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Mit dem Täter eingesperrt

Foto: La Strad/unsplash/Artem Maltsev

Anlässlich des Internationalen Tages der Kinderrechte, der jedes Jahr am 20. November gefeiert wird, möchte der Verein „La Strada – Der Weg ONLUS“ dazu einladen, über die Folgen nachzudenken, die der erste und zweite Lockdown für viele gefährdete Minderjährige hatte und haben wird.

„Schon während des ersten Lockdown waren die Minderjährigen von allen ihren Kontakten isoliert, vor allem von ihren Altersgenossen“ – berichtet Cristina De Paoli, Psychologin und Koordinatorin des Zentrums Il Germoglio – Der Sonnenschein, das auf die Prävention von Gewalt gegen Minderjährige spezialisiert ist.

„Die Kinder konnten den Kontakt nur durch soziale Medien und technische Hilfsmittel aufrechterhalten. Wenn all dies für so viele junge Menschen ohne besondere problematische Situationen schon schwierig und destabilisierend war – fährt De Paoli fort – „stellen wir uns vor, wie dramatisch es für die Minderjährigen war, die in einer äußerst konfrontativen und gewalttätigen Familie leben und sich 24 Stunden am Tag mit dem Täter in ihren Häusern eingesperrt wiederfinden. Von einem Moment auf den anderen gerieten alle Orte der Begegnung und Konfrontation, an denen sich die Kinder und Jugendlichen gewöhnlich aufhalten, wie Schulen, Jugendzentren, Sportvereine, Pfarreien und Familien, plötzlich in die Isolation.“

Nicht alle Eltern seien für diese Situation gerüstet gewesen, und so hätten nicht wenige Kinder Ängste und Sorgen, Schlaflosigkeit, Albträume und in den schwersten Fällen depressive Störungen und Zwangsgedanken entwickelt.

„Für die missbrauchten Kinder bedeutete die Isolation zu Hause die absolute Unmöglichkeit, sich signifikanten Erwachsenen anzuvertrauen und um Hilfe zu bitten, was ihr Gefühl der Hilflosigkeit und Resignation verstärkte“, so Di Paoli.

Cristina De Paoli

„Wie wir wissen“, fügt Marina Bruccoleri, Leiterin des Bereichs Frauen und Chancengleichheit, hinzu, „ist Gewalt nicht nur häusliche Gewalt, sondern wird auch online konsumiert, mit Phänomenen wie Stalking, Mobbing und sexueller Belästigung, die während der sozialen Distanzierung ebenfalls zunehmen und bei denen häufig die am stärksten betroffene Gruppe die der Mädchen ist.“

Leider fehle es an offiziellen Daten über das Phänomen der Gewalt gegen Minderjährige während des Lockdown: die einzigen Daten, die vorliegen, sind die von Frauenhäusern gemeldeten Daten über die Gewaltzeugenschaft (bei der Kinder Gewalt unter anderen Familienmitgliedern miterleben), die sich offenbar verdreifacht hat.

Außerdem – so De Paoli abschließend – ist es in diesen Zeiten des erzwungenen Lebens zu Hause sehr schwierig, unsere Präventionsarbeit fortzusetzen, weil uns die Orte – allen voran die Schule – fehlen, an denen wir Kinder und Familien treffen können.

Aus diesem Grund sei es sehr wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger, die Gewaltsituationen beobachten, sich an die Helpline 800832842 wenden, um mögliche Situationen häuslicher Gewalt zu melden.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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