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Stress in der Studentenbude

Der Advent beschert den Studierenden ein Corona-Chaos. Wie die Südtiroler HochschülerInnenschaft für Rechtssicherheit sorgen wollen.

Foto: Uni Bozen

„Seitdem das neue DPCM vom Premier Conte veröffentlicht wurde, gleicht das Büro der HochschülerInnenschaft in Innsbruck mehr einem Krisenstab als einer Studentenbude“, so Matthias von Wenzl, Vorsitzender der Südtiroler HochschülerInnenschaft (sh.asus).

Bekanntlich müssen Personen, die ab dem 10. Dezember nach Italien einreisen, nunmehr einen negativen PCR- oder Antigentest vorweisen können.

Ansonsten erwartet einen die zweiwöchige Isolation. Gerade die rund 7.000 Südtiroler Studierenden in Österreich seien von dieser neuen, restriktiven Vorschrift betroffen, so sh.asus-Vizevorsitzender Julian Nikolaus Rensi: „Die Abschottung Italiens kommt unerwartet früh. Die Studierenden hatten damit gerechnet, dass ein solches oder ähnliches Grenzregime erst am 21. Oktober beginnen würde, wie es ja schon länger in aller Munde war.“

Nun stelle sich aber die Frage: Bleiben oder schon heimfahren? Die Weihnachtsferien beginnen an den österreichischen Hochschulen erst kurz vor Weihnachten, und es mache auch in Zeiten von überwiegender Fernlehre für viele einen Unterschied, wo man sich fürs Studium aufhält.

Im Kampf um klare Informationen und für Rechtssicherheit

„Von Wenzl und ich telefonieren seit vier Tagen zwischen Rom, Bozen und Wien und versuchen so, an sichere Informationen für die Studierenden zu kommen“, gibt Rensi an.

Die sh.asus erhalte viele Fragen, auf die Antworten erst gesucht werden müssen: Welche Tests werden akzeptiert, wie wird kontrolliert, welche Ausnahmen gibt es? Zudem gelte es, die Universitätsverwaltungen in Österreich dafür zu sensibilisieren, Rücksicht zu nehmen auf die geänderten Einreisebestimmungen in Italien, sagt von Wenzl:

„Immerhin haben die Unis hier durchaus Entgegenkommen gezeigt. Es wurde uns zugesichert, dass niemand Nachteile erfahren soll, wenn er sich dazu entscheidet, schon vor dem 10. Dezember nach Südtirol zu fahren und somit erklärt, an einer Prüfung in Anwesenheit nicht teilnehmen zu können.“

In diesen Fällen müssten die Prüfer eine alternative Prüfungsform garantieren. Auch auf Instagram werden die Studierenden auf dem Laufenden gehalten – durch Vorstandsmitglied Sophia Rader in Bologna.

Mysterium „Pendlerregelung“

Besonderes Kopfzerbrechen bereitet dem Vorstand aber die sog. „Pendlerregelung“: Das neue Dekret besagt, dass Studierende, die einmal am Tag oder einmal die Woche aus Studiengründen in einen anderen Staat fahren, bei der Einreise nach Italien keinen negativen Test vorweisen und auch nicht in Isolation müssen.

„Diese Bestimmung ist wieder einmal sehr schwammig formuliert und bringt mehr Fragen als Sicherheit. Niemand kann uns genau sagen, wer in diese Kategorie von Studierenden hineinfällt und vor allem, wie die Polizei am Brenner das genau kontrolliert“, merkt der Vizevorsitzende Rensi an. Man habe mit ähnlichen Regelungen im Frühjahrs-Lockdown nicht nur gute Erfahrungen gemacht. Es fehle wieder an Rechtssicherheit für die Studierenden. Da es von amtlicher Seite keine Hinweise gebe, „muss jeder für sich selbst prüfen, ob die Ausnahmeregel auf einen zutrifft“.

Die sh.asus empfiehlt, im Zweifel schon heim nach Südtirol zu kehren.

Auch Österreich schließt de facto seine Grenzen

Am 7. Jänner geht in Österreich die Vorlesungszeit wieder los, jedoch gilt bis 10. Jänner: Wer aus dem Ausland einreist, muss für 10 Tage in Quarantäne und darf sich erst nach fünf Tagen „freitesten“. Diese Bestimmung richtet sich zwar gegen Personen, die über die Ferien zu ihren Familien im Balkan fahren – die Bundesregierung fürchtet, angesichts der dort hohen Fallzahlen könnte das Virus „eingeschleppt“ werden – trifft aber genauso Südtiroler, die nach den Feiertagen zur Uni zurückkehren.

Laut von Wenzl schränke diese strenge und vielfach kritisierte Regel die Studierenden erheblich ein: „

Nach Silvester wollen viele zurück nach Österreich, um sich auf die Prüfungen im Jänner vorzubereiten. Das geht nicht immer auch von zuhause in Südtirol aus.“

Überfüllte Züge am 11. Jänner  im Übrigen vorprogrammiert. Die Südtiroler HochschülerInnenschaft bemüht sich auch hier um tragfähige Lösungen für Studierende. Man sei mit der Südtiroler und Nordtiroler Landesverwaltung in Kontakt. Landesrat Philipp Achammer habe der sh.asus in einem Telefonat zugesichert, bereits eifrig an einer Lösung zu arbeiten.

Die sh.asus hat unter corona.asus.sh ein FAQ eingerichtet, bei dem die gängisten Fragen zur Ein- und Ausreise geklärt werden.

Wo bleibt der europäische Geist?

Abschließend zeigt sich die Südtiroler HochschülerInnenschaft merklich enttäuscht über die wieder einmal unkoordinierte Vorgehensweise der europäischen Staaten: „Man erkennt, dass die europäische Integration zumindest in Hinblick auf den internationalen Personenverkehr nicht krisenfest ist. Wir sind wieder Zeugen eines Abschottungs-Überbietungswettberwerbs.“

Auch wenn Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie nötig und sinnvoll seien, könne niemand mehr behaupten, dass nationalstaatliche Grenzen im 21. Jahrhundert bedeutungslos geworden seien. Verlierer in der aktuellen Situation seien nicht nur Studierende, sondern das Vertrauen in die europäische Integration.

 

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