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Die Heckenschützen

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Der Senat hat auf Antrag der Lega das Anti-Homophobie-Gesetz versenkt. Die Mittelinks-Parteien schieben sich nun gegenseitig die Schuld für das desaströse Scheitern zu.

von Matthias Kofler

Mit 154 Ja und 131 Nein hat der Senat gestern einen Antrag des Lega-Politikers Roberto Calderoli angenommen, mit dem die weitere Behandlung des Anti-Homophobie-Gesetzes (ddl Zan) gestoppt wird. Da die Abstimmung geheim war, lassen sich über das Abstimmungsverhalten der einzelnen Mandatare nur Vermutungen aufstellen. In Mitte-Links-Kreisen hieß es , dass es mindestens 20 Heckenschützen aus den eigenen Reihen gegeben haben könnte.

Die „Legge Zan“ hätte darauf abzielen sollen, Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Gender, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität oder Behinderung im Strafgesetzbuch mit Anstiftung zu Hass, Gewalt und Diskriminierung aufgrund von rassistischen, ethnischen, religiösen und nationalistischen Gründen gleichzustellen. Es wären hohe Geldstrafen sowie bis zu vier Jahre Freiheitsstrafe vorgesehen gewesen. Die Rechtsparteien hatten das Gesetz lange Zeit grundsätzlich abgelehnt, weil ihrer Meinung nach jedwede Form von Diskriminierung schon jetzt unter Strafe stehe. Mit Hunderten Abänderungsanträgen hatte die Lega die Behandlung bis in den Frühling hinein obstruiert.

In den vergangenen Monaten zeigten sich Lega und Co. zunehmend kompromissbereit: Man erklärte sich bereit, am Gesetz weiterzuarbeiten — unter der Voraussetzung, die „Geschlechteridentität“ werde aus dem Text gestrichen. Der Kompromissvorschlag scheiterte jedoch am Widerstand des PD, der keinen Beistrich ändern wollte. Am Dienstagabend unternahmen die Sprecher der Mehrheitsfraktionen einen letzten Vermittlungsversuch: Die Lega schlug vor, die Behandlung noch einmal um eine Woche zu verschieben, um die noch offenen Fragen zu beseitigen.

In der Sitzung gingen die Wogen hoch: Die Abgeordneten schrien wild durch die Gegend, eine Einigung rückte in weite Ferne. Julia Unterberger, die Chefin der Autonomiegruppe, versuchte aufzuzeigen, warum die Streichung der „Geschlechteridentität“ vertretbar sei. Es reiche das Wort genere (soziales Geschlecht) im Gegensatz zu sesso (biologisches Geschlecht), um auch Personen, die sich im falschen Körper fühlen, vor Diskriminierungen zu schützen. Im Strafrecht sei es aber nicht möglich, Menschen vor Diskriminierungen aufgrund des „gefühlten Geschlechts“ zu schützen. Als Unterberger erkannte, dass der PD nicht von seiner sturen Haltung abrücken wollte, verließ sie zwischenzeitlich den Sitzungssaal. „Ich halte es nicht aus, wenn nur über Formalien, nicht aber über die Substanz diskutiert wird“, ärgerte sich die SVP-Politikerin.

Der PD ging siegesgewiss in die gestrige Abstimmung: Es gebe im Parlament eine Mehrheit für das Zan-Gesetz, tönte es aus den Reihen der Sozialdemokraten. Da mehrere Abgeordnete aus den eigenen Reihen in geheimer Abstimmung mit der Lega stimmten, ging der PD baden: Das Anti-Homophobie-Gesetz wurde versenkt und kann frühestens in sechs Monaten wieder in der Gesetzgebungskommission eingebracht werden.

Julia Unterberger betont, dass die Autonomiegruppe geschlossen gegen den Lega-Antrag gestimmt habe. Auch Meinhard Durnwalder und Dieter Steger. „Das haben sie mir versichert. Und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln“, so die SVP-Senatorin.

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Kommentare (24)

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  • andreas

    Zum Glück haben wir Draghi, vor welchem sogar diese größtenteils Nichtsnutze in Rom Respekt haben, die würden sonst ja gar nichts auf die Reihe bekommen.

    Und die Aussage Unterbergers, dass sie keinen Grund zum Zweifeln hat, kann eigentlich nur Satire sein. 🙂

  • erich

    Höchste Zeit so einen Unsinn zu bremsen, die meisten Forderungen sind eine Modeerscheinung. Die Heterosexualität sichert den Bevölkerungswachstum, diese Paare verzichten auf viele Freiheiten zum Wohlbefinden der nächsten Generation. Alle anderen Formen sind auf individuelle Selbstbefriedigungen ausgerichtet, sie können sich diese Freiheiten nehmen, aber nicht die selben Rechte der heterosexuellen einfordern und sich im Alter von deren Kinder versorgen lassen.

  • pingoballino1955

    Frau Unterberger:das haben sie mir versichert????,das glauben sie wohl selbst nicht,oder?

    • andreas

      Du solltest deine Nutzung von Fragezeichen mal überdenken, ich mach mir immer Sorgen, dass kurz vor dem Herzkasper stehst.

      • heracleummantegazziani

        Ein Fragezeichen hätte gereicht, ok, aber die Frage hat inhaltlich schon ihre Berechtigung. Beweisen kann es keiner, aber der Verdacht, dass die beiden SVP-Strategen auch dagegen gestimmt haben, ist nicht grundlos. Es hätte zwar nichts daran geändert, wenn sie dafür gestimmt hätten, aber ein schiefes Licht erhält die Sache schon.

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