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Wir sparen wir Flächen?

Bis 2050 sollen alle EU-Staaten das Flächenverbrauchsziel „Netto-Null“ erreichen. In Südtirol setzt die Politik auf den Gemeindeentwicklungsplan und die Abgrenzung des Siedlungsgebietes. Was das Flächensparen für Land und Gemeinden bedeutet und wie andere Alpenstaaten den Flächenverbrauch reduzieren, war Thema eines Webinars der Plattform Land.

Die EU macht in Sachen Flächenschutz Ernst: Bis 2050 sollen alle EU-Staaten die Verbauung von Grund und Boden auf „Netto-Null“ bringen. Derzeit sind die Länder aber noch weit davon entfernt, wurde auf dem Webinar „Spannungsfeld Flächenziele & Siedlungsgrenze“ der Plattform Land deutlich.

Südtirol will mit den Gemeindeentwicklungsplänen und der Abgrenzung des Siedlungsgebietes, wie im neuen Landesgesetz für Raum und Landschaft vorgesehen, den Flächenverbrauch reduzieren.

„Das ist besonders für die Gemeinden eine große Herausforderung. Auf der einen Seite müssen wir unbedingt die Natur- und Kulturflächen schützen, auf der anderen Seite müssen wir aber auch eine Entwicklung zulassen und dem prognostizierten Bevölkerungswachstum in Südtirol Rechnung tragen“, erklärte Andreas Schatzer, der Präsident der Plattform Land.

Die große Frage in den Gemeinden wird daher   sein, wo die Siedlungsgrenze gezogen werden soll. „Der Grundsatz lautet, dass zukünftig vorwiegend innerhalb der Siedlungsgrenzen gebaut wird. Außerhalb des Siedlungsraumes soll ein Bauen nur mehr in Ausnahmefällen möglich sein, um die Landschaft zu schützen.“

Der Gemeindeentwicklungsplan, der u. a. die Siedlungsgrenzen vorsieht, soll in den Gemeinden in einem partizipativen Prozess erarbeitet werden – so auch in Taufers i. M. In der Vinschger Gemeinde wurden durch die Plattform Land die Leerstände erhoben. „Bei einem Tag der Innenentwicklung wurden Beispiele erfolgreicher Innenentwicklung gezeigt und kostenlose Beratungen angeboten. Zudem haben wir Treffen mit Interessensgruppen, Themenstammtische und einen Workshop mit Jugendlichen organisiert“, berichtete Roselinde Gunsch, Bürgermeisterin von Taufers i. M.

Als Diskussionsgrundlage gibt es eine Broschüre zum Gemeindeentwicklungsplan.
Dass in Südtirol eine Beschränkung des Bodenverbrauchs nötig ist, unterstrich Carlotta Polo, Direktorin des Amtes für Gemeindeplanung. „Nur mehr 3,7 Prozent der Gesamtfläche Südtirols stehen für eine zusätzliche Besiedelung zur Verfügung.“ Die geringe Fläche liege natürlich auch daran, dass große Teile Südtirols Berge, steiles Gelände usw. sind und von vorneherein nicht genutzt werden können.

Mit der Siedlungsgrenze solle zukünftig der Siedlungsbereich von der Landschaft getrennt werden. Die Siedlungen sollen möglichst kompakt und geschlossen sein. Neu im Gemeindeentwicklungsplan ist, dass bei der Bedarfsberechnung neben den statistischen Daten auch politische Ziele stärker berücksichtigt werden. Damit kann z. B. ein starkes Wachstum von Gemeinden in Stadtnähe gebremst oder in strukturschwächeren Gemeinden mehr Wachstum zugelassen werden. Wesentlich ist für Polo, die bereits gewidmeten, aber noch nicht genutzten Flächen, sowie leerstehende Bausubstanz stärker zu nutzen. Die Ausweisung von Bauflächen nach Bedarf mache Sinn.
Gemeinsam ist fast allen Alpenländern das „Netto-Null“-Ziel im Jahr 2050. Die Ansätze zur Erreichung dieser Ziele sind aber von Land zu Land recht unterschiedlich, fasste Florian Lintzmeyer von Ifuplan zusammen.

„In einigen Ländern wird der Flächenverbrauch gedeckelt, andere Länder definieren Restverbrauchsflächen. Und wieder andere Länder arbeiten mit Siedlungsgrenzen, um den Flächenverbrauch langfristig einzuschränken.“ Ein wichtiges Jahr werde das Jahr 2030: „Bis dahin soll der Flächenverbrauch bereits deutlich reduziert werden. Gleichzeitig soll überprüft werden, ob die Instrumente zum Flächensparen wirken.“

Bayern will mit einer Flächensparoffensive den Verbrauch deutlich einschränken. „Derzeit werden täglich 11,6 Hektar Flächen verbraucht, bis 2030 soll die Flächennutzung auf fünf Hektar täglich sinken“, berichtete Clara Hoffmann vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Erreichen will Bayern das ambitionierte Ziel durch Information, Sensibilisierung und die Förderung des Flächensparen. Zudem werde der Nutzung von Bestandsvolumen Vorrang gegeben. „Für neue Flächen braucht es einen Bedarfsnachweis.“ Interessant sind die Flächensparmanager, die vor Ort die politisch Verantwortlichen beraten.

Im Veneto sind die 575 Gemeinden beim Flächensparen gefordert. Die Bemühungen zeigen bereits eine erfreuliche Entwicklung: „In den letzten vier Jahren hat der Flächenverbrauch deutlich abgenommen – von 1.140 Hektar im Jahr 2017 auf 683 Hektar im Jahr 2020“, zeigte sich Francesco Marinelli von Ecoaction erfreut. 2050 soll auch im Veneto beim Flächenverbrauch die „Netto-Null“ stehen.
In der abschließenden Diskussionsrunde sprachen Ressortdirektor Frank Weber, Angelika Mair von Kollektiv2020 und Thomas Schuster, Bürgermeister von Rasen-Antholz, über die Herausforderungen des Flächensparens für die Landesverwaltung, die Gemeinden und die Planer.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (6)

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  • rumer

    Die Bevölkerungsentwicklung wird 2050 in Südtirol auch negativ sein, somit brauchen wir eh weniger Flächen.
    Mehr als ein Drittel unserer Jugend wandert aus.
    Wer will denn schon in ein Italien einwandern, wo alle abhauen und wir Südtiroler die Schulden dieses Pleitestaates zahlen werden müssen.

  • treter

    Fordere in diesem Sinne von der Gemeinde Brixen sogar ein sofortiges „Netto Null“ Flächenverbrauchsziel und nicht erst 2050! Grund: Auf den Berghängen rund um Brixen wurden im Vorjahr insgesamt 17!! Hektar Wald zur Rodung freigegeben!
    Weiters ist geplant den Auwald in der Industriezone für ein 3D-BETON-Drucker-Gebäude der Firma Progress und Parkplätzen zu roden. Und zudem will man die Südspange durch die Naherholungszone im Süden von Milland nahe an der Millander Au errichten. Ein Umweltverbrechen ohnesgleichen!!!
    Muss an dieser Stelle auch erwähnen dass die Gemeinde Brixen bereits im Jahre 2018 vom Umweltinstitut ISPRA für den größten Flächenverbrauch Südtirols der Jahre 2016/2017 „ausgezeichnet“ wurde. Bald hätt ich es vergessen: am Rand von Mellaun direkt am Wald bzw. auf den Kojawiesen wird ja im nächsten Jahr mit dem Bau eines Luxushotels begonnen! Ja gehts noch?
    Fazit: Die Umweltauszeichnungen für die Gemeinde Brixen bzw. Euregio Umweltpreis 2012 und Alpenstadt des Jahres 2018 sind nicht mal das Papier wert auf dem sie geschrieben sind!!

    • treter

      Ergänzung: Im Artikel fordert die Direktorin des Amtes für Gemeindeplanung Carlotta Polo: „man soll die bereits gewidmeten, aber noch nicht genutzten Flächen, sowie leerstehende Bausubstanz stärker nutzen“. Dazu fällt mir ein dass in der Brixner Industriezone das große Areal von „Holz Magagna“ schon seit Jahren leer steht! Die Firma Progress könnte somit auch dort ihr Gebäude für 3D-Betondrucker errichten und den Auwald stehen lassen?!

  • logo

    Ganz einfach : indem man die Leute unbürokratisch aufstocken lässt und die Abstände für Carports, Holzhütten, Wintergärten etc. eliminiert.
    (In Östereich kann man Gebäude, die nicht höher als 2,5 m sind, ohne Genehmigung und unbürokratisch an die Grundstücksgrenze bauen.
    Das wäre mal ein Dienst am Bürger ! und nicht immer alles unnötig verkomplizieren. Wir sind das Land mit tausend Auflagen und nichts als Hürden.

  • george

    In Brixen haben wir (und auch anderswo) von den selbsternannten „Helden“ der Politik zu diesem Sachverhalt eine Menge schöne Worte, worauf wenig entsprechende Taten folgen werden. Vielmehr werden es wiederum „Attentate“ auf die noch vorhandenen Naturflächen rundum werden.

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