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Der Tag der Entscheidung

Am Freitag muss Andreas Schatzer den gordischen Knoten lösen: Wie kann der Präsident im Rat der Gemeinden Bezirke und Frauen gleichermaßen zufriedenstellen? Wie der Bezirk Pustertal die Daumenschrauben anzieht.

von Silke Hinterwaldner

„Ich weiß es noch nicht“, sagt ein verzagt klingender Andreas Schatzer. Der frisch gebackene Präsident im Rat der Gemeinden ist gar nicht glücklich mit den Entwicklungen der letzten Tage. Zuerst haben die Frauen aufbegehrt, weil nur zwei anstatt der vorgesehenen fünf Vertreterinnen in das Gremium entsandt wurden. Und dann haben sie auch noch die Forderung nach einer Vizepräsidentin erhoben.

Wer die schwierige Situation im Rat der Gemeinden kennt, kann sich vorstellen, wie es dem Präsidenten jetzt gehen mag. Trotzdem ist die Entscheidung ist zum Greifen nah: Am Freitagnachmittag muss Andreas Schatzer seine drei Stellvertreter namhaft machen. Bis dahin hat er sich noch Bedenkzeit ausbedungen.

Die Zusammensetzung im Rat der Gemeinden ist ein fein austariertes System, in dem keiner zu kurz kommen darf: Bezirke, Sprachgruppen, aber auch die Frauen – nur sind sie trotz einer Aufwertung im Regionalgesetz 2015 noch immer unterrepräsentiert. Ihr Protest zielt insofern vor allem auf die zahlenmäßig stärkere Vertretung im Gremium ab. Es soll eine verpflichtende Quote eingeführt werden. In diesem Punkt ist man sich eigentlich weitgehend einig.

Viel komplizierter sind die Verhandlungen um die Besetzung der Vizepräsidenten. Andreas Schatzter nominiert drei Stellvertreter, einen aus jeder Sprachgruppe. Mit Roland Demetz steht der Ladiner fest. Die Italiener schicken mit Renzo Caramaschi den Bürgermeister von Bozen. Das ist naheliegend, schließlich ist er so etwas wie der italienische Landeshauptmann. Eine ähnlich festgefahrene Haltung vertritt das Pustertal. Dieser Bezirk besteht aus 26 Gemeinden, schickt aber mit dem Bürgermeister von Welsberg Taisten nur einen Vertreter in den Rat der Gemeinden. Gleichzeitig steht Dominik Oberstaller damit das Amt des Vizepräsidenten zu. So zumindest war es besprochen.

Aber auch dazu gibt es eine Vorgeschichte, die nicht ignoriert werden kann. „Wir hatten Anspruch auf den 17. Platz im Rat der Gemeinden erhoben“, erklärt Roland Griessmair, Präsident der Bezirksgemeinschaft. Nachdem sich bereits im Vorfeld zur Wahl abzeichnete, dass dafür eine Frau gefunden werden soll, hat das Pustertal umdisponiert und Claudia Bodner, Vizebürgermeisterin von Pfalzen, dafür vorgeschlagen. Sie hätte auch gewählt werden sollen – wäre ihr nicht Rosmarie Pamer in die Quere gekommen.

Die Bürgermeisterin von St. Martin in Passeiner hat den letzten freien Platz im Rat der Gemeinden ergattert, damit saßen die Pusterer wieder am kürzeren Hebel. Dass sie jetzt sozusagen noch einmal verzichten sollen, obwohl die 26 Gemeinden mit der Vizebürgermeisterin von Pfalzen die Vertretung der Frauen stärken wollten, sieht man in der östlichen Landeshälfte nicht ein.

„Wir sind bereit unseren Beitrag zu leisten“, sagt Griessmair, „und schlagen vor, den 17. Platz an Claudia Bodner zu vergeben, sie könnte gleichzeitig Vizepräsidentin werden. So schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe.“ Problem gelöst, aber die Frauen stehen mit dem Rücken zur Wand. Denn: Rosmarie Pamer müsste in diesem Fall einen Rückzieher machen, das ist kaum vorstellbar. Wahrscheinlicher ist, dass die Frauen schlussendlich mit Bauchweh die drei Vizepräsidenten akzeptieren und auf eine Besserstellung in Zukunft pochen.

„Jetzt ist der Andreas am Zug“, sagt Rosmarie Pamer, „er muss einen Weg aus dem Schlammassel finden.“ Ganz besonders beschämend findet sie die Vorgeschichte der Misere. Denn im Grunde hätte man den Streit vermeiden können, indem man im Vorfeld zur Wahl ausreichend Gespräche führt. Aber damals hat man wohl geglaubt, dass die Frauen nicht aufmucken werden.

 

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