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„Habe kaum Luft bekommen“

HGV-Vizepräsident Thomas Walch hat eine schwere Coronaerkrankung hinter sich. Wie die Krankheit ihn und seinen Blick auf die Pandemie verändert hat.

von Silke Hinterwaldner 

Thomas Walch hat eines ganz sicher gelernt: Sobald es dich selbst oder jemanden aus deinem unmittelbaren Umfeld erwischt, ist das Virus plötzlich so bedrohlich, dass alles andere in den Hintergrund tritt. Sogar die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.

Der Hotelier aus Toblach hat schon vor seiner Infektion immer gut aufgepasst. Das lag auch daran, dass er nicht nur sich selbst, sondern vor allem seinen Vater schützen musste. Dieser war letzthin gesundheitlich angeschlagen, vor rund zwei Wochen ist er verstorben. Thomas Walch kämpfte zu dieser Zeit mit den Folgen einer Coronainfektion. Jetzt fühlt er sich in der Lage über seine Erkrankung und über die Schlüsse, die er daraus zieht, zu reden.

TAGESZEITUNG: Herr Walch, unter diesen Umständen gebührt es sich zuallererst zu fragen: Wie geht es Ihnen?

Thomas Walch (hustet): Dieser Husten ist hartnäckig. Die Folgen der Coronaerkrankung sind bei mir wohl wie bei den meisten Leuten Schlappheit, Müdigkeit und dieser Husten. Aber ich muss vor allem betonen: Es geht mir jetzt schon bedeutend besser als noch vor einer Woche. Darüber bin ich schon sehr froh.

Wissen Sie, wo Sie sich das Virus eingefangen haben könnten?

Nachdem mein Vater schon etwas älter und nicht mehr ganz fit war, habe ich immer sehr streng darauf geachtet, nur wenig Kontakt nach außen aufzunehmen. Ich gehe davon aus, dass es trotzdem vor Sylvester irgendwo passiert sein muss. Wo genau das war, kann ich wirklich nicht nachvollziehen, vielleicht beim Einkaufen im Geschäft, trotz Maske und Händedesinfizieren.

Ihnen ist es dann irgendwann richtig schlecht gegangen. Nicht?

Seit einigen Tagen darf ich mich wieder frei bewegen. Das freut mich. Aber ich soll mich zurückerinnern. Also: Sylvester haben wir im kleinen Kreis gefeiert, nachdem wir fünf uns haben testen lassen. Alle negativ. Drei Tage später fühlte ich mich nicht ganz wohl und ließ mich nochmal testen. Wieder negativ, aber ich bin trotzdem zu Hause geblieben. Wenige Tage später bei einem Test war ich dann positiv. Der Arzt hat mir Tachipirina und Bettruhe verordnet, aber das war irgendwann nicht mehr genug. Schwerer Atem und immer Fieber, da musste ich die Rettung rufen. Im Krankenhaus ist es mir dann recht schnell besser gegangen.

Wann war für Sie der Zeitpunkt gekommen, wo Sie den Notruf wählten?

Ich habe kaum noch Luft bekommen. Ich habe zu Hause ein Gerät, das die Sauerstoffsättigung im Blut miss. Dieses Gerät zeigte einen Wert und 90 an. Da war mir klar, dass ich etwas tun muss, obwohl ich noch aufrecht stehen konnte. Ich hatte Glück, dass ich dann schnell und sehr gut versorgt worden bin. Im Krankenhaus gab es Cortison und Antibiotika und alles, was dazugehört, auf die Intensivstation musste ich aber glücklicherweise nicht. Nach fünf Tagen hat man mich schon wieder entlassen, weil sie das Bett dringend für andere gebraucht haben. Eines muss ich sagen: Mich hat es sehr mitgenommen, was ich gesehen und wen ich getroffen habe. Ich war der Jüngste auf der Covid-Station im Krankenhaus von Bruneck. Die älteren Leute waren zum Teil in einer sehr schwierigen Situation. Ärzte und Pfleger haben sich stets mit großem Engagement und Empathie um alle gekümmert. Das ist schon bewundernswert. Ich kann nicht sagen, wie derzeit die Lage in den Krankenhäusern ist, aber die Zahlen verheißen nichts Gutes. Schon bei meinem Aufenthalt im Spital waren praktisch keine Betten mehr frei.

Nachdem man selbst in dieser Lage steckte, entwickelt man wahrscheinlich wieder einen anderen Blick auf die Pandemie…

Ich habe schon vorher die Pandemie immer ernst genommen. Aber mittlerweile sehe ich nicht mehr nur die Zahlen und wie sie sich nach oben entwickeln. Dahinter stecken Menschen. Ich habe Schicksale gesehen. Ich sehe jetzt 35 Menschen, die auf der Intensivstation um ihr Leben kämpfen. Auch die Erkrankten auf der Covid-Normalstation sind in einer ernsten Lage. Das sieht man ganz anders, wenn man selbst dort war.

Aber Sie sind auch Unternehmer und vertreten als Vizepräsident des HGV die Anliegen der Hotellerie…

Wir stecken auch wirtschaftlich in einer schwierigen Situation, keine Frage. Und wir sind längst nicht über dem Berg. Aber jetzt überwiegt die menschliche Komponente ganz klar. Es macht mich traurig zu sehen, dass viele dieses Allerwichtigste völlig außer Acht zu lassen scheinen und von einer normalen Grippe sprechen. Natürlich kämpfe ich weiter für meine Berufsgruppe. Vor allem gilt jetzt: Die Einschränkungen müssen für alle gleichermaßen gelten.

Inwiefern?

Wenn ich sehe, dass in Südtirols Schulen hunderte Kinder, Jugendliche und Lehrer positiv getestet werden, dann mache ich mir Sorgen. Die jungen Leute werden keine Symptome haben. Aber sie tragen zur Ausbreitung der Krankheit bei. Dazu kommen auch das Handwerk und die Industrie, wo man in meinen Augen einfach wenig Kontrollen durchgeführt hat. Und natürlich die privaten Feiern. Die Schließung der Gastronomie macht nur Sinn, wenn auch andere Sparten zusperren. Hier muss man konsequent sein.

Was schlagen Sie vor? 

Um ein normales wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben führen zu können, brauchen wir ganz andere Zahlen. Um das Infektionsgeschehen einzudämmen, müssen wir uns alle einschränken. Daran wird kein Weg vorbeiführen. Wir brauchen eine Radikalkur. Einen anderen Weg sehe ich nicht. Dabei geht es mir nicht um die Einschätzungen aus Rom oder Europa, sondern darum, wie wir aus dieser Lage wieder herauskommen. Wir müssen einen harten Lockdown machen, auch wenn es wehtut.

Wie wird sich der Tourismus in Südtirol weiterentwickeln?

Wenn die Deutschen so weitermachen und bald eine Wochen-Inzidenz von unter 50 erreichen, können sie sich wahrscheinlich Ende Februar wieder frei bewegen. Aber die Frage ist: Würden sie jetzt nach Südtirol kommen? Eher nicht.

Wie wird es mit den Gästen im heurigen Jahr weitergehen?

Wir können nur hoffen, dass wir mit der Impfung einiges bewegen und einen großen Schritt nach vorne machen. Aber wer weiß das. In unserer Branche tun sich viele schwer. Wir müssen auf die Mitarbeiter schauen, aber auch die Aufschiebung der Stundungen von Krediten braucht es notwendig. Sobald die Zahlen es zulassen, müssen wir wieder daran arbeiten, ein attraktives Urlaubsland zu werden.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (51)

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  • andreas

    Zu fünft Silvester gefeiert und angenommen, dass die unsicheren Schnelltests reichen, um eine Infektion auszuschließen.

    Die Schelltests vermitteln eine falsche Sicherheit, da sie am Anfang einer Infektion gar nicht anschlagen und die Getesteten zu sorgloserem Verhalten animieren.

    Der Massentest, nach welchen die Zahlen nicht gesunken, sondern stetig gestiegen sind, scheint ähnliches Verhalten gefördert zu haben.

    Noch ein Grund mehr, Widmann in die Wüste zu schicken.

    • gredner

      @andreas ja, so ist es leider. Die Schnelltests sprechen die ersten 3 Tage nach der Infektion noch nicht an, und auch danach nur zu 70%, wenn die Virenlast hoch genug ist.

      Dies war auch das Problem beim Massentest Ende November: 30% der Infizierten wurden nicht erkannt und wähnten sich frei von Viren, haben aber in den darauffolgenden tage das virus fleissig weiterverbreitet. Nach dem Massentest hätte man noch 2 Wochen strengen Lockdown anhängen sollen, statt alles zu öffnen. Dann wäre der Massentest erfolgreich gewesen, wie prognostiziert.

  • vinsch

    @andreas-summer Hören Sie doch endlich auf mit ihrer täglichen Hetzjagd gegen Widmann und Achammer. Laut Ihnen war ja Kompatscher gegen den Sonderweg und ihm haben wir jetzt den 4. sinnlosen lockdown zu verdanken. Daher, wenn das stimmt, dass Kompatscher gegen den Sonderweg war, dann muss er in die Wüste geschickt werden.

  • andreas

    @vinsch
    Der Landeshauptmann hat sogar die alleinige rechtliche Verantwortung für den Sonderweg übernommen, also war er natürlich dafür.

    Aber nochmals zurück zu meinem Vorschlag an dich als Hotelier.
    Hilfst du deinen Angestellten mit deinem Schwarzgeld unbürokratisch, es waren u.a. ja auch sie, welche dir dazu verholfen haben oder behälst du das lieber für dich und jammerst darüber, wie unsolidarisch die Politik mit eurem Sektor ist?

    Was hast du eigentlich mit dem Geld von letztem April und der gesparten IMU gemacht?

    • vinsch

      @summer-andreas bis gestern haben Sie behauptet, der Sonderweg wäre die Schuld von Widmann und Achammer, also beide nach Hause oder in die Wüste … So langsam verstehen sie, dass viele Betriebe diesen Sonderweg gebraucht haben um Luft zu schnappen und nicht unterzugehen und jetzt rudern Sie zurück??? Wie erbärmlich. Die IMU heißt schon längst nicht mehr IMU, aber jemand wie Sie, der nicht weiß, was es heißt einen Betrieb zu führen, der hat ja keine Ahnung …

  • iatzreichts

    Aaahsou…Antibiotika hot er kriag… olls klor .. kuane weiteren Frogn!

  • andreas

    @vinsch
    Du machst mit deinem Geplärre den Hotelieren keinen Gefallen, denn so gravierend ist die Situation für die meisten gar nicht, die machen sich mehr um ihre Leute Sorgen.
    Es gibt aber halt überall solche und solche. Aber Pinzger ist dann ja genau der Richtige für dich, laut dem seit ihr ja die am allerallerschwersten Betroffenen.

    Und wenn du meinst, dass alle die deine Meinung nicht teilen, dieselbe Person sind, ist mir das so ziemlich egal.

    • vinsch

      @andreas ja den Hotelieren im Burggrafenamt mach ich keinen Gefallen, das habe ich schon kapiert. Die zittern jetzt um ihre Öffnung im März. Dass andere die ganze Wintersaison zu hatten und erst wieder im Juni aufmachen ist denen egal …..

      • andreas

        Lies mal nach, was die IDM zur Öffnung sagt, welche mit Steuergeldern für euch Werbung macht.

        • vinsch

          @andreas die IDM sagt das, was ihr die SVP vorschreibt zu sagen!!! Also bitte …. Schauen Sie doch nach Bozen, dort stehen die Leute unter dem Regenschirm, ohne dass Sie vom HGV, HDS oder von irgend einem Politiker hinbestellt worden sind. Das ist die Realität. Und auch wenn viele von uns noch nicht am Hungertuch nagen, ist es unser Recht unsere Meinung zu sagen, ob es Ihnen nun passt oder nicht.

          • andreas

            Woher euer Hansi seine Instruktionen bekommt, solltest du jetzt aber wirklich mit ihm klären und nicht mit mir. 🙂 🙂

  • flottebiene

    @steve, ich will ja nichts sagen…aber lt gestrigen zahlen(06.02.2021) sind die infizierten in Bozen bei 1% auf die Einwohnerzahl gemessen, Dorf Tirol 2%, Sand in Taufers 2,5%….

  • prof

    Hier sind immer noch einige die diese Krankheit leugnen. Ich getraue mich diese einfach als Arschlöcher zu bezeichnen. Ich selbst war auch infiziert und mir ist es immer noch ein Rätsel wo ich mich angesteckt haben könnte, zudem habe immer noch Nachfolgen wenn auch nicht so schlimme,die ich aber gerne an diese A………er Leugner abtreten möchte.

  • hallihallo

    wieso immer diese interviews?
    wäre er letztes jahr an krebs erkrankt, hätte er auch von heute auf morgen auch anders gedacht. aber wäre sein nachbar an krebs erkrankt , hätte er wohl nie dafür die wirtschaft runtergefahren.

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