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Jagd in den Feldern

Symbolbild

Im Gsiesertal haben die Carabinieri eine Gruppe Jugendliche nächtens mit fünf Autos und großen Scheinwerfern gesucht – weil sie sich nicht an die Ausgangssperre gehalten haben. Für das harte Vorgehen der Ordnungshüter gibt es einen guten Grund: Die Coronazahlen steigen.

von Silke Hinterwaldner

Jedes Dorf, jedes Tal und jede kleinere oder größere Stadt handeln derzeit nach den eigenen Regeln. Besonders stark bemerkbar machte sich dies im Laufe der vorvergangenen Woche, als die ersten Bars und Dorfgasthäuser wieder öffnen durften.

Am Wochenende steuerte man zielsicher auf den vorläufigen Höhepunkt hin.

Während an manchen Orten streng kontrolliert wurde, ob Besucher und Betreiber die neuen Corona-Regeln einhalten, herrschte andernorts Wild-West-Stimmung. Während sich in einem Dorf der Wirt Testergebnisse zeigen ließ, weigerte sich der Kollege im Nachbardorf.

Entsprechend viel und teilweise intensiv dürfte  gefeiert worden sein.

So richtig eskaliert ist die Situation zu Beginn der Corona-Lockerungen im Gsiesertal.

Am vorvergangenen Samstag kurz vor 22.00 Uhr in einer Bar vor Ort:

Die Carabinieri kommen zur Kontrolle und kündigen an, die Ausgangssperre penibel einzufordern. Die jungen Männer in der Bar aber wollen partout nicht nach Hause gehen. Als die Kirchturmuhr die Ausgangssperre ankündigt, machen sich die letzten Gäste durch die Hintertür davon. Praktisch zeitgleich kommen die Ordnungshüter mit fünf Einsatzwagen in das Gsiesertal, um sich auf die Suche nach den jungen Männern zu machen. Sie leuchten mit großen Scheinwerfen die Straßen und Felder aus. Die Aktion wurde erst um 1.30 Uhr abgebrochen. Ergebnislos. Die jungen Männer waren in der Zwischenzeit auf allen Vieren durch die Felder gerobbt, um sich in einem nahegelegenen Wald zu verschanzten. Dort harrten sie – voller Angst – der Dinge. Erst als die Ordnungshüter aufgaben, konnten sie zurück nach Hause schleichen.

Wie Schwerverbrecher behandelt, obwohl sie doch nur die Ausgangssperre nicht eingehalten haben, sagten manche am Tag danach. Andere fühlten sich an die Verfolgungsjagd nach dem Bankräuber Max Leitner in den Maisfeldern vor Bruneck erinnert. Es gibt aber auch jene, die zu mehr Vorsicht mahnen. Zu viel mehr Vorsicht.

In den vergangenen Tagen und Wochen hat sich die Coronalage im Gsies wieder empfindlich angespannt.

Diu Beginn der letzten Woche waren es 25 erwiesenermaßen Positive in der Gemeinde, 77 Menschen waren in Quarantäne. In Kindergärten und Schulen waren bereits mehrere Gruppen und Klassen in Quarantäne. Während die Sieben-Tage-Inzidenz in den allermeisten Gemeinden derzeit unter 200 liegt, stach Gsies in der vergangenen Woche wieder mit 470 negativ hervor. Dies sei vor allem dem wenig vorbildlichen Verhalten vieler Bürger geschuldet: Man versammelt sich nicht nur in der Bar, sondern feiert auch Kellerpartys oder den einen oder anderen Junggesellenabschied. Beinahe so als hätte es Corona gar nie gegeben.

Die schlechter werdenden Infektionszahlen haben auch bereits die Alarmglocken im Gemeinderat schrillen lassen. Dort wurden schärfere Kontrollen durch die Carabinieri angekündigt. Man wolle die Situation nicht eskalieren lassen. Dass diese dann ausrücken, um mit Scheinwerfern in den Feldern nach einigen bierseligen Jugendlichen zu fahnden, hat dann doch überrascht. Aber vielleicht war diese Nacht dem einen oder anderen dann doch eine Lehre.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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