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„Panik bei den Häuslebauern“

Wohnbauexperte Olav Lutz über die massiven Preiserhöhungen bei Baumaterialien, die das teure Bauen in Südtirol nochmal teurer machen.

Tageszeitung: Herr Lutz, im Bausektor ist von massiven Preiserhöhungen bei den Baumaterialien die Rede. Wie ist die Situation?

Olav Lutz: Die Preise für Holz, Stahl und Dämmmaterialien sind extrem gestiegen. Gründe sind die große internationale Nachfrage und die zurückgefahrene Produktion der Baumaterialien aufgrund der Corona-Pandemie. Natürlich sind auch die Nebenprodukte teurer geworden. Holz hätten wir nach dem Vaia-Sturm genügend gehabt, aber es wurde ins Ausland verkauft und fehlt in Südtirol jetzt wieder. Zum Teil wurden die Preise für Baumaterialien auch durch die staatlichen Förderungen wie den 110-Prozent-Superbonus erhöht. Das sonst schon teure Bauen in Südtirol verteuert sich also ein weiteres Mal, während die Landesbeiträge im Wohnbau nicht erhöht wurden. Die Kosten für den Bau erhöhen sich derzeit insgesamt um mindestens zehn bis 15 Prozent. Manche Leute, die auf gefördertem Bauland bauen, haben Panik. Sie kriegen angesichts der steigenden Kosten kalte Füße und trauen sich momentan nicht mehr zu bauen.

Betrifft das eher jene, die bereits bauen, oder jene, die jetzt bauen möchten?

Jene, die bauen möchten, bereit sind und Angebote hereinholen wollen. Sie tun sich derzeit auch schon schwer, einen Techniker zu finden. Aktuell wird nämlich höllisch gebaut – und aufgrund der staatlichen Förderungen sind die guten Techniker vielfach ausgebucht. Manche sagen, dass sie heuer niemanden mehr annehmen, da sie zu viele Aufträge haben.

Angesichts der starken Preissteigerung hilft die Wohnbauförderung des Landes auch nicht viel…

Ja, die Landesförderungen sind seit Jahren unverändert. Alles ist gestiegen, nur die Landesförderung nicht. Zudem fallen viele Leute aus der Landeshilfe hinaus, weil sie die engen Kriterien nicht erfüllen. Dass immer mehr Menschen durch den Rost fallen, zeigt die Statistik mit einer rückläufigen Anzahl an Ansuchen.

Sie sagen, die staatlichen Bauförderungen treiben die Preise zusätzlich nach oben?

Ganz klar! Der Superbonus sorgt etwa beim Dämmmaterial für zusätzlichen Druck. Der Markt ist leergefegt und die Preise sind horrend angestiegen. Viele nutzen natürlich die Gelegenheit, ihr altes Haus nahezu kostenlos zu sanieren. Jetzt ist aber aufzupassen: Die 110 Prozent kann man nur in Verbindung mit den vorgeschriebenen Landesbaukostenpreisen abschreiben. Und die Landesbaukostenpreise sind unverändert, obwohl sich der Markt verändert. Weil die Marktpreise extrem gestiegen sind, könnte man einen Teil also trotzdem selbst zahlen müssen.

Die Preisanstiege spüren also die Häuslebauer und die Sanierer?

Ganz klar beide. Ich kenne Wohnbauzonen, wo die Leute wirklich Angst bekommen. Und im November war jemand bezüglich einer Sanierung um 150.000 Euro bei mir. Jetzt kostet sie ihm 230.000 Euro.

Was kann man gegen diese Situation tun?

Es stellt sich die Frage, ob man nicht irgendwann eine ganz andere Richtung andenken sollte. Es bräuchte einen Tisch mit Wohnbauprofis, um zu sehen, wie man aus der Preisspirale herauskommen kann.

Welche Idee haben Sie?

Es sollte diskutiert werden, ob die Förderung immer noch das geeignete Mittel zur Hilfe ist, oder ob es andere Mittel gibt. Vor allem braucht es einen Bürokratieabbau.

Was raten Sie aktuell den Betroffenen?

Für jene, die sanieren wollen, stellt sich die Frage, ob es notwendig ist oder ob man es nur wegen der Förderung macht. Sprich ob wirklich saniert werden muss, weil der Erhaltungszustand schlecht ist. Momentan gibt es Sanierungsprojekte für Häuser, die eigentlich in keinem schlechten Zustand sind, aber für die man die steuerliche Förderung nutzen will. Sinnvoll wäre die Voraussetzung, dass die Immobilie mindestens 25 Jahre alt ist.

Und was ist mit den Neubauern?

Sie können nur hoffen, dass sich die Überhitzung am Markt legt und die Preise wieder sinken. Wenn genügend Baumaterialien nachproduziert werden, werden sich die Preise wieder beruhigen. Wer die Möglichkeit hat, könnte abwarten.

Interview: Heinrich Schwarz

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (6)

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  • olle3xgscheid

    Klassisch in Südtirol, erhöhen wo’s nur geht, und das in einer Krise.
    Es gäbe noch viel zum Schreiben, aber was bringts…….

  • nochasupergscheiter

    Erhöhen tun die die eh schon genug Geld haben die Preissteigerungen kommen immer von oben von den Konzernen usw.
    Die streichen hilfsgelder ein und nutzen jetzt die Produktionsengpässe und damit verbundene nachfrage weil corona bedingt viel auf Eis gelegt wurde dazu aus nochmals abzukassieren…
    Wenn ich höre die Impfung hält nur 8 Monate frage ich mich wer das alles bezahlen soll, eben wieder nur der kleine Mann nicht der reiche mit Millionen auf dem Konto der nutzt die Steuerfluchtmöglichkeiten und bekommt noch einen Beitrag

  • brutus

    …hoffen dass die Preise sinken!
    Vergesst das!
    Die Händler werden den Gewinn fein säuberlich in den eigenen Sack hineinwirtschaften!

  • snakeplisskien

    Es mag ja sein, dass gewisse Produktionen wegen der Pandemie runtergefao wurden und jetzt aufgrund der Öffnungen und des Staatsbonus Knappheit besteht, aber es ist schon so, dass auch Spekulation dahinter steckt. Ist mir schon öfter aufgefallen, dass infolge von Beiträgen oder sonstigen Begünstigungen die Preise steigen. Den Vorteil kassiert die Wirtschaft.

  • olle3xgscheid

    Das gleiche Phänomen bei den Mieten, Ihr bekommts ja Mietbeitrag, also rauf mit den Mieten.
    Auf gut deutsch alles Sch….

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