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„Autonomie weiter stärken“

Die Frage des möglichen Aufschwungs in Italien hat LH Kompatscher mit dem ehemaligen Verteidigungsminister und AIES-Präsident Fasslabend bei einer Online-Veranstaltung erörtert.

Seit 25 Jahren befasst sich das 1996 gegründete Austria Institut für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES) mit verschiedenen Themen des europäischen Integrationsprozesses. Landeshauptmann Arno Kompatscher hat am Mittwochnachmittag als Gastredner an einer Online-Veranstaltung teilgenommen und mit dem ehemaligen Verteidigungsminister und AIES-Präsident Werner Fasslabend die Frage diskutiert, wie Italien unter Ministerpräsident Mario Draghi nach der Pandemie einen echten wirtschaftlichen Aufschwung schaffen kann.

Auch die Frage, wie sich Südtirol positioniert, um die Recovery- und Resilienz-Maßnahmen für eine möglichst positive nachhaltige Entwicklung zu nutzen, war Gegenstand des ausführlichen Gesprächs.

Entwicklungspotential des Wiederaufbauplans nutzen

„Die wirtschaftliche und soziale Lage in Südtirol ist aktuell besser, als noch vor einigen Monaten befürchtet, und wir arbeiten intensiv daran, die Recovery- und Resilienz-Maßnahmen für eine nachhaltige Neuausrichtung zu nutzen“, erklärte der Landeshauptmann. Der gesamtstaatliche Plan für Wiederaufschwung und Resilienz (PNRR) berge großes Entwicklungspotential. Dabei müsse man allerdings darauf achten, Südtirols autonome Zuständigkeiten zu verteidigen.

„Die Regierung in Rom will mit dem Wiederaufbau auch Vereinfachungen und Bestimmungen verknüpfen, welche die Zuständigkeit des Staates stärken sollen. Dabei fallen einige Bereiche, wie beispielsweise der Ausschreibungskodex oder die Umweltverträglichkeitsprüfung, teilweise in die autonome Zuständigkeit Südtirols“, erläuterte Landeshauptmann Kompatscher. Längst überfällige Vereinfachungen werde man sicher auch in Südtirol umsetzen bezeihungsweise übernehmen, aber es gehe eben nicht nur um die Zielsetzung, sondern auch um die Aufgabenverteilung. „Autonome Zuständigkeiten werden autonom gestaltet und sind prinzipiell vor Zentralisierungstendenzen zu verteidigen“, erklärte der Südtiroler Landeshauptmann. Dies gelte unabhängig davon, ob man in Ausübung der autonomen Zuständigkeit dann analoge Regelungen treffe.

Autonome Zuständigkeiten verteidigen

Leider habe die Pandemie in vielen Bereichen dem Zentralismus und nationalstaatlichem Denken Vorschub geleistet, betonte Kompatscher, zum Nachteil der Europäischen Union, der Regionen und dem Europa der Regionen insgesamt. Es gebe aber auch Gegentendenzen, die diese Entwicklung nicht einfach hinnehmen. So habe die italienische Regierung nach anfänglichem Protest der Regionen diese intensiv in die Entscheidungsfindung während der Pandemie einbezogen. In diesem Rahmen konnten die autonomen Zuständigkeiten und Notwendigkeiten immer wieder ins Bild gerückt werden. Vor diesem Hintergrund habe die Regionen-Konferenz letzthin auch die Geschäftsordnung geändert: Der Kommission für Institutionelle Angelegenheiten gehört künftig auch ein Vertreter an, der die Interessen der Regionen und Provinzen mit Sonderstatut vertritt. Vor rund einem Monat wurde der Südtiroler Landeshauptmann zum Koordinator der Autonomien in dieser Kommission ernannt. „Darin sehe ich einen wichtigen Schritt, um das Verständnis für die Südtiroler Autonomie weiter zu stärken“, erklärte Kompatscher.

Verständnis für Südtirols Autonomie stärken

Zur Frage der politischen Lage in Italien berichtete der Südtiroler Landeshauptmann, dass die Unvorhersehbarkeit ebenso wie die Vielschichtigkeit der politischen Landschaft in Italien wohl auch in Zukunft eine Konstante bleiben werde, die viele notwendige Entwicklungen hemme. Aktuell stehe der italienischen Regierung mit Ministerpräsident Draghi aber eine pragmatische und international anerkannte Persönlichkeit vor, die es mit einer unaufgeregten Art bisher gut verstanden habe, den Weg zur Nutzung der vorhandenen Chancen zu bereiten.

Die Europäische Union spiele dabei eine zentrale Rolle, und wenn es gelinge, das Potential Italiens zu entfesseln, sei eine positive wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung die logische Folge. Optimismus sei deshalb angebracht, doch dürfe man nicht übersehen, dass die politischen Bruchlinien kreuz und quer durch die italienische Gesellschaft und ihre Institutionen laufen. Das Risiko, sich gegenseitig zu blockieren, so wie man es in Italien über Jahrzehnte gemacht habe, bestehe somit auch weiterhin. Die Pandemie habe aber wohl auf vielen Ebenen die Einsicht wachsen lassen, dass es Zeit für eine nachhaltige Veränderung sei. „Diesen Impuls gilt es nun bestmöglich zu nutzen, und wir in Südtirol werden alles daransetzen, um unsere Wirtschaft und Gesellschaft auf die bevorstehenden Herausforderungen bestmöglich vorzubereiten“, unterstrich Landeshauptmann Kompatscher abschließend.

Hinweis:
Das Gespräch mit Landeshauptmann Kompatscher kann auf der AIES-Webseite (https://www.aies.at/) oder dem Youtube-Kanal von AIES abgerufen werden.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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