu einem Lockdown kommen. Das Grab ist aber noch nicht geschaufelt und wir müssen uns nicht fürchten. Es gibt einfach neue Spielregeln, an die wir uns jetzt halten müssen und alles hängt auch davon ab, was Rom vorgibt. Wenn man weiter impft, richtig testet und die Maske sinnvoll einsetzt, wird Omikron nicht explosiv.

Ist es nicht beunruhigend, dass ein Land wie Niederlande trotz einer Impfquote von 75 Prozent in den Lockdown geht?

Das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar. Die Niederlande hat eine ähnliche Intensivbelegung wie Südtirol. Da diese aber in den letzten Wochen nahezu unverändert geblieben ist, obwohl man bereits im Teillockdown war, kann es sein, dass man damit nicht die Richtigen erreichte und man sich nun für einen kompletten Lockdown entschlossen hat. Das ist aber reine Spekulation. Man müsste die genauen Details dahinter kennen, um Klarheit zu kriegen, denn die Zahlen allein sagen noch zu wenig. In Dänemark, wo nun ähnliche Maßnahmen beschlossen wurden, verstehe ich es hingegen. Dort hat man zwar versucht, das Infektionsgeschehen zu stoppen, dies gelang aber ohne Maßnahmen nicht.

Wie gefährlich wird es für Südtirol zu Weihnachten? Wird es zu einem weiteren Anstieg an Infizierten kommen?
Weihnachten ist zwar mit einer Erhöhung der Kontakte verknüpft, normalerweise bleibt man aber im engen Kreis, den man noch überblicken kann. Es kommen aber viele Studenten und ein Teil der Verwandtschaft aus dem Ausland zurück, sodass auch Omikron mit importiert werden wird. Weihnachten an und für sich ist aber ein kleineres Problem verglichen mit Silvester. Man trifft sich kreuz und quer, es gibt eine viel größere Durchmischung, es wird gefeiert, getanzt und gesungen. Auch im letzten Jahr war Silvester problematischer als Weihnachten. Silvester würde ich vom Risiko her für Südtiroler Familien mit Allerheiligen gleichsetzen und sonst sogar höher einstufen.

Wie kann man das verhindern?

Indem man testet. Bei Treffen oder Feiern sollten sich die Teilnehmer vorher testen und dies gilt diesmal auch ganz besonders für Geimpfte. Der Test sollte aber unmittelbar vor der Feier gemacht werden, denn er gibt eigentlich nur für vier bis acht Stunden Sicherheit. Wenn man Symptome hat, dann sollte man am besten ganz aufs Feiern verzichten, im Familienkreis am besten eine Maske verwenden. Auch nach einer Veranstaltung sollte man im Abstand von zwei Tagen noch einmal testen, denn Omikron überträgt sich wieder asymptomatisch.

Damit kann man also ein sicheres Silvester feiern?

Man kann damit ein Fest so sicher wie eben möglich machen und Omikron nicht so ohne weiteres die Chance geben, den Fuß in die Tür zu setzen. Omikron wird zwar kommen, je länger wir dies aber verzögern können, desto besser für uns alle. Bereits im Januar könnten weitere Medikamente zur Verfügung stehen, die einiges verhindern können und zudem kommt man bis dahin auch mit den Boosterungen weiter. Hier ist Südtirol im Italienvergleich noch vorne, verglichen mit Österreich aber bereits im Rückstand. Ein Testangebot wie im Frühjahr mit dem Coronapass, bräuchte es jetzt wieder – dieses Mal aber für Geimpfte.

Interview: Markus Rufin

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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