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Blick nach Österreich

Das thw-Leitungsteam v.l.n.r.: Lisa Heuschober, Lara Bellon, Michael Schmied (Foto: Lorenz Zenleser)

Wenn es so weiter geht, könnte die Kultur auch in Südtirol bald wieder ins Schlingern kommen. Aber davon redet niemand.

von Renate Mumelter

Ausgeknockt 

„Ich will gar nicht vom Herzblut reden, das man in so ein Projekt steckt, sondern nur vom Geld, das in den Sand gesetzt werden muss und von der Arbeitszeit, die immer mehr wird“, sagt Lisa Heuschober aus Wien. Sie zählt zum dreiköpfigen Leitungsteam des Filmfestivals „this human world“ (thw), das am 2. Dezember hätte starten sollen. Wenn alles gelaufen wäre wie geplant, hätte ich das Festival besucht. Es bietet nämlich Filme aus einer besonderen Perspektive, Filme, die sonst fast nicht zu sehen sind. Aus meiner Reise wurde aber nichts. 

„Planungsunmöglichkeit“

Im Sommer waren für die neue thw-Ausgabe 1.200 Filme gesichtet worden, 65 Programme/Filme wurden ausgewählt. Gäste waren eingeladen, Reisen und Unterkünfte gebucht. Dann zeichnete sich langsam ab, dass nicht alles so glatt gehen könnte. Was aber werden würde, war vollkommen unklar. Unplanbarkeit total. 

Zwei Wochen vor Festivalbeginn, hieß es plötzlich „alles retour“. Gäste mussten ausgeladen, Reisen und Unterkünfte storniert werden. Das Programm wurde auf 26 Einheiten geschrumpft, die Festivaldauer gekürzt. Auf der Homepage des Festivals sind diese Phasen der Unsicherheit genau nachzulesen. Von „Planungsunmöglichkeit“ spricht das Festivalteam. Dabei hatte das Team eh schon geahnt, was kommen könnte. „Teile der bereits ausgearbeiteten Programme haben wir aufgrund der hohen Inzidenzen sowie fehlender politischer Reaktionen komplett abgesagt. Wir haben diese Entscheidung selbstständig getroffen, ohne zu wissen, welche Vorgaben und Einschränkungen uns mit Festivalstart erwarten werden,“ schreiben Lara Bellon, Lisa Heuschober und Michael Schmied. In einem Telefongespräch ergänzt Lisa Heuschober: „Wir sind ein junges Team, und es sind Menschen dabei, die mit viel Begeisterung in diesen Bereich der Kultur eingestiegen sind. Mit so kurzfristigen Entscheidungen schrumpft diese Begeisterung am Arbeiten im Kreativbereich rasch. Außerdem, dürfen wir nicht übersehen, dass gerade im Kulturbereich die Verdienstmöglichkeiten sehr gering sind, was bedeutet, dass ohne einen gewissen Idealismus eh nichts geht. Wenn dieser Idealismus auch noch frustriert wird, dürfte das längerfristig Folgen haben.“ 

Geoblocking

Dieses Jahr also wird das thw wieder nur auf dem Festivalhub online zu sehen sein. Für Menschen aus Südtirol bedeutet das allerdings, es braucht eine VPN-Adresse zur Umgehung des Geoblockings. Aber das ist eine andere Geschichte, eine von denen, die mit Filmrechten und damit wieder mit Geld zu tun haben. Das thw hat sich dieses Geoblocking natürlich nicht freiwillig ausgesucht.

This human world

Das Festival ist deshalb interessant, weil es in die ganze Welt führt und zwar in eine Welt, von der es sich wünscht, sie möge humaner sein. Gegründet wurde das Festival 2008 anlässlich des 60. Jubiläums der Deklaration zur Erklärung der Menschenrechte. Ziel war und ist es, über das Medium Film eine besondere Plattform rund um das Thema Menschenrechte zu entwickeln. Heute ist „this human world“ es ein wichtiger Teil der österreichischen Kultur- und Festivallandschaft. 

Mehr darüber: www.thishumanworld.com

In Südtirol 

sind die Kinos noch offen. Sie zählen eindeutig zu den sicheren Orten, wenn alle Regeln beachtet werden. Das Angebot ist derzeit interessant: Besonders empfehlen möchte ich „Walchensee forever“, einen Dokumentarfilm, der am Walchensee spielt, vier Frauengenerationen erzählt, vier Persönlichkeiten, Geschichte und Gesellschaftsgeschichte. Der neue Sorrentino-Film „È stata la mano di dio“ ist auch zu sehen und MO und DI Stanley Kubricks legendärer „A Clockwork Orange“.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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