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In der Wand

Nächtlicher Einsatz (Foto: Facebook/Stauder Josef)

Die Bergrettung Hochpustertal musste in diesem Sommer fünf Mal zu einer so genannten Kaperbergung an der Großen Zinne ausrücken.

Am Donnerstag, nach Sonnenuntergang, sitzen zwei junge Männer auf der Großen Zinne fest. Sie frieren, der kalte Nordwind bläst, es wird langsam dunkel, und sie haben erst rund die Hälfte der Strecke auf dem Weg zum Gipfel zurückgelt. Völlig klar, dass sie Hilfe brauchen. Allein werden sie sich aus ihrer misslichen Lage nicht befreien können. Die Temperaturen fallen in den ersten Herbstnächsten auf dieser Höhe schnell unter die Null-Grad-Grenze.

Dabei hatte der Tag gut begonnen. Bereits um 9.00 Uhr waren die beiden Männer aus Holland zu einer großen Bergtour aufgebrochen. Ihr Ziel: Sie wollten über die Dibonakante den Gipfel der Großen Zinne erreichen. Diese Route ist beliebt, wird aber oft unterschätzt, sagt Lukas Cacciotti, Rettungsstellenleiter bei der Bergrettung Hochpustertal.

TAGESZEITUNG: Herr Cacciotti, wie kann es sein, dass zwei Bergsteiger in der Früh losziehen und am Abend immer noch weit von ihrem Ziel entfernt sind?

Lukas Cacciotti: Es kann immer viel dazwischenkommen. Viele glauben, dass diese Route nicht so schwierig ist. Aber gerade die Dibonakante wird unterschätzt. Dazu kommt, dass wir im Herbst angekommen sind, es wird früher dunkel und kalt. Wenn die Leute nicht schnell genug sind, dann geht sich so eine Tour nicht aus. Die beiden Männer am Donnerstagabend hatten erst zehn Seillängen geschafft und eingesehen, dass sie die Bergrettung rufen müssen. Sie waren unverletzt. Soweit alles gutgegangen.

Wo befindet man sich denn ungefähr nach zehn Seillängen auf der Großen Zinne?

Ungefähr auf der Hälfte der Strecke, vielleicht ein bisschen weiter.

Auf die Große Zinne zu steigen ist sicherlich der Traum eines jeden Bergsteigers aus allen Teilen der Welt. Müssen Sie immer wieder Leute auf dieser Tour retten?

Das kommt vor. Bei dieser handelt es sich um eine klassische Tour, die eigentlich durchaus machbar erscheint. Als Bergsteiger ist es ein Muss, einmal im Leben am Gipfel der Drei Zinnen zu stehen. Die Route wird aber unterschätzt, weil sie alpin ist, man muss sie ein bisschen einstudieren, außerdem gibt es recht wenige Zwischensicherungen, man kann den Weg verfehlen. Da kann einiges zusammenkommen.

Wie oft mussten Sie heuer im Sommer Leute bei den Drei Zinnen retten?

Im Gebiet rund um die Drei Zinnen sind wir öfter unterwegs, meistens aber am Fuße der Berge. Oben mussten wir heuer im Sommer fünf Mal die Leute aus den Wänden holen. Das ist deutlich mehr als in anderen Jahren. Derartige Kaperbergungen machen wir selten, in manchen Jahren gar nicht.

Was ist eine Kaperbergung?

Wenn Leute in der Wand nicht mehr weiterkommen, fliegt man mit dem Hubschrauber hin. Ein Bergretter hängt am Seil, er muss den Patienten anhängen und dann das Kletterseil abschneiden. Das ist ein kritischer Moment. Man muss gut eingespielt sein, sich mit einer eigenen Funksprache gut absprechen. Einen kurzen kritischen Augenblick ist der Hubschrauber mit dem Felsen verbunden. Hier muss man sehr aufpassen, derartige Situationen müssen oft trainiert werden.

Umso schwieriger, wenn es sich wie am Donnerstagabend um einen Einsatz in der Finsternis handelt…

Wenn es dunkel ist, wird es extrem.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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