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Blödes Geoblocking

This Human World 2019 in Wien (Foto: Anja Kundrat)

Diese wirtschaftliche Maßnahme baut digitale Grenzbalken in die EU, nimmt keine Rücksicht auf Minderheiten, und (fast) niemand schert sich drum. 

von Renate Mumelter

This Human World

Am 3. Dezember würde in Wien ein Filmfestival beginnen, das Filme aus aller Welt zeigt, die eine humanere Welt anmahnen. Die 13. Ausgabe des International Human Rights Film Festival „This Human World“ läuft nicht wie üblich in Wiener Programmkinos. Heuer musste das THW coronabedingt online gehen. Dieses Schicksal hat es mit fast allen Festivals gemeinsam. 

Wenn wir normale Zeiten hätten, könnten Interessierte nach Wien fahren und sich ein paar Festivaltage gönnen. Nix damit. Aber das THW war erfinderisch und geht abgespeckt online. Eine einzigartige Chance, das Festival von zu Hause aus mitzuverfolgen, ohne Urlaub nehmen zu müssen und teures Reisegeld auszugeben. Aber in Südtirol ist das nicht möglich. Geoblocking. Filmrechte sind Handelsware, sie werden gekauft und verkauft und dagegen kommt ein Festival nicht an, die Politik offensichtlich auch nicht – oder sie schert sich nicht drum. 

Die Ware Film 

Der Handel mit Filmrechten ist rasch erklärt. Warum fallen „Tatort“-Folgen dem Geoblocking zum Opfer, andere Serien nicht? Weil darauf spekuliert wird, dass eine Serie (oder ein Film) doch noch vom „Ausland“ gekauft und synchronisiert werden könnte. 

So geschehen bei „Un passo dal cielo“ aus Prags, nur lief es da umgekehrt Richtung. Italien verkaufte die Rechte in den deutschen Sprachraum und wir konnten dann die italienische Fassung in der RAI und die deutsche Fassung „Die Bergpolizei – ganz nah am Himmel“ im deutschen TV sehen, wenn wir es schafften über den Vorspann hinauszukommen. Beide Versionen sind ähnlich schlecht.

Nix mit Streamen auf österreichisch 

Aber zurück ins Kino. Das ist geschlossen, aber online ist das österreichische Kino offen. Der VOD-Club der österreichischen Programmkinos ist so eine Plattform, oder Flimmit. Unter dem Motto „Streamen auf österreichisch“ bietet sie alles an, was es im Nachbarland an Film und Fernsehen gibt. Aber Flimmit sagt mir knallhart: „Sie befinden sich gerade in Italien. Zur Zeit ist Flimmit nur für Einwohnerinnen und Einwohner folgender Länder verfügbar: Österreich, Schweiz, Deutschland“. Dazu gehöre ich nicht. 

Der einzige Weg zu Flimmit, VOD oder ins THW-Festival ist eine VPN-Adresse. Sie anonymisiert meine Identität. VPN-Adressen gibt es zu kaufen. Illegal sind sie also nicht, aber ein teurer Umweg, und immer öfter werden VPN-Adressen ebenfalls blockiert. 

Geoblocking weltweit

Eins muss ich sicherheitshalber klarstellen: Ich bin gerne bei Italien, kämpfe nicht für den Wiederanschluss ans Vaterland, giere auch nicht nach dem Doppelpass, aber etwas Doppelspaß bei TV und Film wäre doch ganz schön. Geoblocking funktioniert übrigens in alle Richtungen, ist eine internationale Unart. Während wir in Italien die Möglichkeit hatten, das gesamte Filmfestival „Festival dei Popoli“ aus Florenz anzusehen (läuft noch), schauen die Interessierten aus Österreich auf leere Bildschirme. Geoblocking.

Und inzwischen 

Über „This Human World“ werde ich mir später von denen, die in Österreich leben, erzählen lassen. Und ich werde weiter hoffen, dass die eine oder andere Rarität aus dem Programm auch in meiner Nähe gezeigt wird. 

Die Wartezeit vertreib ich mir damit, dass ich noch einmal „Der Taucher“ von Günter Schwaiger ansehe, auf der Homepage des BFFB nur noch heute.

Außerdem suche ich weiter im Netz, und wenn gar nichts mehr geht, flüchte ich mich auf RaiPlay. Dort gibt es aktuell in der Rubrik „Effetto Truffaut“ fast sein gesamtes Werk zu sehen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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