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„Sind nicht gerüstet“

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Bald wollen die Skilifte den Betrieb endlich wieder aufnehmen. Dabei darf man aber nicht vergessen: An einem guten Skitag kommen über 100 Skihaxen in das Krankenhaus von Bruneck. Aber die zuständige Abteilung läuft derzeit nur auf Sparflamme.

von Silke Hinterwaldner

Im vergangenen Winter waren alle Sorgen diesbezüglich bis zuletzt unbegründet: Die Skigebiete hatten den gesamten Winter über nicht aufsperren dürfen und in den Krankenhäusern musste man sich nicht auch noch zusätzlich mit den Skihaxen befassen. Corona hatte die Spitäler fest im Griff.

Und heuer? Was passiert jetzt im Herbst, sobald die Skilifte nach und nach laufen werden? Spätestens zu Weihnachten – insofern nicht die Pandemie wieder alle Pläne zunichte macht – könnten dann richtig viele Wintersportler über die Pisten wedeln. Das Bedürfnis ist schließlich groß, endlich wieder die Carver in die frisch präparierten Pisten zu drücken. Dabei lässt sich aber eines nicht vermeiden: Mit den vielen Skifahrern, aber auch Rodlern, Eisläufern und Langläufern, nimmt auch die Anzahl der Wintersportunfälle zu.

An einem guten Skitag im Winter versorgt man allein im Krankenhaus von Bruneck 100, in Spitzenzeiten bis zu 150 Skihaxen. Drei bis vier der Patienten müssen operiert und stationär aufgenommen werden. Der Sanitätsbezirk Bruneck ist dabei skalpellführend in Südtirol: Rund die Hälfte aller Skiunfälle in ganz Südtirol entfallen auf das Pustertal. Nach Bruneck kommen alle Patienten vom Kronplatz, aber auch aus dem gesamten Gadertal und dem Tauferer Ahrntal. Das Krankenhaus Innichen, immerhin mittlerweile mit einem eigenen Primariat ausgestattet, versorgt nach Kräften das obere Pustertal.

Bereits vor der Pandemie war man ob der enormen Anzahl an Sportunfällen im Winter an seine Grenzen gestoßen. Wartezeiten von drei bis vier Stunden galten als normal. Und jetzt?

Hubert Agreiter hat ganz und gar nichts dagegen, wenn die Skilifte in diesem Winter endlich wieder aufsperren können. Der Leiter der Abteilung Orthopädie und Traumatologie in Bruneck sagt aber auch: „Wir sind momentan dafür aber nicht gerüstet.“ Viele Pflegekräfte, die nicht geimpft sind, wurden suspendiert, die verbleibenden Kollegen wurden anderen Abteilungen zugewiesen, sodass die Hälfte der Abteilung für Traumatologie und Orthopädie seit Anfang des Monats geschlossen ist. Die Abteilung wurde von 54 auf 24 Betten zurückgestuft. Und: Es fehlt an Anästhesisten, sodass auch die Operationstätigkeit zurückgeschraubt werden musste.

„Das ist eigentlich Wahnsinn“, sagt er, „auf diese Weise können wir nie und nimmer die Skisaison bewältigen.“ Aber: Die fehlende Hälfte der Abteilung soll mit 28. November wieder den Betrieb aufnehmen. Allerdings scheint völlig unklar, woher dann das derzeit fehlende Personal kommen soll. Und trotzdem will man es wenigstens versuchen. Nach und nach sollen zunächst die Anästhesisten zurückkommen, aber ohne Betten und die dazugehörigen Pflegekräfte kann man auch nicht operieren.

Die Coronapatienten machen der Abteilung für Traumatologie und Orthopädie derzeit nur indirekt zu schaffen. Kompliziert wird es aber, sobald ein Patient mit einem Beinbruch anrollt und einen Coronaabstrich machen muss. Dieser PCR-Test ist auch für Geimpfte vorgesehen, es dauert aber rund eine Stunde, bis das Ergebnis da ist. Wohin mit diesen Patienten in der Zwischenzeit? „Hier wird es in der Ersten Hilfe sicherlich zu Staus kommen“, sagt Hubert Agreiter, „noch ist unklar, wie man das am besten organisieren kann. Das ist ein enormer Aufwand.“

Agreiter ist mittlerweile seit 30 Jahren im Krankenhaus von Bruneck tätig, Erfahrung mit einer Situation, wie es sie derzeit gibt, hat er aber nicht. Die Rahmenbedingungen sind nun plötzlich völlig anders.

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