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Verhärtete Fronten

Die Regierung in Rom will die von der Landesregierung geplante Öffnung der Innengastronomie verhindern, weil sie einen Dominoeffekt befürchtet. Was in der neuen Verordnung stehen dürfte.

Von Matthias Kofler

Die Landesregierung hat sich gestern Nachmittag zu einer Dringlichkeitssitzung getroffen, um die Details der neuen Verordnung festzulegen. Vor der Unterzeichnung wollen Kompatscher und Co. am heutigen Vormittag noch die Sozialpartner anhören. Inhaltlich orientiert sich die Verordnung weitestgehend an den staatlichen Regeln für die gelbe Zone, es dürfte aber einige Abweichungen geben, zum Beispiel sollen die Einkaufszentren an Sonntagen weiterhin geschlossen bleiben. Hotelbesuche werden voraussichtlich nur mit Grünem Pass möglich sein, wobei der Wellnessbereich vorerst geschlossen bleibt. Der Präsenzunterricht an den Oberschulen dürfte vorerst auf 75 Prozent beschränkt werden. Events bleiben wohl weiterhin untersagt. Dafür dürften – mit Beschränkungen – die Aufstiegsanlagen ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.

Die Verhandlungen mit Rom kommen indes nur schleppend voran. Das Land will eine Anfechtung der Verordnung, mit der die Regierung droht, möglichst verhindern. „Wir sind nach wie vor im Austausch“, erklärt Landeshauptmann Arno Kompatscher. Der Südtiroler Corona-Pass an und für sich wird von der Regierung Draghi nicht in Frage gestellt. Im Gegenteil: Der Pass entspricht im Grunde genommen dem, was der Staat und die EU ohnehin planen. Das Land baut frühzeitig eine Datenbank auf, die für Reisen ins EU-Ausland ab Sommer notwendig sein werden. Auch für Fahrten in die orangen und roten Zonen in Italien braucht es ab kommender Woche eine „grüne Zertifizierung“, die bescheinigt, dass man getestet, geimpft oder geheilt ist. Einziger Unterschied: Ein negativer Antigentest ist in Südtirol vier Tage gültig, auf staatlicher Ebene nur 48 Stunden.

Für verhärtete Fronten in den Beziehungen zwischen Bozen und Rom sorgt also weniger der Pass, sondern vielmehr die damit verbundene Nutzung der Innenbereiche von Bars und Restaurants. Das Land will ab Montag auch die Innengastronomie öffnen. Drinnen wie draußen gilt: An einem Tisch dürfen bis zu vier Personen Platz nehmen. Im Innenbereich ist das Konsumieren am Tresen nicht erlaubt.

Regionenministerin Mariastella Gelmini und Gesundheitsminister Roberto Speranza schalten in ihren offiziellen Statements auf stur: „Wenn ihr euer Vorhaben nicht zurückzieht, dann fechten wir eure Verordnung an.“ Hinter den Kulissen – in den Vier-Augen-Gesprächen mit den Südtiroler Vertretern –lassen die Minister aber durchblicken, dass sie das Projekt durchaus für gut befinden und die Argumente nachvollziehen können. Dennoch könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht Ja zur Gastro-Öffnung sagen, weil man befürchte, dass dann sofort alle Regionen nachziehen könnten – auch jene, die schlechtere Daten aufweisen und weder eine Testinfrastruktur noch eine Software haben.

Das Problem der Regierung in Rom ist, dass ausnahmslos alle Regionen sagen, dass die Restaurants auch innen zugänglich sein müssten. Wenn sie es nun Südtirol (wenn auch mit guten Argumenten) durchgehen lässt, würde wohl ein enormer Druck entstehen. Dass das Trentino bereits in dieser Woche die Außengastronomie aufgesperrt hat, nahm man in Rom noch murrend zur Kenntnis. Wenn aber in Südtirol die Innengastronomie fünf Wochen früher als im restlichen Staatsgebiet aufmacht, hat das eine ganz andere Dimension. Der Südtiroler Alleingang könnte einen Dominoeffekt auslösen: Das Aostatal hat bereits angekündigt, dem Beispiel Bozens folgen zu wollen. Auch das Veneto denkt laut über einen eigenen Pass nach, der dafür sorgen soll, dass man wieder in Innenräumen speisen kann. Lega-Chef Matteo Salvini tendiert in dieselbe Richtung. Daher ist nicht auszuschließen, dass auch die Regierung Draghi die Öffnung der Innengastronomie in ein paar Wochen an einen Grünen Pass koppelt.

Die Landesregierung hält trotz der schwierigen Umstände an ihrem Vorhaben fest. Sie ist überzeugt, dass Südtirol mit dem Pass die Voraussetzungen geschaffen habe, um sicher öffnen zu können. „Wir hatten in den letzten Wochen viele vom Staat abweichende Strategien und Regelungen, beginnend mit der Bewegungsfreiheit in ganz Südtirol, obwohl orange Zone, den Tests in den Schulen usw.“, erinnert der LH. „War das so schlecht? Die Daten sagen etwas anderes.“

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Kommentare (34)

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  • sigo70

    Muss man mit einer Verordnung ohne Rechtssicherheit, sich bei Verstoß, von Strafen fürchten?
    Sollte man es da nicht gleich angehen wie unsere Landesregierung. Ich mach was ich will und die Gerichte werden das schon irgendwann regeln.

  • fliege

    @Batman
    …..vorher muss man wahrscheinlich aber noch einen termin ausmachen, 3 formulare ausfüllen usw….
    Die haben ja alle nur mehr einen Knall

  • na12

    Der Neuzeit? Die war im 15./17. Jhd. Jetzt leben wir in der Postmoderne…. @goldie

  • vinsch

    Herr Kompatscher, man hat nicht vor der Provinz Bozen Angst sondern vor der nächsten bevorstehenden Demonstration, denn diese wird beängstigend sein. Die Ausgangsperre ab 22: Uhr bis 31. Juli zu verlängern war ein Todesurteil für diese Regierung. Das ist ein Haufen inkompetenter Politiker, die total abgehoben vom Normalvolk leben und regieren.

  • vinsch

    Herr Kompatscher, ziehen Sie das jetzt durch, Zaia und die anderen werden Ihnen folgen.

  • enfo

    Ich glaube wir sollten eher Zaia folgen und nicht er uns. Durch die frühzeitige Öffnung der Innengastronomie befürchtet Rom eine neue Welle, was katastrophal für den Sommertourismus wäre. Es ist soweit gekommen, dass Rom uns vor uns selbst schützen muss, denn Fehlern hat die Landesregierung zur Genüge gemacht.

  • vinsch

    @enfo und keinpolitiker
    es ist aufzumachen und fertig! Wir leben schon zu lange ohne Einkommen. Die Hotels im Burggrafenamt arbeiten sowieso erst dann, wenn die Deutschen kommen dürfen. Hier geht es um ganz Italien oder wie lange glauben Sie können wir noch Geld drucken? Wir sind beim Impfen angelangt und wenn wir noch nicht so weit sind, dann aufgrund der Inkompetenz der Politiker und wir haben es satt, diese Fehler ausbaden zu müssen.

    • enfo

      Dass Sie ohne Einkommen sind tut mir wirklich leid und ich verstehe ihre Situation. Doch wir sind wieder am selben Punkt angelangt, dass die Politik versagt hat. Die Gelder, die zur Verfügung standen, sind falsch verteilt worden. Vor allem die Gastronomie und Hotellerie hat keinen entsprechenden Ausgleich bekommen. Dafür haben IT-Firmen und sonstige Unternehmen, die nicht von der Pandemie betroffen sind, Zuschüsse erhalten, die ihnen nicht zustehen.
      Ein weiteres Beispiel wäre, dass man während eines Totalversagens seitens der Regierung, sich auch noch die Gehälter erhöht. Das sagt dann wohl alles über unsere Landesregierung aus.

  • pingoballino1955

    Ist dies die SUPERAUTONOMIE ,wie immer von der SVP gebetsmühlenmässig propagadiert????

  • waldhexe

    Ich verstehe eines nicht, vor einem Jahr wurde Anfangs Mai begonnen, alles seinen normalen Lauf zu lassen. Dieses Jahr Testen wir, haben FFB2 Masken, 20% sind geimpft und haben strengere Massnahmen als voriges Jahr. Wer sich da nicht vera….t fühlt dem ist nicht mehr zu helfen.

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