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Ein Winterparknachtstraum

Der Winter küsst uns. Traumverloren: Träume flocken vom Himmel. (Fotos: Luca Guadagnini)

Einfach wunderschön anzuschauen: Fabrik Azzurro lädt zu einer poetischen Winterreise durch den Thermenpark Meran ein. 

Der Soundtrack zur Kälte – seit bald 350 Jahren ist das der „Cold Song“ aus Henry Purcell’s Barockoper „King Arthur“. Mit dem von dem deutschen New-Waver Klaus Nomi Anfang der Achtziger zu einem Hit auffrisierten Song im Ohr, kann der Frost kommen und dauern, so lange er will: Die Macht der Liebe taut jedes noch so kalte Herz auf.

Klar, dass die frostige Würde der Arie in der Musik- und Erzählcollage von Fabrik Azzurro „Der Winter küsst uns. Traumverloren – La danza della neve“ im Thermenpark Meran nicht fehlen darf. Die bibbernd arktischen Akkorde eines der schönsten Lieder der Musikgeschichte bilden die sphärische Tonkulisse für zwei Tänzerinnen und einen Eisbär, die auf einem rot/weißen Schneefeld unter Pinien die Schrecken des Eises wegtanzen.

Es ist keine am Joystick hängende Unwirklichkeit, die Torsten Schilling mit dem Schauspieler Günther Götsch, den Tänzerinnen Anastasia Kostner, Sabrina Fraternali, Rebecca Dirler und dem Posaunisten Hannes Petermair in den Thermenpark Meran zaubert. Vielmehr ist es ein märchenhaftes Spiel zwischen Traum und Realität: traumverloren, schwerelos, phantastisch, witzig, melancholisch und einfach wunderschön anzuschauen.

Der Thermenpark, der Luxusliner unter den Schwimmbädern, gibt einen märchenhaften Erzählraum ab, den Kerstin Kahl in Zusammenspiel mit Oskar Stricker by Oskarlight in einen Lichtertraum verwandelt hat. Auf 10 Stationen, beginnend beim Eingang, über das Schachbrett, dem Pinienwald, der Freitreppe am Teich, der Sandgrube, der Relax-Lounge, dem Sportschwimmbecken bis zu den Umkleidekabinen, spinnt Schilling einen Erzählfaden aus dem Titel gebenden Vers „Der Winter küsst uns. Traumverloren“ aus Rainer Maria Rilkes Gedicht „Wintermorgen“. Texte von Franz Fühmann („Von der Fee, die Feuer speien konnte“ und „Am Schneesee“), Isabel Abedi und Jackie Morris, sowie Lyrik von Umberto Saba, Christian Morgenstern, Gianni Rodari, Rilke, Karl Krolow, Theodor Fontane und Ada Negri greifen tänzerisch zu Musik von Eric Satie, Vincenzo Bellini, George Winston und die Live-Stücke von Hannes Petermair wie kleine Erzählrädchen eins ins andere.

Die Choreographien von Anastasia Kostner, die Kostüme von Zita Pichler, die teils aus der ersten Produktion von Fabrik Azzurro „Nacht-Traum-Reise“ (2007) stammen, und die Installationen von Kerstin Kahl (herrlich der Mond-See und die Schirmwiese) machen aus dem Abend einen Winterparknachtstraum. Günther Götsch lässt einem mit seiner Eisbärstimme die frierenden Zehen vergessen und wenn er vom Dach herab Franz Fühmanns wunderbar sprachspielerische Geschichte „Am Schneesee“ von der Fee, die sich den Drehzeh verdreht, zu einem Schattentheater erzählt, kann man gar nicht mehr anders als zum staunenden Kind zu werden.

Draußen vor dem Thermenpark tobt der Kommerz, drinnen flocken die Träume vom Himmel. (Heinrich Schwazer)

Weitere Aufführungen am  Fr 10., So 12., Mo 13., Di 14., Fr 17., So 19., Mo 27., Di 28., Mi 29. Dezember– Beginn jeweils 17 und 20 Uhr, also zwei Vorstellungen am Tag. Ticketreservierungen täglich 15-19 Uhr unter Tel. 333 9963144. Alle Infos unter www.fabrikazzurro.com

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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