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Der Faktencheck

Foto: LPA/ 123rf

In der vergangenen Woche sorgt das Anti-Impf-Video für viel Aufmerksamkeit. Der Immunologe Bernd Gänsbacher liefert den Faktencheck.

Vergangenen Woche machte in den sozialen Medien ein Video die runde, in denen Südtiroler Ärzte und Apotheker fünf „brisante Fragen“ zum Corona-Impfstoff aufwerfen. Doch das Video ist aufgrund der Aussagen enorm umstritten.

Der Immunologe Bernd Gänsbacher nimmt die Fragen und Aussagen dazu genauer unter die Lupe.

Ist das wirklich eine Impfung?

Ich war eigentlich über dieses Video erstaunt, weil ich mir viel mehr Fehlinformationen erwartet habe. Ich habe den Eindruck, dass die Akteure versuchten sich an der Wissenschaft zu orientieren, leider interpretieren und gewichten sie vieles aber falsch. Im Video wird z.B. darüber gesprochen, dass es sich beim AstraZeneca-Impfstoff um ein vermehrungsfähiges Adenovirus handelt. Das zeigt, eine erschreckende Unkenntnis über die virale Vektorimpfstoffe Herstellung . Wenn man ein Adenovirus als Trägermolekül und das Coronavirus-Spike-Protein als Ziel-Molekül verwendet, ist für den Fachmann klar, dass ein Teil des Adenovirus-Genoms entfernt werden muss, um Platz für die spike DNA zu schaffen. Wenn man Teile vom Adenovirusgenom herausnimmt, ist dieses Virus nicht mehr komplett und deshalb nicht mehr vermehrungsfähig. Das ist die hauptsächliche Basis, um einen solchen Impfstoff herzustellen. Außerdem wird gesagt, dass m-RNA noch nie im Menschen verwendet wurde. Das ist eine Falschinformation. Die Firma Moderna beschäftigt sich nur mit mRNA-Impfstoffen und hat seit 2017 neun Impfstoffe in der Phase 1, 2 und 3. Tausende von Menschen sind in den klinischen Studien behandelt worden. Zum Beispiel entwickeln sie zusätzlich zur Corona-Impfung, Vakzine für das Cytomegalovirus, für das Para-Influenza-Virus, für das Zika-Virus und für das RSV-Virus. In diesen klinischen Studien wurden weltweit Menschen behandelt und es gab keine signifikanten Nebenwirkungen. Des Weiteren wird darüber gesprochen, dass die Impfung nur eine einjährige Zulassung hat. Immer dann, wenn es noch ausstehende Fragen bei einem Medikament oder einer Impfung gibt, gibt die FDA und die EMA nur eine einjährige Zulassung, weil man so die Pharma-Firmen dazu zwingt, die ausstehenden Fragen zu beantworten. In diesem Fall geht es darum, zu klären, ob die Impfung sterilisierend ist, das heißt ob Geimpfte immun gegen das Virus sind oder weiterhin Virus in geringen Mengen ausscheiden können.

Wie wirksam ist die Impfung?

Wenn es um die Impfwirkung geht, werden in diesem Video die Daten zwischen den mRNA-Impfstoffen und dem Astra-Zeneca-Impfstoff vermischt. Das Pfizer-Vakzine hat beispielsweise einen Impfschutz von 94 Prozent in der klinischen Studie. In Israel hat man bisher 8 Millionen Menschen geimpft und genauso wie bei der klinischen Studie der Firma Pfizer einen Impfschutz von 94 Prozent gesehen. Die Impfwirkung von 94 Prozent hat dazu geführt, dass bereits jetzt mehr jüngere Menschen als ältere auf der Intensivstation liegen, weil fast alle Senioren bereits geimpft sind und keinen schweren Covid Verlauf bekommen. Der Impfschutz von 94 Prozent für Pfizer und Moderna ist also tatsächlich gegeben. Beim AstraZeneca-Impfstoff ist es dagegen so dass er auch sehr gut wirkt aber gegen die südafrikanische Variante nicht so stark funktioniert. Bei Patienten mit dieser Variante gab es nur einen Impfschutz von 22 Prozent, allerdings wird diese Studie sehr stark kritisiert, weil die Daten kurze Zeit nach der Zweitimpfung erfasst wurden, weil vor allem junge Männer in die klinische Studie aufgenommen wurden, weil 50 Prozent der Patienten Raucher waren und außerdem einige Patienten in einem nicht guten Allgemeinzustand waren. Das sind Zustände, die es in Europa nicht mehr gibt. Wichtig ist aber dass auch hier kein geimpfter Patient auf der Intensiv-Station gelandet ist. Das heißt, dass alle 3 zugelassen Impfstoffe den schweren Covid Verlauf verhindern

Was wissen wir über die Nebenwirkungen?

Diese Impfung hat genau wie alle anderen Impfungen die drei klinischen Phasen durchgemacht. Der Grund, dass sie innerhalb eines Jahres zugelassen wurde ist, dass die drei klinischen Phasen parallel gelaufen sind. Das war nur deshalb erlaubt, weil Mitte 2020 Millionen Menschen infiziert und zehntausende gestorben sind. Außerdem gilt Folgendes: Bei allen vergangenen Impfungen weiß man, dass die schweren Nebenwirkungen allesamt nach sechs Wochen nach der Zweitimpfung aufgetreten sind. Deshalb musste bei der Zulassung acht Wochen nach der Zweitimpfung gewartet werden, bevor die Papiere bei der FDA und bei der EMA eingereicht wurden.

Wie heilbar ist Covid-19?

Sicher ist es so, dass junge Menschen weniger Probleme mit dem Coronavirus haben, darum geht es aber nicht. 80 Prozent der Todesfälle liegen in der Altersgruppe zwischen 70- und 90 Jahren. Diese haben in den letzten Monaten übermäßig Krankenhausbetten und Intensivstationen beansprucht. Da die älteren Menschen nicht so mobil sind, ist es auch verständlich, dass sie sich die Infektion von jüngeren Menschen holen, die selbst nicht daran erkranken und gar nicht merken, dass sie das Virus weitergeben. Deshalb müssen auch jüngere Menschen geimpft werden. Wenn im Video dagegen von Homöopathie die Rede ist die Covid heilt, genügt es darauf zu schauen, wo die Mächtigen und Reichen dieser Welt sich in medizinische Behandlung geben. Sie gehen in Universitätskliniken mit den besten Ärzten und ganz sicher nicht zum Homöopathen. Es gibt kein Homöopathie-Mittel das in Phase 3 Vergleichs-Studien eine Wirksamkeit gezeigt hat. Deshalb gibt es auch keine von der FDA oder EMA zugelassenen Homöopathie Präparate.

Gibt es Alternativen zur Impfung?

Es ist klar, dass gesunde Diät, eine gesunde Psyche und Bewegung bei jedem Menschen gut sind. Aber in dem Moment, wo das Coronavirus in den Lungenzellen über den ACE2 Rezeptor eindringt und eine beidseitige Lungenentzündung macht, helfen nur mehr die von der klassischen Medizin entwickelten Medikamente.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (19)

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  • andreas

    TZ, ein Faktencheck vom Interview von Meghan und Harry wäre interesanter als diese zum x-ten Mal nur etwas anders formulierten Aussagen.
    Nebenbei ist das Video 10 Tage her und trotz massiver Vorwürfe und Klagen der Sanität, ist es immer noch online, das vom Brixner Arzt, welcher den Tod eines Kollegen beklagt, wurde entfernt.

    Ich tippe nebenbei, dass Prinz Charles der Rassist ist und sich die Queen nicht direkt äußern wird. 🙂 🙂 🙂

  • unglaublich

    Herr Gänsbacher sagt, dass junge Menschen geimpft werden müssten, weil sie das Virus an die ältere, gefährdete Gruppe weitergeben würden.
    Aber bisher gibt es keine Evidenz dafür, dass Geimpfte nicht auch das Virus weitergeben können. Was hat er da verwechselt? Vielleicht frag die Tageszeitung da nochmal nach! Wenn’s möglich ist bei mehreren Fachleuten, das wär mal was!

    • andreas

      Gleichzeitig stellt er das Ergebnis einer Studie in Frage, bei welcher anscheinend zu viele junge Leute aufgenommen wurden.
      Könnte mir vorstellen, dass weil sich viele junge Mächtige und Reiche haben impfen lassen, er zu diesem Schluß kommt.

  • kritiker

    Leider wieder mal ein völlig unfairer Kommentar von Andreas zu Prof. Gänsbachers Aussagen.Kein einziges fachliches Argument..Wahrscheinlich eifersüchtig auf die Beliebtheit von Gänsbacher.

  • asterix

    Ganz einfach: Wer sich inpfen lassen will, soll geimpft werden, die anderen sollen zum Homöopathen gehen und Kügelchen schlucken. Man wird irgendwann ja sehen wer noch erkrankt. Aber wenn sie erkranken, die Kügelchenjünger, sollwn sie auch wieder zum Homöopathen gehen und nicht ins KH.

  • kritiker

    Prof. Melanie Brinkmann und Prof, Lauterbach sagen im Wesentlichen das Gleiche wie Prof. Gänsbacher, Ddie Politik hört nur teilweise auf sie, da sie auch noch andere als rein epidemiologische infektiologische Gesichtspunkte berücksichtigen müssen.

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