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Josef Rainer gewinnt Kunstwettbewerb

Josef Rainer

Der Künstler Josef Rainer aus Brixen hat die Jury des „Josef-Mayr-Nusser-Memorials“ in Lichtenstern am Ritten mit dem Konzept einer klingenden Säule überzeugt.

Heute vor 76 Jahren ist Josef Mayr-Nusser bei Erlangen in einem Viehwaggon seinen Strapazen erlegen. Er sollte wegen Eidesverweigerung auf Hitler nach Dachau gebracht und erschossen werden. Von 1963 bis zur Seligsprechung im Jahr 2017 waren die Gebeine von Josef Mayr-Nusser in der Kirche von Lichtenstern beigesetzt. Ab kommendem Herbst sollen die Gäste des Hauses der Familie mit einer zwei Meter hohen Gebetsmühle von Josef Rainer zum Nachdenken angeregt werden. Als Juryvorsitzender betont der Präsident des Rittner Bildungshauses Heiner Oberrauch, dass die drehbare Skulptur mit den dabei entstehenden Tönen und abgedruckten Wörtern eine Chance für Familien sei, sich den schwierigen Themen Nationalsozialismus, Eidesverweigerung und Abschiednehmen mehrsinnlich zu nähern.

Sieben Künstlerinnen und Künstler waren zum Wettbewerb „Josef-Mayr-Nusser-Memorial“ geladen. Josef Rainers Gebetsmühle hat die fünfköpfige Jury überzeugt. Gebetsmühlen sind Drehskulpturen, die in ihrem Inneren Gebetsstreifen enthalten. Beim Drehen werden diese Gebete aktiviert und verstärkt. Sie kommen ursprünglich im Buddhismus vor. Im christlich alpinen Raum erinnern Gebetsmühlen unter anderem an die „Ratschen“, die in der Karwoche den Glockenton ersetzen. Fünf übereinander montierte, drehbare Scheiben ergeben eine stelenartige Skulptur. Darauf wird Josef Rainer Wörter wie Mut, Glaube, Hingabe, Familie, coraggio, fede, dedizione anbringen. Sie werden mit aufeinander abgestimmten Tönen, die von der Musikerin Manuela Kerer kommen, der Vielschichtigkeit Ausdruck verleihen. Das Werk von Josef Rainer kann von Groß und Klein genutzt werden und ist aufgrund des Bronzegusses langjährig haltbar.

Am besten funktioniere die Gebetsmühle im Zusammenspiel von mehreren Menschen und werde dadurch zu einer sozialen Skulptur, sagt der Künstler Josef Rainer. Die Ideenfindung sei in einem mehrteiligen Prozess erfolgt, erzählt Josef Rainer: „Ich wollte das Thema Bildung und die Menschen integrieren und zum Mitmachen involvieren.“ Wörter und Figuren alleine seien ihm zu statisch gewesen. Die an der Waldkirche vorbeiführende Freud-Promenade mit den vielen WandererInnen sollen mit der Gebetsmühle zwischen Kirche und Wanderweg aufmerksam und zum Verweilen und Drehen motiviert werden.

Die Familie von Josef Mayr-Nussers ist nach dessen Eidesverweigerung alleine geblieben und musste mit Schmerz und Verlust zurechtkommen. Das in das Mahnmal zu integrieren und die Menschen dennoch nicht in der Ohnmacht und Schwermut verharren zu lassen, sei ihm ein Anliegen gewesen, sagt Josef Rainer. Durch das Entstehen von Klang und Bewegung können sich Gäste auseinandersetzen und erhalten mit dem Klang und der Bewegung eine positive Drehung, sagt der Künstler.

Heiner Oberrauch, Präsident Haus der Familie

Die Integration des Werkes in die künftige Bildungsarbeit sei eine wesentliche Entscheidungshilfe zugunsten des Werkes von Rainer gewesen, erklärt Heiner Oberrauch, Präsident des Rittner Bildungshauses. Er saß der Jury vor, der auch Toni Fiung, geistlicher Rektor des Hauses der Familie; Sabine Gamper, Kuratorin; Lisa Trockner, Geschäftsführerin des Südtiroler Künstlerbundes und Peter Schwienbacher, Direktor des Diözesanmuseums und Referent für kirchliche Kunst- und Kulturgüter der Diözese Bozen-Brixen angehörten. Dass die renommierte Musikerin Manuela Kerer in das Projekt involviert wird und mit Bronze ein schier unverwüstliches Material genutzt wird, habe ebenfalls für die Gebetsmühle von Josef Rainer gesprochen.

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Josef Rainer

Josef Rainer ist 1970 in Brixen geboren, hat an der Akademie der bildenden Künste in München Bildhauerei studiert und sich für Stipendien und Arbeitsaufträge in London und Wien aufgehalten. Er war Teilnehmer des Artist in Residence-Programmes, von Glenfiddich Distillery, Dufftown, Scotland, gewann den 1. Südtiroler Kunst-am-Bau-Preis, war HGV-Künstler des Jahres 2019, stellte in London, Timișoara (Rumänien), Belgrad (Serbien), Livorno, Mestre/Venezia, Treviso, Alessandria, Innsbruck, Bozen, Meran, Brixen und Klausen aus.

 

Zum seligen Josef Mayr-Nusser

Josef Mayr wurde am 27. Dezember 1910 auf dem Nusserhof am Bozner Boden geboren. Nach dem Abschluss der Handelsschule wurde er kaufmännischer Angestellter in Bozen. Bei der Option 1939 entschloss sich Josef Mayr, entgegen der Mehrheit der SüdtirolerInnen, in der Heimat zu bleiben. Am 26. Mai 1942 heiratete er Hildegard Straub. Ein gutes Jahr später kam Sohn Albert zur Welt. Josef Mayr trat unter anderem der Bozner Vinzenzkonferenz bei und lebte so sein Christsein im Alltag. 1944 wurde er zur SS einberufen. Einen Tag vor der Eidesleistung erklärte Josef Mayr, dass er den Eid auf Hitler aus Gewissensgründen nicht leisten könne. Er wurde in Danzig wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und sollte in Dachau erschossen werden. Auf dem Weg dorthin ist Josef Mayr am 24. Februar 1945 in Erlangen in einem Viehwaggon seinen Strapazen erlegen. Am 1. März 1945 wurde er in Erlangen begraben. Im Februar 1958 wurden seine Gebeine nach Südtirol überführt und in der Kirche von Lichtenstern beigesetzt. Am 18. März 2017 wurde Josef Mayr-Nusser im Bozner Dom selig gesprochen. Seine sterblichen Überreste sind seither im dortigen Märtyreraltar bestattet. Bischof Ivo Muser hat den 3. Oktober zum liturgischen Gedenktag an Josef Mayr-Nusser bestimmt: Das ist der Vortag jenes Tages, an dem sich Mayr-Nusser (im Jahr 1944) geweigert hat, aus religiösen Gründen den Treueeid auf das nationalsozialistische Regime zu schwören.

 

Zur Verbindung Josef-Mayr-Nusser und Haus der Familie

Das Haus der Familie steht seit langem in Verbindung mit Josef Mayr-Nusser, dessen Gebeine 1963 an der Außenmauer der Kirche von Lichtenstern am Ritten beigesetzt worden waren. Seine endgültige Ruhestätte hat Josef Mayr Nusser im Dom von Bozen gefunden, wo er am 18. März 2017 selig gesprochen wurde. Heute befindet sich eine Reliquie des Seligen Mayr-Nusser im Altarbereich der von „messner architects“ 2017 neu umgebauten und gestalteten Waldkirche in Lichtenstern. Im Jahre 2005 realisierte Gotthard Bonell ein Portrait von Mayr-Nusser, welches sich jetzt im Eingangsbereich der Kirche befindet. Jährlich stattfindende Gedenkfeiern erhalten die Verbindung zu Josef Mayr-Nusser lebendig.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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