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Der Druck der Großen

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Ein Hotelier berichtet, wie die großen Hotels die kleinen Familienbetriebe unter enormen Druck setzen – und kritisiert den HGV.

von Heinrich Schwarz

Ein Südtiroler Hotelier packt aus und verschafft seinem Ärger über die Bauwut der großen Hotels und über die Rolle des Hoteliers- und Gastwirteverbandes Luft. Er will zwar nicht namentlich genannt werden, allerdings sind die Schilderungen authentisch und und geben das wieder, was der TAGESZEITUNG immer wieder zugetragen wird. „Leider ist es mir nicht möglich, mich mit Namen zu outen, da ich dem Druck des HGV und der Bauwirtschaft niemals standhalten könnte“, sagt der Hotelier.

Er verweist vorweg auf eine Mitgliederumfrage des HGV, die vor einigen Jahren durchgeführt worden sei: Die große Mehrheit sei dabei der Meinung gewesen, dass sich der HGV nicht weiter für mehr Betten einsetzen soll.

„Trotzdem hat sich hier nichts geändert. Ich und viele meiner Berufskollegen sind schwer enttäuscht, dass dieser Bauwut nach ‚immer mehr und immer größer‘ kein Riegel vorgeschoben wird. Auch nicht vonseiten des HGV“, erklärt der Hotelier. Im HGV hätten immer nur einige wenige das Wort. „Und diese setzen sich durch, machen Druck auf die Landesregierung und bauen mit Vollgas.“

In den letzten Jahren sei durch diese Bauten ein so großer Druck auf die kleinen Familienbetriebe entstanden, dass es teilweise schwierig werde, einen Nachfolger für den Betrieb zu finden.

Der Druck, so der Hotelier, entstehe folgendermaßen: „Erstens gibt es einen Preisdruck. Teilweise haben wir 5-Sterne-Betriebe, die für unter 100 Euro ein Bett in der Nebensaison verkaufen. Im Preis ist selbstverständlich alles inbegriffen. Weiters ist der Personaldruck enorm durch das Abwerben von Mitarbeitern. Beim Thema Nachhaltigkeit müssen wir uns letztendlich alle von der Bevölkerung sagen lassen, wie größenwahnsinnig doch die Hoteliers sind – und wir müssen die hochgepriesene Nachhaltigkeit erklären und verteidigen.“ Es entstehe eine negative Haltung der Bevölkerung gegenüber dem Tourismus.

Das HGV-Mitglied kritisiert zudem, dass Hotels in sensiblen Gegenden genehmigt werden. „Wir müssen uns fragen, welche Botschaften wir mit solchen Bauten und Bettenburgen nach außen geben. In der Hochsaison wird kassiert und in der Nebensaison werden nur mehr diese Hotels geöffnet haben, da der Preisdruck für die kleineren Familienbetriebe zu groß wird“, meint er.

Zu beachten sei auch die Verteuerung des Wohnungsmarktes für die Einheimischen – auch wegen der Zweitwohnungen.

Der Hotelier kommt zum Schluss, dass sich Südtirol entscheiden muss: „Wenn man das Angebot der Privatzimmervermieter, Urlaub auf dem Bauernhof und der kleineren Familienbetriebe halten möchte, besteht dringender Handlungsbedarf.“

Tourismuslandesrat Arnold Schuler habe diesbezüglich bereits eine Ankündigung gemacht, so der Hotelier. Gemeint ist der geplante Bettenstopp verbunden mit einer maximalen täglichen Nächtigungszahl für jeden Betrieb.

„Aber der HGV wird auch hier seinen Druck ausüben und es wird alles wieder normal weiterlaufen“, meint das kritische Verbandsmitglied. HGV-Präsident Manfred Pinzger widerspricht dem vehement.

„Kritik ungerechtfertigt“

Er verstehe die Aufregung des Mitgliedes nicht, sagt Manfred Pinzger: „Die Ergebnisse unserer Umfrage vor zwei Jahren sind mir bestens bekannt und ich bin voll auf Schiene. Nämlich dass wir genügend Betten im Land haben und für bestehende Betriebe nur eine minimale Erweiterungsmöglichkeit gegeben sein soll. Und dass es keine großen Bettenburgen mehr braucht – mit Ausnahme von schwach entwickelten Gebieten, falls es etwa um Arbeitsplatzsicherung geht. Dieser Auftrag unserer Mitglieder wird ganz klar verfolgt.“

Der HGV wisse, dass der Preisdruck der großen Hotels auf die Familienbetriebe enorm ist. „Ich habe selbst einen 3-Sterne-S-Betrieb und weiß, was es bedeutet, einen typischen Südtiroler Familienbetrieb über Wasser zu halten“, betont Pinzger.

Vieles von den Aussagen des kritischen Hoteliers könne er teilen, so der HGV-Chef, nicht aber die Kritik am Verband. Diese sei ungerechtfertigt.

Es stimme zwar, dass die Gesetzgebung in den letzten Jahren viele Baumöglichkeiten geboten habe, allerdings habe man mit dem neuen Gesetz für Raum und Landschaft einen Riegel vorgeschoben, was größtenteils die Zustimmung des HGV trage.

Manfred Pinzger unterstreicht: „Wir müssen schauen, dass der Preisdruck der großen Betriebe auf die typischen Südtiroler Familienbetriebe nicht zu groß ist. Wir haben abertausende gut geführte, kleine Familienbetriebe, die den Südtiroler Tourismus ausmachen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (39)

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  • andreas

    Mit Gesetzen soll also der Konkurrenzkampf unterbunden werden, um den Preis hoch zu halten.

  • @alice.it

    Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auch noch die Macht und den Einfluss unseres mächtigen Bauernverbandes auf die Landesregierung erwähnen.
    Zum eigenständigen Regieren bleibt da wohl nur mehr sehr wenig Spielraum.

  • griassdi

    Ich kann die Aussagen dieses Hoteliers voll und ganz unterschreiben, und die Mehrzahl der Beherbergungsbetriebe tut dies ebenfalls. Der HGV vertritt mit seinem Mantra „Qualität“ ausschließlich das Segment der 3 Sterne Superior bis 5 Sterne. Mann muss sich nur den Vorstand anschauen, dort ist von den ganzen anderen Mitgliedern kein einziges vertreten. Eigentlich bräuchte es in Südtirol einen Parallelverband zum HGV, dieser könnte von der familiengeführten Pension bis zum kleinen Hotel praktisch alles aufnehmen. Jene Betriebe haben heute nämlich keinerlei Vertretung

    • andreas

      Ist für diese Kategorie aber nicht Urlaub auf dem Bauernhof die größere Konkurrenz?
      Manche sind beim Wellnes teilweise besser ausgestattet als eine Pension oder 3 Sterne Hotel.
      Bei z.B. 95 Euro für ein 5 Sterne Hotel in Passeier, ist schwierig mitzuhalten und auch mit 40-50 Euro bei UaB.
      Wobei wenn man die Preise im Burggrafenamt und Eisacktal vergleicht, im Burggrafenamt noch reichlich Luft nach unten sein sollte.

      • griassdi

        Bei den Pensionen ist dies nicht der Fall. Denn die arbeiten viel mit Gruppen (Schulklassen, Jugendgruppen, etc.), diese gehen normalerweise nicht zum Urlaub auf dem Bauernhof.
        Bedenklich ist eher, dass obwohl alle Pensionen HGV-Mitglieder sind, keine von ihnen vom Verband ernst genommen bzw. gar vertreten wird. Wie der Hotelier im Artikel gesagt hat haben im Verband nur einige wenige von der upper class das Wort, die anderen spielen praktisch keine Rolle. Und denen werden in Zukunft auch keine Betten mehr zugewiesen werden, eben dank der Politik des HGV.

        • meraner

          Sie verwechseln Pensionen mit Jugendherbergen. Und für Betriebe mit der genannten Gästeschicht, sollte auch das große 4- und 5 Sternehotel nicht das Problem sein. Der Vorstand des HGV wird nach demokratischen Regeln gewählt, wobei jedes Mitglied ein Stimmrecht hat, egal wie groß der Betrieb ist. Da im HGV die Familienbetriebe anzahlmäßig die absolute Mehrheit bilden, sollte es auch kein Problem sein den angemessenen Vertreter zu wählen. Oder scheitert es an der Bereitschaft der Mitglieder Verantwortung zu übernehmen? Einfacher ist es einen ganzen Artikel ohne Namensangabe in die Zeitung zustellen, und auch noch zu behaupten man müsse sich für die Meinungsäußerung fürchten. Dies würde sich allerdings in einem Parallelverband auch nicht ändern. Wobei ich noch anmerken möchte, dass ich auch nicht immer mit der Verbandsarbeit des HGV einverstanden bin.

          • andreas

            Auch ohne den Namen zu kennen, besteht das Problem doch schon seit einer Weile und ist durchaus bekannt.
            Deine Reaktion zeigt auch, warum er anonym bleiben will.

          • meraner

            @Andreas, da geb ich Ihnen Recht, dass das Problem schon länger besteht. Gerade deshalb glaube ich nicht, dass es in Südtirol niemand gibt der sich getraut dieses öffentlich und mit Namen anzusprechen. Das eigentlich Problem, wenn es eines gibt, zeigt die Redaktion eben nicht auf. Welchen Druck könnte der Hotelier niemals standhalten? Wie sieht der Druck aus, der in Südtirol eine freie Meinungsäußerung nicht zulässt?

          • andreas

            @meraner
            Die Formulierung finde ich auch etwas überzogen, das stimmt.
            In Südtirol kennt halt jeder jeden, keiner will sich unbedingt Feinde machen.

          • griassdi

            Natürlich wird der Vorstand des HGV demokratisch gewählt – genau so wie die Parlamentskammern in Rom. Nichtsdestotrotz entspricht die Zusammensetzung nur zu etwa einem Zehntel der Kategorien der Mitgliedsbetriebe. Was glauben Sie wie viel Unterstützung obiger Hotelier vom Verband in Zukunft erhalten würde, wenn er mit seinem Namen an die Öffentlichkeit ginge?
            Was hingegen die Bereitschaft der Mitglieder Verantwortung zu übernehmen angeht haben Sie sicher Recht. Allerdings haben die Zeit dafür auch nur jene Betriebe, die bereits über einen entsprechenden Büroapparat dahinter verfügen, sodass beides gleichzeitig laufen kann.

        • hallihallo

          griassdi, deine idee für einen verband der kleinen betriebe ist auch bei uns schon mal angedacht worden, aber es ist halt doch zu schwierig. vor allem im marketingbereich.
          vor allem wegen der vielen stunden die man im betrieb hängt und die bürokratie wird es für die nächste generation in den kleinbetrieben schwierig.

          • griassdi

            hallihallo, so ein Verband der kleinen Betriebe hätte in Südtirol langfristig wohl mehr Mitglieder als der heutige HGV, weil sich diese Betriebe derzeit gar nicht vertreten fühlen. Das Problem ist halt die politische Lobbyarbeit, da wäre man komplett außen vor. Es würde aber schon viel helfen, wenn von jeder Kategorie zumindest ein Betrieb im HGV-Vorstand vertreten wäre. Oftmals geht es wirklich nur um Sensibilisierung, ein 5 Sterne Resort kann sich in die Bedürfnisse eines kleinen Familienbetriebes nicht einmal hineinfühlen.

  • bernhart

    Herr Pintzger hat einen Familienbetrieb, er kennt die Probleme der kleinen, und trotzdem wir er von den Grossen kommandiert,so siehts aus.
    Pinzger hat keine leichte Aufgabe, trotzdem sollte er die keinen nicht aus den Augen verlieren.
    Oder gilt weiter das Sprichwort, denn Kleine braucht man nicht zu helfen, diese kommen sowieso zu nichts.

  • nochasupergscheiter

    Die Zukunft wird sein dass der Hotelier sein hotel im schönsten grün an eine investment Gesellschaft aus China oder ähnlich verkauft… Und wir alle dann für die reichen Chinesen sklavenarbeit verrichten…

    • leser

      So wie es in der schweiz bereits ist
      Aber gottseidank habt ihr in südtirol ebner, dorfer und ci die euch hiteliere dank öffentlicher unterstûtzung übernehmen
      Gurschler beispielsweise hätte seine freude gehabt

  • meraner

    Das muss ein sehr einflussreicher Hotelier sein, der sich normalerweise vor niemand fürchten muss. Denn wessen Meinung wird schon in einer Zeitung eine ganze Seite gewidmet ohne die Quelle zu nennen. Der Artikel ist ohne den Namen des Hoteliers aber inhaltslos, denn wenn eine Meinung in einem Zeitungsartikel wiedergegeben wird, sollte der Leser auch wissen, wessen Meinung das ist. Dieser Artikel könnte genau so mit folgenden Worten beginnen: Der Reporter kennt jemand, dessen Frau wiederum arbeitet in einem Hotel, dessen Chef sich beschwert hat, dass die großen Hotels die Familienbetriebe unter Druck setzen. Wem interessierts was der denkt.
    Wieso recherchiert die Tageszeitung nicht was dem „geheimen Informanten“ passieren würde, wenn sein Name öffentlich würde, denn das klingt schon sehr bedrohlich : „Leider ist es mir nicht möglich, mich mit Namen zu outen, da ich dem Druck des HGV und der Bauwirtschaft niemals standhalten könnte“. Sollte das der Fall sein, so wäre das sehr schlimm, und ein Skandal und somit ein Fall für die Tageszeitung.

  • hallihallo

    ist brixen wirklich als „schwach entwickelt“eingestuft??
    dort entstehen seit einigen jahren riesige hotels aus dem nichts und große bettenerweiterungen. aber ja, nur die großen haben genug marketingmöglichkeiten, deswegen ist es vielleicht auch richtig so.

  • asoet

    Ja dieser Hotelier hat Recht, aber leider ist die Schmerzensgrenze schon längst überschritten und viel zu viel ist hier im Land an Megahotels gebaut worden; vom Preisdruck der Großen auf die Kleinen gar nicht zu reden.Wir sind auf dem besten Weg Richtung Ischgl.

  • papaf

    @alsobi
    Hoffe, dass du ein Welsberger bist, denn sonst darfst du in Taisten nicht spazieren gehen. Und nach dem Motto, was ich nicht darf, dürfen alle anderen auch nicht!

  • vinsch

    der Mitgliedsbeitrag beim HGV wird nach Einkommen gestaffelt. Die Großen zahlen mehr und daher hat Pinzger zu gehorchen. Wir Kleine sind bei HGV nichts wert und dafür gäbe es x-Beispiele aufzuzählen. Das Preisdumping ist nur ein Beispiel. Bezüglich Bettenstop hat uns gleich nach Schulers Verkündigung eine Botschaft von Pinzger über die Otsobleute erreicht, worin er ganz klar sagt, dass hier das letzte Wort noch nicht gesprochen sei und er alles daran setzen wird, diesen Bettenstop zu verhindern. Wenn wir einen qualitativen Tourismus weiterhin in Südtirol haben wollen, dann braucht es einen Bettenstop bei den großen Betrieben, ansonsten sägen wir uns selbst den Ast, auf welchen wir sitzen.

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