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Gottfried Solderer ist tot

Gottfried Solderer (Foto: Raetia)

Am Sonntag, den 24. Oktober 2021 ist der Journalist und Verleger Gottfried Solderer im Alter von 72 Jahren gestorben.

1980 gründete Gottfried Solderer das Wochenmagazin „FF“, dessen Chefredakteur er bis zur Gründung der Edition Raetia im Jahr 1991 war.

Zeit seines Lebens trat er für Meinungsvielfalt in Südtirol ein.„Vielfalt statt Einfalt“ war sein Lebensmotto und diesen Titel hätte auch seine geplante Autobiografie tragen sollen. In diesem Sommer, im Jahr des 30-jährigen Bestehens des Verlages, zog sich Gottfried Solderer mit Genugtuung und Stolz, aber auch Wehmut aus seiner letzten Funktion als Präsident des Verwaltungsrates zurück.

Über 650 Buchtitel zeugen von der Lebendigkeit des von ihm gegründeten Verlages. Verbunden blieb er Edition Raetia weiterhin, verfolgte aufmerksam die Umbauarbeiten und den Umzug an den neuen Verlagssitz.

Am Tag der Eröffnung konnte er krankheitsbedingt nicht teilnehmen; dass er nun verstorben ist, trifft den Verlag unerwartet.

Gottfried Solderer war ein Ermöglicher, der Kultur-und Medieninitiativen umsetzte und der vielen Autorinnen und Autoren sowie Journalistinnen in Südtirol erste Veröffentlichungsmöglichkeiten bot.

Geboren am 1. März 1949, wuchs er auf einem Bergbauernhof in St. Peter/Lajen zusammen mit sieben Geschwistern auf.

Die Mutter starb einen Monat nach seiner Geburt.

Solderer besuchte das Johanneum in Dorf Tirol und studierte später Publizistik in Salzburg. Bereits in seiner Johanneums-Zeit gründete er zusammen mit Elmar Locher die Schülerzeitung „Aspekte“ und begann als 18-Jähriger sein erstes Buch zu verfassen: Das Manuskript über den israelischen Sechstagekrieg bot er dem Oldenbourg-Verlag in München an, der es als Schulbuchverlag zwar ablehnte, ihn aber an den Süddeutschen Verlag vermitteln wollte. „Das war natürlich für mich schmeichelhaft. Aber die drei Tage, die mir mein Vater gewährt hatte, waren zu Ende. Ich musste nach Hause und Heuarbeit machen“, erzählte Solderer im Rückblick.

Erste Artikel verfasste Solderer für das „Katholische Sonntagsblatt“, begann dann in der Zeit der Studentenbewegung das Publizistikstudium in Salzburg und beteiligte sich aktiv an einer Anti-Vietnamkriegs-Kundgebung, als der US-Präsident Richard Nixon auf dem Salzburger Flughafen landete. 1969 wurde er zum Pressereferenten der Südtiroler Hochschülerschaft und Herausgeber des „Skolast“ und organisierte unter anderem jene Studientagung mit, auf der der Schriftsteller Nobert C. Kaser mit der Südtiroler Literatur abrechnete. Das Studium schloss er erst 1980 ab, da er bereits seit Anfang der 1970er-Jahre als Redakteur bei der Rai und zudem als Südtirolberichterstatter für die dpa sowie für den Bayerischen Rundfunk und den ORF arbeitete. 1979 drehte er den ersten Dokumentarfilm über die Option.

Seine Kündigung bei der Rai war eine schwierige Entscheidung, ließ er sich doch mit der Gründung der „FF“, die als Wochenillustrierte damals vor allem den Themen „Fernsehen und Freizeit“ verpflichtet war, auf ein unsicheres Medienexperiment ein. Immer wieder stand das Blatt vor dem Konkurs, die Unternehmerfamilie Amonn und andere Gesellschafter haben das Wochenmagazin finanziell mitgetragen, auch als es mit der Zeit immer kritischer wurde und sich zu einem politischen Magazin entwickelte.

„Ich hatte 20 Jahre Lokaljournalismus hinter mir, auch in schwierigen Zeiten. Ich bin da viel kritisiert worden, zum Teil auch von meinen Mitarbeitern, weil ich gemerkt habe, wir werden zu kritisch. Wir hatten einen Herausgeber, den Christoph Amonn, der war Wirtschaftssprecher der Volkspartei und nach jeder Sitzung ist er zu mir gekommen, ganz gekrümmt, und hat sich beschwert, dass wir halt so kritische Berichte machen. Und irgendwann hab ich ihm gesagt, ja eigentlich möchte ich ganz gerne Bücher machen und er hat das als Vorteil gesehen“, so Solderer im Rückblick.

Hans Karl Peterlini wurde daraufhin zum Chefredakteur der „FF“, Gottfried Solderer gründete mit Unterstützung Amonns den Verlag Edition Raetia.

Der Anspruch bei der Gründung war es, die Verlagslandschaft zu erweitern und kritischen Stimmen eine Heimat zu bieten.

Dies ist Solderer gelungen.

Meilensteine seines Schaffens waren unter anderem die Veröffentlichung der „Aufsätze und Reden“ von Claus Gatterer, des Frühwerkes von Joseph Zoderer und die fünfbändige Publikation „Das 20. Jahrhundert in Südtirol“. Auch das Verlagsgeschäft war geprägt von einem Auf und Ab, doch Solderer schaffte es immer wieder den Fortbestand zu sichern.

Jahrelang war er Präsident der Verlegervereinigung, auf seine Initiative und Hartnäckigkeit hin wurde letztlich jene Verlagsförderung geschaffen, die heute noch besteht. Gerade in den Jahren der Wirtschaftskrise ab 2008 litt das Verlagsgeschäft, und auch hier fand Solderer mit Weitblick Lösungen für Edition Raetia: Auf seine Initiative hin wurden 2010 die Kommunikationsagentur Exlibris gegründet sowie 2012 die Produktionsfirma Albolina Film, deren Präsident er bis 2021 blieb.

Alle drei Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Gesellschafter und Gesellschafterinnen trauern und drücken der Familie ihr Beileid aus.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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