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Wofür drei Verwaltungen?

Heiner Oberrauch (Foto: Unternehmerverband)

Unternehmerverbands-Chef Heiner Oberrauch fordert einen grünen Busverkehr, unterirdische Bauten – und eine radikale Reform der öffentlichen Verwaltung.

von Heinrich Schwarz

Heiner Oberrauch sagt ganz klar: „Wir können nicht weitermachen wie bisher. Ein neues Denken ist angesagt.“

Der neue Präsident des Unternehmerverbandes hat eine Offensive in Gang gesetzt, um Südtirol nachhaltiger und moderner zu machen. Oberrauchs Leitspruch: „Weg vom Mehr, hin zum Besser.“

Er sagt, seit dem Zweiten Weltkrieg habe man nur Aufschwung erlebt. Jetzt müsse man sich die Frage stellen, welches Wachstum man wolle. Man müsse sich auf Qualität konzentrieren, denn Südtirol habe nur begrenzte Ressourcen.

Diese Woche präsentierte Heiner Oberrauch einige konkrete Vorschläge, wie er Südtirol besser machen würde. Südtirol müsse sich als Leitregion für Nachhaltigkeit positionieren. Dafür brauche es starke Zeichen.

Ein zentrales Thema sei dabei die schadstoffarme Mobilität. „Es braucht Leuchtturmprojekte. Wenn alle Busse im öffentlichen Nahverkehr elektrisch oder mit Wasserstoff betrieben wären, hätten wir die Aufmerksamkeit der ganzen Welt“, meint der Unternehmer (Oberalp).

Weil viele Strecken – etwa zum Arbeitsplatz – mit dem Rad zurückgelegt werden können, schlägt Oberrauch Boxen für E-Bikes an jedem Bahnhof vor.

Und damit Touristen vor allem nach Fertigstellung des BBT mit dem Zug anreisen, brauche es an allen Stationen Mietwagen mit elektrischem Antrieb.

Der Brennerkorridor soll – wie es auch die Politik vorhat – grün werden, indem in neue Technologien investiert wird. Unter anderem sollten emissionsarme Lkw Vorfahrt haben.

Wichtig sei zudem, die Betriebe und Bereiche mit dem höchsten CO2-Ausstoß zu messen und sich Ziele zu setzen. Die Politik dürfe dabei nicht nur an die nächsten Wahlen denken, sondern weiter voraus, so Heiner Oberrauch. Schneller Konsum verursache einen großen CO2-Fußabdruck. Deshalb seien langlebige Produkte die beste Wahl für Südtirol.

„Hans Heiss hat zuletzt wieder betont, dass es weniger Tourismus braucht und mehr intelligente Industrie“, sagt Oberrauch. Er teilt die Meinung, dass der Industrie als Exporteur mehr Gewicht gegeben werden muss. „Fast jedes E-Auto hat Bestandteile aus Bruneck“, macht der Unternehmerverbands-Chef ein Beispiel für erfolgreiche und moderne Südtiroler Industrie.

Zum Thema Bauen meint Heiner Oberrauch: „Wir können aus landschaftlichen Gründen nicht weiterbauen wie bisher. Wir können aber unterirdisch bauen – etwa Industriehallen oder Bauhöfe. Das wäre ein Beitrag für die Landschaft und für den Klimaschutz, da unter der Erde der Energiebedarf deutlich geringer ist.“ Nur brauche es steuerliche Anreize für unterirdische Bauten.

Als großes Problem bezeichnet Oberrauch den demographischen Wandel. Südtirol werde immer älter und man finde heute schon nicht genügend Fachkräfte. Es würden mehr Menschen in Rente gehen als in den Arbeitsmarkt eintreten. Südtirol müsse attraktiver für Talente aus dem Ausland werden. Man stehe in Konkurrenz mit ganz Europa.

Um Talente anzuziehen, sei unter anderem leistbares Wohnen notwendig. „Südtirol muss eine Marke für hochqualifizierte Arbeitskräfte werden“, meint Heiner Oberrauch.

Der Schlüssel sei aber die Digitalisierung, um dem demographischen Wandel erfolgreich zu begegnen. Oberrauch hatte bereits bei seinem Amtsantritt gesagt, der öffentliche Dienst komme mit einem Drittel weniger an Verwaltungspersonal aus.

Da 50 Prozent der Mitarbeiter in der Landesverwaltung über 50 Jahre alt seien und viele Stellen bei der Pensionierung nicht nachbesetzt werden können, müsse die öffentliche Verwaltung sogar gezwungenermaßen mit einem Drittel weniger Personal auskommen und auf Digitalisierung und mehr Effizienz setzen.

Vorschläge habe man genügend, heißt es vom Unternehmerverband. Oberrauch listet auf: „Es gibt heute 650 Beitragsverfahren – hier braucht es eine Vereinfachung und Vereinheitlichung. In der Landesabteilung Wirtschaft gibt es drei Ämter, die alle dasselbe machen – das ist Nonsens. Südtirol hat viele Gemeinden mit wenigen Einwohnern und eigener Verwaltung. Bei vielen öffentlichen Stellen müssen wir unsere Daten immer wieder neu eingeben.“

Da dem Land immer weniger Geld zur Verfügung stehe, wolle der Unternehmerverband bei einer „Spending review“, einer Ausgabenüberprüfung mithelfen. Es gehe dabei nicht darum, Dienste zu streichen, sondern die Effizienz zu steigern.

In Frage stellt Heiner Oberrauch auch die drei Schulämter des Landes: „Das sind drei Verwaltungen, die dieselben Dinge machen.“

Und im Hinblick auf die Arbeitswelt allgemein merkt Oberrauch an: „Ich verstehe nicht, warum man mit 65 Jahren von einem Tag auf den anderen, von 100 auf null, in Pension geht. Das ist unmenschlich.“ Ein schrittweiser Abbau der Arbeitszeit sei sinnvoller.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (35)

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  • criticus

    Einige gute Vorschläge Herr Oberrauch, ob eine veraltete, visionslose Partei wie die SVP es schafft, sei dahingestellt.

    • rumer

      Die Stadt Shenzen in China hat nur noch E-Busse, 16000 Stück. Die Welt schaut aber aus einem anderen Grund auf Südtirol: wir sind die einzigen, die Wasserstoff-Busse kaufen, weltweit! Mittlerweile haben alle verstanden, dass H2 für Auto und Bus nichts taugt, bis auf das kleine sture Bergvolk, wo ein Walter Huber die Fahne des H2 über alle Landesämter hinweg hoch in den Himmel hält.

      • steve

        Ach dqchte H2 hat herade bei Schwerfahrzeugen Vorteile!
        Mercedes wird schon nicht nur H2 Busse für den Walter Huber bauen oder?!

      • sukram

        @rumer: Sie verbreiten Unwahrheiten, neudeutsch Fakenews – H2 Busse werden mit hoher Nachfrage gekauft. Die Hersteller von H2 Bussen wie Solaris und Hyundai haben volle Auftragsbücher von verschiedensten europäischen und asiatischen Städten. H2 Busse funktionieren definitiv und haben in Summe einen höheren Wirkungsgrad als Dieselbusse (obendrein CO2 und feinstaubfrei). E-Busse sind batterietechnisch am Anschlag und versprechen derzeit nicht so eine lange Lebensdauer.

        • rumer

          @sukram
          Die Lebensdauer von Teslas Batterien liegen bei mindestens 800000 km, das reicht auch für Busse.
          Bei H2 hat man einen Verlust von 3 zu 1, bei Bussen sogar bis 5 zu 1. Am Ende zählt der Preis und die Umweltverträglichkeit. Die paar Dummen, die H2-Busse kaufen, werden als Geldverschwender und Umweltzerstörer gebrandmarkt werden.

        • leser

          Sukram
          Du mūsstest der ordnunghalber auch sagen sie sind nur attraktiv weil sie subventioniert werden

    • treter

      Finde einen Vorschlag von Oberrauch besonders interessant: jenen zum Bauen von unterirdischen Industriehallen. Da könnte die Brixner Firma Progress gleich den Anfang machen! Ich meine anstatt den wertvollen Brixner Auwald für ein 3D-Betondrucker Industriegebäude zu roden könnte man am zusätzlichen Standort in Schrambach im Ex-Fenster Quelle Gebäude Richtung Süden in die Obstplantage unterirdisch bauen und danach darauf wieder Landwirtschaft betreiben! Und das Land Südtirol könnte das Vorhaben besonders fördern und dafür auch für andere Unternehmen einen Anreiz für unterirdisches Bauen schaffen!!

    • besserwisser

      der oberrauch ist ja zweifelsohne ein topmann. und er muss in diesem land nix mehr werden.
      fakt ist aber auch dass die mitglieder des verbandes den er zu vertreten hat, am raubbau in unserem lande, auch inklusive flughäfchen, massgeblich beteiligt sind.
      wird wohl ein spagat den er hier machen muss, auch wenn er recht hat!

  • steve

    Mir kommt die Diskussion um die Elektromobilität immer so vor:
    Beim Elektroauto kommt der Strom aus der Steckdose damit ist das Problem aus der Welt.
    Leider ist dem nicht so: wir werden Wind- und Sonnenenergie massiv ausbauen müssen wollen wir Atomkraftwerke verhindern.

    • leser

      Steve
      Allein in deutschland werden zur zeit 30.000 windräden abgebaut, weil sie zum teil unrentabel, veraltet und obendrein wegen dem ende der subventionierung nicht mehr interessant für investoren sind
      Du hast den text von oberrauch nicht verstanden, als er vom herholen von kompetenten fachkräften gesprochen hat
      Innovation soll von beamten, wie er auch geschrieben hat, beurteilt und gehändekt werden , aber sie können gar nicht verstehen um was es geht und obendrein sind diese ämter dreifach aufgestellt
      Noch dazu muss eine neu entwickelte innovation von einem beamten bewertet werden, der nicht einmal einzuschätzen weiss ob sein stuhl am arbeitsplatz der arbeitsplatzkonformität entspricht
      Lauter demütige wahlschafe, due den kopf schon seud 39 jahren stillgelegt haben aber am wochenende mit dem subventionierte ebike auf den berg fahren, das sie am freitag bei den oberrauchs gekauft haben

  • @alice.it

    Gute Vorschläge, insbesondere der Gedanke Kleingemeinden veranlassen sich zusammenzuschließen. Damit könnte auf Anhieb ein Haufen Geld gespart und eine bessere Qualifikation der Mitarbeiter erreicht werden.

  • leser

    Oberrauch, die aufgelusteten argumente sind gut
    Aber man sollte nicht den fuchs als aufpasser in den hühnerstall stellen
    Oberrauch ist auch vom alter ein pensionist und man kennt den spruch
    Es ist sehr unwahrscheinlich, dass leute von gestern die richtigen entscheidungen von morgen treffen
    In diesem sinne ist es höchste zeit, dass die jugend mehr entscheidungen treffen sollte, aber auch das traut ihr oberrauch nicht zu, lieber rekrutiert er diese in seine betriebe, damit sein dampfer vorwärts kommt

    • morgenstern

      Mein Gott, welche Entscheidungen erwartest du dir von den Tastaturquälern von heute. Die meisten sind hoffnungslose Schaumschläger und zehren von der Substanz ihrer Alten. Die Suppe kommt halt mal nicht aus dem Web, die muss man sich verdienen.

  • bernhart

    Herr Oberauch ihre Argumente haben Kopf und Fuss.
    Im Jahr 2023 sind Landtagswahlen, wir warten auf Sie, dann können Sie einiges Ändern.
    Der Landesapparat muss reformiert verkleinert werden.

  • erich

    Herr Oberrauch hat 100%ig recht, mit Achammer als jungen Bildungsreferent glaubte ich an Innovationen, leider schwer Enttäuscht, in der Schulpolitik, 0 Akzente, bei der Digitalisierung
    sind wir Schlusslichter.

  • morgenstern

    Das System braucht Versorgungsposten, also braucht es neue Abteilungen, Ämter usw. Ein Teufelskreis. Die längst überfällige Reform würde der SVP das Genick brechen.

  • cosifantutte

    Ich traute meinen Augen nicht, als ich las „BAUERNHOEFE“ unterirdisch zu verlegen, aber dann kam die Ernüchterung: „BAUHOEFE“. Ersteres wäre wirklich innovativ, man könnte Wald drüber wachsen lassen, CO2 neutral, out of sight, out of mind.

  • tirolersepp

    Wie wärs mal mit einer attraktiven Familienpolitik – siehe Nordländer !

    Alles schmarrn Herr Oberrauch woher wollen sie die Fachkräfte nehmen ohne attraktive Familienpolitik, gute Ausbildung – attraktive Angebote der Wirtschaft – d.h. ordentliche Bezahlung !!!

  • echnaton

    Ich kann dem Vorschlag von Herr Oberrauch, die Landesbediensteten (und auch die Staatsbediensteten) um 30% zu reduzieren, viel abgewinnen. Voraussetzung wäre aber eine „sehr gut“ funktionierende Informatikabteilung, welche die gesamten Arbeitsabläufe ordentlich abbildet und es nicht einzelnen Bediensteten überlässt eigene Applikationen mit Excel, Access und weiß was ich zusammenzubasteln. Aber solange die Informatik Jahre braucht um ein Projekt umzusetzen (Lehrerdatenbank, elektronischen Klassenregister, Buchhaltung usw.) wird es immer diese Anzahl von Personen brauchen.
    Auch ist eine Vereinfachung der verschiedenen Prozeduren schleunigst zu beginnen. Es kann einfach nicht sein, das Anträge noch auf Papier eingereicht werden, dass die verschiedenen Abteilungen sehr unterschiedlich Antragsformulare verwenden, usw. usw.

  • robby

    Südtirol müsse attraktiver für Talente aus dem Ausland werden.
    Guten Morgen Heiner Oberrauch.
    Deutschland und Österreich sind schon weit attraktiver für Talente aus Südtirol. Sei es gehaltsmäßig als auch im Bezug auf Rente, Weiterbildung oder Betriebsdarlehen für das Eigenheim. Auch beim Autokauf helfen diese Firmen den Mitarbeitern.

  • robby

    Ein großer Teil der Arbeitgeber in Südtirol behandelt Mitarbeiter immer noch wie einst die Bauern ihre Mägde und Knechte – als wären sie Leibeigene die froh sein müssen in den Betrieben arbeiten zu dürfen.
    Aber Südtiroler Fachkräfte sind im deutschsprachigen Ausland sehr gefragt.
    Aber wieder typisch: Südtirol soll für ausländische Fachkräfte attraktiv werden – die eigenen haben anscheinend keinen Wert.

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