Der Wert der Kultur
Allmählich wird Europa sich bewusst, wie hart die Pandemie den Kultursektor und die gesamte damit verbundene „Lieferkette“ getroffen hat. Eine europäische Studie hat errechnet, dass die wirtschaftlichen Verluste des Kultursektors im Jahr 2020 fast 200 Milliarden Euro betragen haben.Die Grüne Fraktion (Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba und Hanspeter Staffler) bringt das Thema Kultur diese Woche mit einem Beschlussantrag in den Landtag.
Im Laufe dieser Monate sind Künstlerinnen, Musiker, Sängerinnen, Kunstkritiker, Schauspielerinnen, Lichtdesigner, Betreiberinnen von Kinos, Theatern, Orchestern usw. zu Recht auf die Barrikaden gegangen und haben protestiert (um nur einige Beispiele zu nennen, erinnern wir uns an die Flamenco-Tänzerinnen in Spanien und den Flashmob der Mitarbeiter des Mailänder Showbusiness). Viele von ihnen machten während des Lockdowns aus der Not eine Tugend und nutzten soziale Medien, um weiter singen und künstlerisch tätig sein zu können. Anlässlich des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker sprach Riccardo Muti über die Bedeutung von Musik (und Kunst) für unser seelisches Wohlbefinden („health of mind“).
Trotz dieser wichtigen Aktionen ist und bleibt die Kultur in all ihren Aspekten ein unterbewerteter Sektor, der oft auf Hobby- und Freizeitdimensionen reduziert wird. Ihre wirtschaftliche Bedeutung wird regelmäßig heruntergespielt.
Die Grüne Fraktion im Landtag hat dieses Manko aufgegriffen und ein „Kulturpaket“ aus Beschlussanträgen und Gesetzesinitiativen erarbeitet, das den Wert der Kultur verdeutlichen und stärken soll. Dazu gehören ein Gesetzentwurf, der die „Kunst am Bau“ bei öffentlichen Gebäuden wiederbeleben will sowie ein weiterer Gesetzentwurf, der die Vergabe von öffentlichen Aufträgen für einheimische Künstler*innen zugänglicher machen soll. Als Dritter im Bunde reiht sich ein Beschlussantrag, der den monetären Wert der Kulturlandschaft in Südtirol bemessen will. Letzterer wird diese Woche im Landtag behandelt und wir stellen ihn daher näher vor.
Denn es gibt einige Silberstreifen am Horizont: Seit einigen Jahren lässt Deutschland die wirtschaftlichen Kennzahlen der deutschen Kultur- und Kreativwirtschaft analysieren. Die Ergebnisse des Reports 2019 sind unglaublich: Die Bruttowertschöpfung des kulturellen Sektors belief sich 2018 auf ca. 100,5 Milliarden Euro. Damit lässt sie Branchen wie die Chemieindustrie, die Energieversorgung oder die Finanzdienstleister hinter sich und liegt in etwa gleichauf mit der Bruttowertschöpfung des Maschinenbausektors. In Deutschland erzielt nur die Automobilindustrie eine höhere Wertschöpfung. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young aus dem Jahr 2019 trägt der Kultursektor mehr zur europäischen Wirtschaft bei als die Branchen Telekommunikation, Chemie und Automobil zusammen.
Und in Südtirol? Hierzulande sind die Museen immer noch alle geschlossen und die Stimmen aus Kunst und Kultur werden oft nicht gehört.
Unser kulturelles und künstlerisches Erbe ist reich. Wie reich tatsächlich wissen wir (noch) nicht. Wenn wir über finanzielle Beiträge für die Kultur sprechen, denken viele, dass es sich hierbei um Einmalinvestitionen handelt, die auf gewisse Weise „verloren“ sind. Weit gefehlt: Die deutschen Zahlen legen nahe, dass die Kulturszene einen enormen wirtschaftlichen Mehrwert einbringt und nicht nur schlicht Nehmerin von Beiträgen ist.
Die Kultur ist ein lebenswichtiger Sektor, gut für unser seelisches Wohlbefinden und die Gesundheit unserer Wirtschaft. Wir Grüne regen in diesem Beschlussantrag an, dass sich Südtirol des Wertes der Kultur bewusst wird, gerade in diesen für alle schwierigen Zeiten der Krise. Wir fordern daher eine Erhebung der wirtschaftlichen Situation der Kultur- und Kreativwirtschaft in Südtirol mit Fokus auf die Anzahl der Unternehmen, den Umsatz der Kultur- und Kreativwirtschaft und die Bruttowertschöpfung dieser Branche. Dabei müssen wir auf jene hören, die Kultur schaffen.
Doch dies ist nur der erste Streich. Kunst und Kultur dürfen nicht vernachlässigt werden. Im Landtag, in den Gesetzgebungsausschüssen, an den Verhandlungstischen: #WirBleibenDran
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