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Bauen wird noch teurer

Markus Bernard

Die Lieferengpässen und massiven Preissteigerungen belasten das Baugewerbe. Laut lvh-Baugruppe-Obmann Markus Bernard werden die höheren Kosten 2022 stärker an die Kunden weitergegeben.

Tageszeitung: Herr Bernard, es hat das ganze Jahr geheißen, dass die Auftragsbücher der Bauunternehmen und Handwerker voll sind, dennoch klagen viele über eine unbefriedigende Ertragslage. Haben die Preissteigerungen und Lieferengpässe einen so großen negativen Einfluss?

Markus Bernard (Obmann der Baugruppe im Handwerkerverband lvh): Es gibt auch andere Einflüsse, unter denen wir zurzeit leiden: die Bürokratie, das neue Raumordnungsgesetz und die sich dauernd verändernden Regeln. Das alles bremst – Kunden können Bauvorhaben nicht starten. Arbeit wäre ansonsten schon da. Mein Unternehmen etwa hätte Aufträge genug, aber wir können bestimmte Baustellen wegen der Auflagen und der bürokratischen Dokumente nicht starten. Gemeinden, Behörden und unsere Techniker – die Geometer und Architekten – kommen nicht nach.

Arbeit wäre also genug, aber das schlägt sich nicht in den Zahlen nieder?

Genau. Und die Preissteigerungen bereiten den Betrieben natürlich finanzielle Probleme. Bei öffentlichen Arbeiten ist etwa noch nicht klar, ob die gesamten Preissteigerungen umgewälzt werden können. Die Preise steigen etwa bei Stahl, Plastik, Glas, Dämmmaterialien – und im Jänner auch beim Zement. All diese Steigerungen machen derzeit vielleicht nicht zehn Prozent des Bauvolumens aus, aber erst darüber hinaus kann man eine zusätzliche Zahlung verlangen. Bei zehn Prozent an Preissteigerungen verdienen wir bei den Bauvorhaben nichts. Die Betriebe gehen auf Null aus oder teils sogar ins Defizit. Das ist extrem schlimm. In der jetzigen Situation gehen seriöse Betriebe auch nicht wegen jedem Prozent an Preissteigerung gleich zum Kunden hin. Also bleiben die höheren Kosten zum Teil bei den Unternehmen hängen. Das schlägt sich am Ende des Jahres in der Ertragsbilanz nieder.

Ziehen sich die erhöhten Preise quer durch alle Baumaterialien?

Ja, querdurch – und mittlerweile auch bei Produkten, bei denen man die Preissteigerungen nicht ganz nachvollziehen kann. Jetzt scheint einfach der ganze Markt bei den Preisen anzuziehen.

Es handelt sich um kein lokales, sondern um ein internationales Phänomen. Was war der Auslöser für die massiven Preissteigerungen?

Das ist für mich extrem schwierig zu verstehen. Warum kann etwa Stahl als Rohmaterial von 150 Euro pro Tonne auf 500 Euro steigen, wenn die Produktion gleich weitergeht? Es muss eine Spekulation von Großkonzernen und bestimmten Staaten wie China geben, die infolge der Corona-Pandemie große Rohstoffmengen gekauft haben. Es ist etwas unverständlich, was auf dem großen Weltmarkt passiert und welche Macht die wenigen Konzerne haben, die ihn pilotieren. Das Ganze muss aber damit zusammenhängen, sonst wäre es unverständlich, warum Stahl dreimal so viel kostet wie in den letzten zehn Jahren.

Angesichts der Lieferengpässe wird man wohl viele Arbeiten nicht fertigstellen können…

Ja, bei den Lieferengpässen ist auf dem Markt sogar etwas Chaos entstanden: Wer mehr zahlt, schnappt bestimmte Waren weg. Es ist etwa vorgekommen, dass Dämmstoffe für kleinere Betriebe reserviert waren, aber plötzlich weg waren, weil größere Betriebe mehr zahlten. Wenn man ein guter Kunde ist, spielen die Lieferanten dieses Spiel eher nicht mit, aber es kann vorkommen. Generell haben sich die Wartezeiten extrem verlängert. Ein Fenster etwa erhält man kaum noch in acht bis zwölf Monaten. Die Lieferzeit ist derzeit September. Wer etwa mit dem 110-Prozent-Superbonus in seinem Einfamilienhaus starten will, muss bedenken, dass er bis Juni die Benutzungsgenehmigung braucht oder zumindest einen Großteil gezahlt haben muss.

Laut dem Wirtschaftsbarometer des WIFO sind die Betriebe für das kommende Jahr deutlich zuversichtlicher. Löst sich das Problem so langsam?

Das Problem löst sich so schnell nicht. Aber wir werden mit unseren Preisen ein bisschen anziehen und vielleicht stabiler einkaufen können. Die Materialpreise gehen nicht mehr dort zurück, wo sie waren – das ist Fakt. Sie werden sich irgendwo einpendeln. Für uns ist wichtig, dass wir mit den Preisen nachziehen können und sich der Markt stabilisiert, damit wir die Angebote entsprechend gestalten können. Derzeit herrscht Unsicherheit am Markt: Heuer war drei Monate nach einem Angebot schon wieder alles anders. Wenn sich die Preise auf einem bestimmten Niveau stabilisieren, wissen wir, wie wir anzubieten haben, wobei der Kunde mehr zahlen muss. Das Problem der Materialengpässe wird sich lösen – vielleicht nicht 2022, aber langfristig.

Also müssen sich die Kunden darauf einstellen, dass alles teurer wird?

Ja, mittlerweile müssen sie das.

Interview: Heinrich Schwarz

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (6)

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  • olle3xgscheid

    War und ist immer teuer, Spesen werden immer weitergegeben…

  • olle3xgscheid

    @balou , weil das spekulativ iund nicht real ist.
    Ist mir bei meiner Wohnung schon passiert. .
    Klar findet der Unternehmer das in Ordnung, bei den Löhnen jedoch nicht.

  • klum

    Das ist der beste Satz: „Es muss eine Spekulation von Großkonzernen und bestimmten Staaten wie China geben“. Die Spekulation ist zu einem großen Teil nicht einmal China in die Schuhe zu schieben. Es sind die Waren-Börsen die Angebot und Nachfrage kontrollieren und damit extreme Gewinne einfahren. In China sollen Lagerhäuser gebaut worden sein um dort Waren einzulagern die anscheinend auf dem Weltmarkt nicht zu haben sind. Wer direkt anfragt kriegt diese Chips & Co anscheinend sogar zum Preis von 2019. Hier werden wir betrogen: Stahl von 150 auf 500€ Wer hier die Differenz absahnt verdient garantiert mehr als jeder Impfstoffhersteller.
    Wo sind die Nörgler, Zweifler, Verschwörungstheoretiker, Systemkritiker ?

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