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Der Rückzieher

Die Opposition steigt auf die Barrikaden: Nur zwei Jahre nach dessen Einführung will die SVP das bestätigende Referendum wieder abschaffen.

Von Matthias Kofler

Die 1. Gesetzgebungskommission kommt am Donnerstag zusammen, um zwei Entwürfe zur Direkten Demokratie zu behandeln. Einer davon stammt von Landtagspräsident Sepp Noggler, der andere von der Grünen Brigitte Foppa. Beide haben das Ziel, das derzeit geltende Bürgerbeteiligungs-Gesetz aus dem Sommer 2018 zu reformieren. Doch während sich Foppas Entwurf darauf beschränkt, einige technischen Fehler im Ursprungstext zu beheben, ist die SVP-Vorlage deutlich weitreichender.

Zur Erinnerung: In der vergangenen Legislatur war der Landtag unter der Führung von Magdalena Amhof, Brigitte Foppa und Sepp Noggler durch Südtirol getourt, hatte unzählige Versammlungen organisiert und Verbände konsultiert, um ein möglichst für alle annehmbares Gesetz zu erarbeiten. Im Sommer 2018 war es soweit, das Hohe Haus hatte unter lautem Jubel der Direktdemokraten das fertige „Produkt“ verabschiedet. „Noggler will nun aber den mühsam erarbeiten Kompromiss über den Haufen werfen, was ein Schlag ins Gesicht für all diejenigen ist, die an diesem Gesetz mitgearbeitet haben“, schlägt Foppa Alarm.

Die Grüne spricht von einem „dreifachen Sündenfall“: Geht es nach der SVP, soll der sogenannte Bürgerrat nur mit Genehmigung des Landtagspräsidiums eingesetzt werden. „Dort sitzen aber – bis auf Maria Rieder – ausschließlich Vertreter der Mehrheit“, bemängelt die Grüne. Weiters soll das Büro für politische Bildung, das für die Organisation der Referenden zuständig ist, bei der Eurac angesiedelt werden – und zwar ebenfalls nur mit Beschluss des Präsidiums. Damit sei die politische Unabhängigkeit des Gremiums nicht mehr gewährleistet, warnt Foppa.

Die aus Sicht der Opposition schmerzvollste Änderung betrifft das bestätigende Referendum: Dieses soll laut Noggler komplett abgeschafft werden. Seit 2018 können die vom Landtag nicht mit Zwei-Drittel-Mehrheit verabschiedeten Gesetze zwischenzeitlich ausgesetzt werden, wenn innerhalb von zehn Tagen 300 Unterschriften zur Abhaltung einer Volksabstimmung gesammelt werden. Aus Nogglers Sicht stellt dies eine „übermäßige Belastung für das Gesetzgebungsverfahren dar“ und birgt die Gefahr in sich, „die Arbeiten des Landtags lahmzulegen“. Der Vinschger SVP-Politiker äußert den Verdacht, dass das Gesetz in der jetzigen Fassung sogar verfassungswidrig sein könnte. Schließlich sehe das Autonomiestatut nur für Gesetze, die die Grundrechte betreffen, Referenden vor.

Foppa kann diese Argumentation nicht nachvollziehen. Das bestätigende Referendums sei noch nie angewandt und schon gar nicht missbraucht worden. Daher könne man einen so „schwerwiegenden Eingriff“, wie ihn Noggler auf Geheiß von LH Arno Kompatscher vornehmen will, nicht hinnehmen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (10)

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  • steve

    Demokratie muss funktionieren d.h. sie muss zu Entscheidungen kommen sonst wird sie in Frage gestellt. Was Foppa bewirken will ist zwar aus demokratiepolitischer Sicht edel aber wenn nix mehr weitergeht ist niemandem gedient ausser den Rechten. Die naiven Grünen unser größter Freund der Rechtspopulisten!

  • andreas

    300 Unterschriften in 10 Tagen ist eindeutig zu wenig, da mit diesem Instrument eine kleine Gruppe so gut wie alles blockieren kann. Nebenbei ist es nicht Sinn der Demokratie, jeder noch so eigenartigen Meinung ein Mitentscheidungsrecht zu geben.

    Die Tour durch Südtirol für die direkte Demokratie war ein Flop und die Mehrheit interessiert das Thema gar nicht.
    Warum deshalb eine Splittergruppe annimmt, der Mehrheit ihre Ideologie aufdrücken zu können/müssen, ist mir nicht ganz klar.
    Mit der Annahme solcher Splittergruppen, dass ihre Meinung die richtige ist und es die Mehrheit nur nicht versteht, liegen sie wohl daneben.

    • george

      Egomanen und Mitläufer der von oben herab Bestimmenden wie dich, interessiert es nicht; das musst du uns nicht extra sagen, das wussten wir schon. Aber die Mehrheit des Volkes hat immer wieder gezeigt, dass sie direkt mitreden wollen.
      Das Wesen des Menschen ist viel weitläufiger, als du es immer wieder denkst und manche von euch aus eurer Selbstsucht heraus bestimmen möchten.

  • artimar

    Dazu Stephan Lausch:
    „Es handelt sich nicht um das abschaffende, sondern um das sog. bestätigende Referendum, mit dem das Volk entscheiden kann, ob ein Landesgesetz in Kraft treten soll oder nicht und das mit dem Landesgesetz zur Direkten Demokratie und Partiziption (22/2018) eingeführt worden ist. Unabhängig von diesem Gesetz ist auf der Grundlage des Autonomiestatutes (Art 47) mit eigenem Landesgesetz (10/2002) das bestätigende Referendum zu den Landesgesetzen… (unten weiter) anwendbar gemacht worden, mit denen die Demokratie geregelt wird, die sog. Regierungsformgesetze. Mit diesem kann diese Gesetzesänderung der Volksabstimmung unterworfen werden, mit 8.000 Unterschriften und/oder 7 Landtagsabgeordneten. Dieses Referendum kennt kein Beteilungsquorum. Wir haben es ein ersten Mal am 9.2.2014 gegen das Schuler-Beteiligungsgesetz angewandt und gewonnen.“

    In Bezug auf das bestätigende Referendum bei der nun anstehenden Gesetzesänderung:

    „Ja, gewiss, in dem Moment, wo das Gesetz mit absoluter Mehrheit verabschiedet worden ist, eine Mehrheit, die schwerlich zustande kommen wird. Sieben Landtagsabgeordnete dürften schon diesen Donnerstag im Gesetzgebungsausschuss klar machen, dass sie notfalls das Referendum ergreifen und wir, die Initiative für mehr Demokratie mit vielen unterstützenden Organisationen werden das sicher auch tun. Ich halte es aber für eher unwahrscheinlich, dass es so weit kommen muss. 2019 hat es ja schon einen solchen Vorstoß in der SVP gegeben und zuletzt hat man dann den Gesetzentwurf zurückgezogen. Ich weiß nicht, weshalb man es jetzt wieder versuchen will, denn für mich ist klar, dass ein solches Referendum für die SVP ein Debakel wäre.“

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