Du befindest dich hier: Home » Chronik » Wenn Mama positiv ist

Wenn Mama positiv ist

Foto: WK

Das Problem hat sich nach dem Massentest zugespitzt: Eltern wurden positiv auf das Coronavirus getestet, haben ihre Kinder aber weiter zur Schule geschickt. Die Familien der Mitschüler sind fassungslos. Die Schulen machtlos.

von Silke Hinterwaldner

Die Frage ist beinahe alltäglich. Alltäglich deshalb, weil wir uns andauernd damit befassen müssen, welche Folgen es hat, sobald jemand positiv auf das Coronavirus getestet wird, wer wann in Quarantäne überstellt wird oder wie sehr man an die Eigenverantwortung der Menschen appellieren kann.

„Wir versuchen alle ständig so gut als möglich aufzupassen, um Ansteckungen zu verhindern“, sagt der Vater einer Grundschülerin, „umso weniger haben wir Verständnis dafür, wenn andere das weniger eng sehen. Es gibt nämlich Eltern, die sich ernste Sorgen machen.“ Was ist passiert? Beim Massentest vor zehn Tagen war die Mutter einer Grundschülerin positiv getestet und in Quarantäne überstellt worden. Nicht so die Tochter, die weiter in die Schule kam. Als manche Eltern durch Zufall davon Wind bekamen, war der Aufschrei groß: Das Schulkind hatte noch nicht einmal einen Kontrolltest gemacht und könnte möglicherweise Schulkollegen oder Lehrer anstecken. Warum also kann das Kind in die Schule kommen? Wäre es nicht grundsätzlich besser, hier auf Quarantäne auch für das Kind zu bestehen? Als die besorgten Eltern bei der Schulleitung vorstellig wurden, argumentierte man damit, dass die Schule aus Gründen der Privacy nicht eingreifen könne. Ganz besonders große Sorgen macht man sich in Familien, in denen vulnerable Gruppen zusammenleben, etwa ein Opa mit Vorerkrankungen oder eine Schwester mit Immunschwäche. „Wir passen alle höllisch auf“, sagt der Vater, „aber das alles nützt nichts, wenn andere sich fahrlässig verhalten.“

Fälle wie dieser landen immer wieder auf dem Schreibtisch von Sigrun Falkensteiner. Die Landesschuldirektorin weiß deshalb, wie sehr der Umgang mit der Pandemie auch für Schulen und Eltern zu einem ständigen Kraftakt gerät. Sie schickt voraus: Grundsätzlich entscheidet nicht die Schule darüber, wer in Quarantäne muss. Der Sanitätsbetrieb verhängt die Quarantäne, gerade nach dem Massentest aber eben nicht für enge Kontakte von positiv getesteten Personen. Auch außerhalb der Schnelltest-Serie werden Kinder nicht automatisch mit ihren Eltern in Quarantäne gesetzt: Hier entscheidet der Sanitätsbetrieb situationsbezogen. Wenn etwa eine positiv getestete Mutter sich zu Hause in einem Bereich mit eigenem Badezimmer isolieren kann, dürften die Kinder weiterhin zur Schule, zumindest nachdem sie ein negatives Testergebnis vorweisen können. Oder wenn die Eltern schwere Symptome entwickeln und sich deshalb nicht um die Kinder kümmern können, muss nach der besten Lösung gesucht werden.

„Sobald die Sanität entscheidet, keine Quarantäne für das Kind zu veranlassen, gibt es dafür Gründe“, sagt Falkensteiner. Aber ganz besonders nach dem Test-Wochenende habe es an mehreren Schulen im Land das Problem gegeben, dass Kinder coronapositiver Eltern trotzdem im Unterricht erscheinen wollten. „Das Protokoll von ‚Südtirol testet‘ sah nicht vor, dass enge Kontakte unter Quarantäne gesetzt werden“, erklärt die Landesschuldirektorin, „außerhalb von diesem Testwochenende ist das anders.“ Deshalb tauchte vor allem in den vergangenen Tagen immer wieder die Frage auf: Kann die Schule nicht einschreiten und eine Quarantäne veranlassen? Das könne die Schule nicht tun, sagt Falkensteiner. Und sie erklärt: „Die Schule kann aber sehr wohl mit den betroffenen Eltern reden und darum bitten, auch das Kind zu Hause zu behalten. Ganz besonders dann, wenn die Eltern asymptomatisch sind.“ In vielen Fällen funktioniere die Zusammenarbeit mit den Eltern, die Schüler werden von der Schule dann sozusagen im Fernunterricht begleitet solange die Mutter oder der Vater in Quarantäne sind.

In manchen Fällen haben sich Eltern dazu entschlossen, die Kinder zurück in die Schule zu schicken, nachdem sie ein negatives Testergebnis vorliegen hatten. „Aber auch dabei dürfen wir nicht vergessen“, sagt Falkensteiner, „dass dies nur eine Momentaufnahme ist.“ Das Kind könne sich auch später noch bei der Mutter oder dem Vater anstecken.  Was die Schule in Fällen wie diesen noch tun könne: In einer betroffenen Klasse noch vorsichtiger sein und ganz besonders darauf achten, dass die Abstände größer sind und die Maskenpflicht sehr streng gehandhabt wird.

Das alles hat in der Schulklasse des betroffenen Vaters am Beginn der Geschichte nicht funktioniert. Er kann nur hoffen, dass in all diesen Tagen tatsächlich niemand angesteckt wurde. Was bleibt ist allerdings der Ärger und die Sorge darum, dass es immer schwieriger wird, Risikogruppen tatsächlich gut zu schützen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (9)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • iatzreichts

    Wia konn man a lei testn giahn, des isch jo vorhersehbor gwesn…gsunde Leit in Qarantäne schickn und rundumadum in Chaos vrsinkn.
    Mit den Geld die Kronknhaiser aufrüsten war 100 mol gscheider gwesn!

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen