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Wütende Wirte

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Die Südtiroler Gastronomen kritisieren die erneute Schließung ihrer Betriebe scharf und betonen, dass sie nicht für die hohen Infektionszahlen verantwortlich sind.

Norbert Kier, Italia e Amore in Bozen

Uns trifft die Schließung sehr hart. Man hat uns versprochen, dass gewisse Parameter gelten, die aber im Endeffekt trotzdem keine Rolle gespielt haben. Die einzige Zuverlässigkeit, die es gibt, ist dass es keine Zuverlässigkeit gibt. Wenn die Schließung nur zwei Wochen andauern würde, dann wäre die Situation ja noch tragbar, aber auch darauf können wir uns nicht verlassen. Mich ärgert vor allem, dass wir mit der Schließung der Gastronomie die Infektionszahlen gar nicht erst senken werden. Es gibt mittlerweile Studien, die belegen, dass die Gastronomie nur für zwei Prozent der Ansteckungen verantwortlich ist. Mit zwei Prozent ist aber nicht viel getan, schließlich bleibt alles andere offen. Wir bekommen den schwarzen Peter, obwohl wir für die Situation nicht verantwortlich sind. Besonders gravierend wirkt sich die Schließung auf die Mitarbeiter aus. Sie müssen wieder in die Ausgleichskasse, bekommen 900 Euro, leben aber in einer Mietwohnung, die 1.000 Euro kostet. Aber auch bei uns Besitzern sieht es nicht besser aus. Bis heute habe ich – obwohl ich alle Parameter erfüllt habe – gerade einmal die Fixkosten eines einzigen Monats bekommen. Daher finde ich es auch fadenscheinig, wenn der Landeshauptmann nun behauptet, dass wir auf unsere Unterstützungsgelder verzichten müssen, wenn wir nicht schließen. Bisher haben wir kaum Gelder erhalten, warum sollte uns das jetzt helfen.

Ivan Klement, Karo Bar in Kiens

Wir haben mit der Schließung nicht gerechnet, man konnte sich aber denken, dass es irgendwann so weit kommt, schließlich erleben wir es nicht zum ersten Mal, dass wir schließen müssen. Rein wirtschaftlich ist es ein Riesenproblem, mittlerweile ist man daran aber fast schon gewohnt. Ich hoffe aber, dass es sich bei dieser Schließung um eine präventive Maßnahme handelt, die für zwei oder drei Wochen gilt und wir anschließend wieder öffnen können.

Kajetan Seuss, The Thai Lounge in Frangart 

Ich weiß nicht, was ich sagen soll, ich war einfach nur baff. Ich informiere mich tagtäglich über das Infektionsgeschehen und es ist verständlich und nachvollziehbar, dass man die Krankenhäuser nicht überlasten will, aber ich sehe einfach kein Konzept, keine Strategie hinter dieser Verhaltensweise. Alle Bereiche bleiben weiterhin geöffnet, alle dürfen weiterarbeiten nur wir müssen wieder schließen. Die Bandbreite der Gefühle ist entsprechend groß: Wut, Zorn, Ohnmacht, Verzweiflung – ich weiß wirklich nicht, wie das so weitergehen soll. Wir lassen alle regelmäßig testen, vor Arbeitsbeginn messen wir die Temperatur der Mitarbeiter, achten sorgfältigst auf die Hygiene unserer Mitarbeiter und Gäste – jetzt müssen wir aber wieder schließen. 

Hinter jedem Betrieb stehen Menschen, Familien, die auf ihr Einkommen angewiesen sind. Ich habe meine zwölf Mitarbeiter seit Oktober nicht entlassen, weil ich das als unternehmerische und menschliche Verantwortung sehe – hätte ich es getan, hätte ich weit weniger Geld verloren. Und auch der Lieferdienst steht in keinem Verhältnis zu den Umsatzeinbußen im Restaurant – zudem haben wir nach wie vor keinen Cent an Unterstützungen gesehen. Die Experten hätten wirklich Zeit gehabt, Konzepte zu erstellen, aber das ist leider nicht passiert. 

Jörg Trafoier, Restaurant Kuppelrain in Kastelbell

Dieses Theater – und mittlerweile kann man wirklich von einem Theater sprechen – geht mir wirklich auf die Nerven. Ich kann absolut nicht nachvollziehen, warum man wieder Bars und Restaurants zusperrt, während alles andere offen bleibt und auch Hotels weiterhin alles anbieten können. Diese Situation ist einfach nicht mehr tragbar und die Politik versagt in meinen Augen total. Einen Gastronomiebetrieb kann man nicht einfach nur auf- und zusperren, wie man einen Computer im Büro ein- oder ausschaltet. Wir müssen uns vorbereiten, Produkte einkaufen, Gerichte vorbereiten und natürlich die Mitarbeiter einteilen – jetzt müssen wir aber wieder schließen, Lebensmittel wegschmeißen oder verschenken. 

Für viele Betriebe geht es um ihre Existenz, sie haben in den letzten Jahren Investitionen getätigt und dürfen jetzt nicht arbeiten. Aber hinter jedem Betrieb stehen auch Menschen, Familien mit kleinen Kindern, die vielleicht auch Kredite abbezahlen müssen und auf ihr Einkommen angewiesen sind. 

Ich verstehe diese Entscheidung wirklich nicht, weil sie einfach nicht nachvollziehbar ist. Wenn man schon zusperren muss, dann alles, damit die Zahlen auch wirklich zurückgehen und wir danach wieder weiterarbeiten können – aber es ist einfach nicht richtig, das gewisse Sparten arbeiten dürfen und andere nicht.

Horst Nössig, Weisse Lilie in Mühlbach

Als ich gehört habe, dass wir wieder zusperren müssen, habe ich im ersten Moment eigentlich nur gedacht: nicht schon wieder. Wir haben bereits zuletzt mit den beschränkten Bar-Öffnungszeiten weniger gearbeitet und jetzt müssen wir wieder zusperren. Ich kann absolut nachvollziehen, wenn Betriebe jetzt verärgert oder enttäuscht sind, weil man die Fixkosten einfach weiterhin hat und nicht weiß, ob und welche finanziellen Unterstützungen es gibt. Zudem kann es so einfach nicht weitergehen: Wir können nicht drei Wochen aufsperren, dann wieder zwei zusperren, dann wieder aufsperren usw. Auch wissen wir dieses Mal wieder nicht, ob es wirklich bei diesen zwei Wochen bleibt oder ob diese Schließungen danach wieder verlängert werden – letztes Jahr hieß es auch erst, dass ein Lockdown von zwei Wochen kommt und dann sind es zwei Monate geworden. Man kann so einfach nicht planen.

Michaela Hochgruber, Traudibar in Bruneck

Für mich war klar, dass es zur Schließung der Gastronomiebetriebe kommt, trotzdem verstehe ich diese Maßnahme nicht. Ich bin dafür, dass alles geschlossen wird, nicht immer nur Bars und Restaurants, denn wir sind nicht schuld an den hohen Infektionszahlen – wir versuchen schließlich die Regeln einzuhalten. Das finde ich sehr schwierig. Ich fände es aber auch falsch, die Entscheidung jetzt zu revidieren, denn die Zahlen sind fruchtbar. Nun wäre also der Landeshauptmann gefragt, der jetzt durchgreift, zumal ich mir sicher bin, dass wir bis Ende Februar schließen müssen. Wir sind in der glücklichen Lage, dass uns das Lokal gehört, ansonsten ist die Schließung aber wirtschaftlich eine Katastrophe. Der Umsatz, den wir noch im letzten Jahr hatten, könne wir nie wieder erreichen, die Spesen bleiben aber die gleichen.

Arthur Rainer, Landgasthof Seeperle in Kaltern

Ich habe grundsätzlich nie eine Entscheidung des Staates oder des Landes in Frage gestellt und irgendwie hat mir mein Bauchgefühl gesagt, dass wir im Laufe des Winters noch einmal zusperren müssen. Trotzdem hat mich diese Entscheidung der Landesregierung härter getroffen als alle bisherigen, weil bis zuletzt einfach die Hoffnung da war, dass wir in reduzierter Form irgendwie weiterarbeiten dürfen. Dass wir nun erneut schließen müssen, geht mir deswegen sehr nahe und es nagt auch an der Substanz. Ich denke natürlich auch immer an meine Mitarbeiter: Was soll ich ihnen sagen? Wir wollen unseren Leuten eine Perspektive bieten und konnten das bisher auch, aber wir müssen uns jetzt damit abfinden, dass der Februar ziemlich sicher ein Totalausfall wird, weil es sehr wahrscheinlich zu einer Verlängerung dieser Schließungen kommen wird. Langsam aber sicher stellen sich jetzt auch stabile Gastronomiebetriebe die Frage, wie es weitergehen soll und daher hoffen wir wirklich, dass dies der letzte Lockdown bleibt. Wir haben wirklich nie aufgegeben und versucht, mit einem Mensadienst und Lieferservice weiterzuarbeiten, aber das ist nur ein Trostpflaster. Wir bleiben aber motiviert und hoffen, dass die Sommersaison gut wird, aber es tut mir wirklich wahnsinnig leid, dass wir nun schon wieder zusperren müssen.

Umfrage: Markus Rufin und Lisi Lang

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Kommentare (50)

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  • tiroler

    Es ist schlimm, sehr schlimm. Aif der anderen Seite gibt es jede Menge Bars oder Hütten, wo man sichbum die Regeln schert. Alle auf engsten Raum von 1 promille im blut aufwärts. Es ist umglaublich, dass es sooo viele gibt, denen alles Wurscht ist. Der Rest muss dafür büßen.

    • honsi

      Es gibt Europaweit keine einheitliche Regel ab welchem Grenzwert man positiv ist. Je nachdem bei welchem Labor man die PCR Tests auswertet kann man positiv oder eben nicht positiv sein ,vor allem dann, wenn man keine Symptome hat.

  • gorgo

    Wenn Betriebe aufgrund der epidemiologischen Situation vorbeugend schließen müssen, sollte ihnen schon ein gewisser Prozentsatz der Fixkosten zugesichert werden.
    Bei allem Mitgefühl mit den Betreibern, die Sichtweise scheint doch eine Recht egozentrische.
    Der Kunst und Kulturbereich liegt zB. seit einem Jahr danieder, andere Branchen können arbeiten, machen aber Verluste und insgesamt steuern wir wohl auf größere Probleme zu.

    • andreas

      Und wo genau siehst du das Problem, wenn Defizite teilweise kompensiert werden?
      Geld ist ohne Ende im Markt.
      Allein der halbe Börsenwert Teslas würde reichen, um jedem Italiener ca. 7.000,00 Euro zu geben und der Laden wäre immer noch überbewertet. 😉

      • gorgo

        Ja dann wird der Markt das schon machen. Du schaffst es immer mich zu beruhigen. 😉

        Ehrlich gesagt, habe ich keine klare Meinung was die „Hilfen“ der öffentlichen Hand betrifft. Fixkosten Beiträge bei vorgegebener Schließung ja, aber alles weitere, nach welchen Kriterien? Nach sozialer Gerechtigkeit, nach Wichtigkeit für die lokale Wirtschaft/Arbeitsplätze/ bisheriger Steuerleistung oder gleich für alle, da eine Epidemie irgendwo ‚höhere Gewalt‘ ist?
        Oder nach Stärke der Lobby?
        Bereits innerhalb des vom HGV Vertretenen sind die Unterschiede sehr groß und ein bisschen habe ich das Gefühl, dass hier die Oberschicht der Lobby die Situation von Lohnabhängigen und und Kleinbetreibern benutzt um ordentlich zu quäken und ihre Felle zu sichern. Denn das die gesamte Branche gerade vor dem Nichts steht ist nicht glaubhaft.

  • angelus

    @summer: Bitte sprechen Sie nicht von Argumenten, denn sobald Sie mit ebensolchen konfrontiert werden, versuchen Sie sich mit läppischen Kommentaren der Diskussion zu entziehen.

  • vinsch

    @summer heute haben Sie wieder einmal mit giftiger Munition gegen die Gastwirte geschossen. Gestern haben sie uns noch erzählt, dass sie im Sommer vergebens ihren „bonus vacanza“ einlösen wollten. Sie wollten also mit Steuergeldern ihren Urlaub finanzieren, schämen sie sich. Und ich frage mich schon, wie man als „Unternehmer“ zu einem „bonus vacanze“ kommt ????? Dieser bonus gilt übrigens bis Juni, aber sie werden wohl kaum Idioten finden, die diesen bonus akzeptieren…..

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