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„Gesellschaftliches Pulverfass“

Felix von Wohlgemuth

Für Grünen-Chef Felix von Wohlgemuth ist ein Wattestäbchen in der Nase ein kleiner Preise für eine offene Schule. Dennoch übt er Kritik an der Landesgierung.

Felix von Wohlgemuth hat sich den Protest erwartet. „Der war so sicher wie das Amen in der Kirche.“

Zur Testpflicht in den Schulen hat sich jetzt auch der Co-Chef der Grünen zu Wort gemeldet.

Er schreibt:

„Ja, wir konnten in den letzten Tagen mitverfolgen, dass 30% der Eltern entschieden haben, ihre Kinder nicht testen zu lassen. Die Gründe dafür mögen vielschichtig sein. Ich bleibe weiterhin überzeugt, dass ein Wattestäbchen in der Nase ein kleiner Preis für eine offene und lebendige Schule ist. Praktikable Alternativen zu engmaschigen Tests sehe ich derzeit leider auch keine. Eine Schulöffnung ohne konstantes Monitoring wäre Spiel mit dem Feuer und erneute Schließungen vermutlich die Folge.

Aber wie kann es sein, dass praktisch über Nacht die bis jetzt freiwilligen Tests an Schulen nun zur Pflicht erklärt werden; sozusagen zur conditio sine qua non, damit ein Kind sein Recht auf Schulbesuch wahrnehmen „darf“?

Eine solche Entscheidung zu treffen, ohne jegliche vorausgehende gesellschaftliche und politische Diskussion darüber, ist an sich schon arrogant. Wenn es dann noch schweigend geschieht, dann ist das schlicht dumm.

Hat die Landesregierung nach einem Jahr Pandemie immer noch nicht erkannt, dass Corona nicht nur ein gesundheitlicher und wirtschaftlicher Alptraum ist, sondern auch ein gesellschaftliches Pulverfass?
Hat sie nach beinahe hundert Verordnungen nicht verstanden, wie sehr das Schweigen zu einschneidenden und umstrittenen Maßnahmen den gemeinsamen Anstrengungen von uns allen schadet? Oder fehlt manchen einfach der Mut, getroffene Entscheidungen vor der Bevölkerung zu rechtfertigen?

Durch eine solche laienhafte Vorgehensweise erhalten genau jene willkommene Munition für ihre Propaganda, welche nicht die gemeinsame Kraftanstrengung in den Vordergrund stellen, sondern auch beim Thema Covid-19 ihre Chance auf Spaltung der Gesellschaft zum eigenen Vorteil nutzen wollen.
Ihnen treibt die Landesregierung immer mehr frustrierte Menschen in die Arme, während sie uns „normale“ BürgerInnen langsam zu verlieren scheint.   

Und wo steht bei diesem ganzen Schauspiel eigentlich Schullandesrat Achammer? Hat er möglicherweise vergessen, dass er auch der Schullandesrat jener ist, welche sich nicht testen lassen wollten? Liegt es nicht an ihm, VOR der Einführung einer Testpflicht den Menschen in Kitas, Kindergärten und Schulen öffentlich Rede und auch Antwort zu stehen?

Es ist mir zu einfach zu billig, solche grundlegenden Entscheidungen in die übliche Freitag-Nacht-Verordnung zu packen, jegliche kritische Diskussion bereits im Vorfeld zu verhindern und dann mit dem Spruch „Die Testpflicht sorgt für Verbindlichkeit und Sicherheit für alle“ etwaige Nachfragen vom Tisch zu wischen.

Hat er etwa von der Testpflicht selbst erst aus der Verordnung erfahren, hinter der er nun in Deckung geht?
Wohl kaum!
Konnte er wissen, dass es sich um eine umstrittene Entscheidung handelt?
Aber sicher!

Es wäre daher die klare Aufgabe des Schullandesrates gewesen, diese Entscheidung transparent und offen anzukündigen, sich den Eltern zu stellen, ihnen ihre Ängste zu nehmen und diesen Konflikt zu entschärfen. Denn die leidtragenden von Schulausschlüssen sind immer die Kinder.

Wegducken, in der Hoffnung das eigene Image möglichst wenig zu beschädigen und die Kronprinzen-Patina in die nächste Landtagswahl zu retten, geht in einer Pandemie nun mal nicht.

Wegducken hinter Verordnungen ist keine Lösung.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (34)

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  • tirolersepp

    Und am Besten wir hätten den Lockdown auch ein Jahr voraus diskutiert !

  • waldhexe

    Mit dem Virus zu leben scheint zur Zeit das Einzige was machbar ist. Nicht nur Corona fordert Menschenleben sondern auch andere Krankheiten. Man kann nicht bei jeder Welle alles zusperren. Auch das führt zu Toten. Wichtig wäre unser Gesundheitssystem zu reorganisieren und das ein bisschen zügig. Aber das scheint bei diesen Machern nicht machbar. Der Mensch hat jahrtausende überlebt und wird auch dieses mal überleben

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