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Der Machtpoker

Paul Rösch

Nach der Kritik des Meraner Bürgermeisters an seinen potentiellen Koalitionspartnern herrscht dicke Luft. Kommt es zu Neuwahlen?

Die Stellungnahme von Bürgermeister Paul Rösch zum aktuellen Stand der Meraner Koalitionsverhandlungen ist bei seinen potentiellen Partnern gar nicht gut angekommen.

Rösch hatte – pikanterweise über die offizielle Internet-Seite der Gemeinde Meran – scharfe Kritik am Verhalten der SVP, Alleanza per Merano und Civica per Merano geübt.

Der mit 37 Stimmen Unterschied wiedergewählte Bürgermeister schrieb unter anderem:

„Die drei Parteien betonen immer wieder, man müsse in den Verhandlungen den Wählerwillen respektieren, was sie allerdings vergessen, ist, dass die Wähler mich zum Bürgermeister und mein Listenbündnis zum stärksten im Gemeinderat gemacht haben.“

Wenn es den drei Listen, die bis dato nur im Paket auftreten, wirklich um den Wählerwillen (und um die Stadt) ginge und nicht nur um die eigene Macht, sei dies das erste, was sie zur Kenntnis nehmen müssten, so Rösch. „Diese Wahl hat Gewinner und Verlierer hervorgebracht, es hat Parteien gegeben, die an Stimmen zugelegt, und solche die verloren haben, es hat Kandidaten gegeben, die es in die Stichwahl geschafft haben, und solche die außen vor geblieben sind, und es hat in der Stichwahl einen Kandidaten gegeben, der diese gewonnen hat, und einen, der sie – wenn auch knapp – verloren hat. Daran und nur daran ist der Wählerwille ablesbar.“

Die von SVP, Alleanza per Merano und Civica per Merano gebetsmühlenhaft wiederholte Formel von den „drei Blöcken“ sei nichts anderes als der Versuch, das vor der Wahl geschmiedete Bündnis zwischen den drei Parteien in der neuen Regierung fortzusetzen, obwohl man die Wahl verloren habe. Was man dabei vergesse: „Die Meranerinnen und Meraner haben mich mit der Regierungsbildung beauftragt“, so Rösch.

Wenn nun die SVP und die beiden italienischen Bürgerlisten versuchten, die Verhandlungen an sich zu reißen und mit Erpressungsversuchen zu arbeiten, werde der Wählerwillen mit Füßen getreten. „Und es ist auch der Versuch, den gewählten Bürgermeister in der eigenen Stadtregierung zur Minderheit zu machen und jene Listen an die Macht zu bringen, die von den Bürgerinnen und Bürgern auf die Plätze verwiesen worden sind“, so Rösch. Bei der von der SVP und den beiden italienischen Bürgerlisten geforderten Koalition hätte die Liste des Bürgermeisters drei Stimmen im Stadtrat, SVP und Bürgerlisten hätten vier.

Aus diesem Grund kommt für Bürgermeister Rösch eine Koalition in dieser Form nicht in Frage.

Die Reaktionen auf diesen Rundumschlag des Bürgermeister ließen nicht lange auf sich warten.

„Wenn der Bürgermeister den Stadtrat erweitern will, weil er in seinem Listenbündnis bereits vorab die Posten verteilt hat, dann tragen wir das mit, lassen uns aber dafür nicht die Schuld in die Schuhe schieben“, sagt nun SVP-Chefverhandler und Gemeinderat Ernst Fop. Er widerspricht dem Bürgermeister: „Es gibt bei diesen Wahlen keine Sieger, ich sehe nur drei gleich starke Blöcke, die ihrer Wählerschaft gegenüber Rechenschaft schuldig sind“. Die Bürger würden eine arbeitende Regierung wünschen. „Wenn nach den Wahlen das Ergebnis mit Sesselrücken zurechtgehobelt wird, nur damit Versprechungen eingelöst werden, dann verstehen das die Wähler nicht“, so Fop.

Dass nun ausgerechnet Rösch, der immer gegen den Postenschacher aufgetreten sei, unbedingt einzelne Personen unterbringen wolle und hierfür Neuwahlen riskiere, sei befremdlich. „Zuerst müssen wir über die Zusammensetzung der Regierung reden, dann über die Personen“, fordert Fop. Er wartet nun darauf, dass Paul Rösch für kommende Woche eine weitere Sitzungsrunde einberuft.

Bei den italienischen Bürgerlisten reagiert man sauer auf die Stellungnahme des Bürgermeisters. Für Sprecher Enrico Lofoco ist sie gar eine „Verunglimpfung“, die obendrein auf der offiziellen Homepage der Stadtgemeinde Meran veröffentlicht wurde. Lofoco: „Die Machtspiele betreiben nicht wir, sondern der Bürgermeister, der einen Keil zwischen unsere drei Listen treiben will“.

Zu Wort gemeldet hat sich auch neuerlich der knapp unterlegene Bürgermeister-Kandidat des italienischen Bürgerlisten, Dario Dal Medico. Er wirft Rösch vor, mitten in der zweiten Corona-Welle Neuwahlen zu riskieren.

Das ist der Brief, den der Meraner SVP-Obmann Ernst Fop an die Medien geschickt hat:

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (157)

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  • andreas

    Rösch nimmt anscheinend an, dass er als Diktator gewählt wurde und sich die anderen Parteien seinen Wünschen zu fügen haben.
    Seine „3 Gegner“ werden diesen Kapitalfehler gewiss bei einem kleinen Umtrunk begeistert gefeiert haben. 🙂

    • leser

      Andreas du lopp
      Rösch hat die wahl als person gewonnen und er tut gut daran die partei der soldaten und die walschen aussen vor zu lassen
      Wir haben das schon damals in toblach so erlebt und toblach hatte den besten bürgermeister
      Es ist höchste zeit schlüsselpositionen mit leuten ohne parteikartl zu besetzen

  • pfendtpeter

    Kurze Gegenfrage: hat die SVP jemals die Opposition an den Gemeindeausschüssen beteiligt, wo sie die Mehrheit hatte?

  • heinz

    Die SVP und die italienischen Bürgerlisten sollen sich nicht als Wahlsieger aufspielen. Dies ist nämlich, wenn auch bei der Stichwahl nur knapp, BM Rösch, der weiterhin die Richtungskompetenz innehat. In einer Demokratie ist immer noch jener Wahlsieger, der 50 Prozent der Stimmen + 1 Stimme erhalten hat.
    Vielleicht sollten diese Herren mal daran erinnert werden, dass sie beim ersten Wahlgang 900, bzw. 1100 Stimmen weniger erhalten haben als Rösch. Daraus einen Wechselwillen der Mehrheit der Meraner Bevölkerung abzuleiten ist mehr als abenteuerlich.

  • andreas

    Anscheinend haben manche Demokratie nicht wirklich verstanden.

    Rösch hat nur eine relative Mehrheit und hat sich Koalitionspartner zu suchen, so wie in jedem anderen demokratischen Staat.

    Wenn er das nicht auf die Reihe bekommt, wonach es aussieht und durchaus begründet ist, hat er versagt und es gibt Neuwahlen.
    Das System funktioniert so und daran wird ein heulender Rösch auch nichts ändern.

    • leser

      Anderle
      Bei den armseligen kruechern aus dem svplager hat der rösch ein leichtes spiel aych wenn er durch seine gebildete persönlichkeit gehandigcapt ist

    • george

      @andreas
      Dein letzter Kommentar wäre durchaus plausibel, wenn du nicht immer wieder so unterschwellige Seitenhiebe setzen würdest: „……wonach es aussieht und durchaus begründet ist, …..“. Solche Zwischensätze sind überflüssig.

  • heinz

    Es ist die SVP, die bereits seit Jahren ein erbärmliches Bild abgibt.
    Bezeichnend ist, dass von den acht Edelweißabgeordneten alle Männer sind.
    Die SVP ist auch nicht die stärkste Fraktion im Gemeinderat, das sind ganz klar die Grünen, die acht Vollmandate erhalten haben, die SVP hingegen 7 Vollmandate und ein Teilmandat.
    Samt Team K und und PD verfügt Rösch über 10 Abgeordnete. Von drei gleich starken Blöcken zu sprechen ist daher schlichtweg falsch.

  • vinsch

    Also Rösch hat ein Drittel der Meraner hinter sich und die beiden anderen Parteien 2 Drittel. Jedes Volksschulkind versteht, dass letztendlich die anderen entscheiden (sofern diese sich verstehen und es hat ja den Anschein, die sind ja wesentlich diplomatischer..) Also Herr Rösch, entweder finden Sie ein Aus-bzw. Abkommen mit den beiden Parteien oder es gibt Neuwahlen. Aber dann wäre Rösch sowieso der Verlierer. Die anderen hätten ja nur zu gewinnen. Aber wahrscheinlich versteht Rösch das gar nicht… Denn 2 Drittel der Meraner werden Rösch die Schuld zuschreiben und 34 Stimmen wird man sicherlich finden ….

    • heinz

      @vinsch
      Das sehe ich vollkommen anders.
      Ein Großteil der SVP-Wähler werden bestimmt nicht goutieren, wie diese teils heimlich, teils offen den italienischen Mitte-Rechts-Kandidaten Dal Medico unterstützt hat.
      Deswegen glaube, dass Rösch bereits im ersten Wahlgang gestärkt würde. Er hat seine Vorschläge deponiert, ein Scheitern der Verhandlungen würde vor allem der Volkspartei und Dal Medico in die Schuhe geschoben.

  • artimar

    Wenn Rösch bereits im Vorfeld von Verhandlungen mit den Parteien der Mitte den Begriff „Block“ medial lanciert, war wohl wenig zu erwarten. Das klingt wenig nach echter Bereitschaft, Verhandlung, als vielmehr nach Fortführung des Wahlkampfs.

    https://www.altoadige.it/cronaca/merano/merano-fumata-nera-per-la-formazione-della-giunta-1.2449672

    Die beiden „Blöcke“ wären nach dieser Logik Röschs demnach dann ja wohl Team Rösch-Grüne, TK, Ökosoziale Linke zusätzlich mit PD einerseits und konsequenterweise andererseits SVP – Bürgerlisten Alleanza-Civica, zusätzlich mit Lega, FdI, die, wie der PD den Rösch, stattdessen Dal Medico unterstützt haben. Also 34 Gemeinderäte.
    Dass die Parteien der Mitte und der Mehrheit im Gemeinderat mit Röschs „Blöcke-Ideo-logik“ und Umgang, den provokanten Zuschreibungen und dem Diktat Röschs samt Ultimatum per SMS wenig anzufangen vermögen, ist nachvollziehbar.
    Rösch vergisst, dass es sich auch eine Mehrheit aus SVP-Bürgerlisten Alleanza-Civica und Lega ausgeht. Ob BM Rösch nach der Nichtannahme seiner Bedingungen, conditiones sine quibus non mit Deadline, sprich Ultimatum, in der Folge nun zurücktritt und den Weg frei gibt, ist eine andere Frage.
    Diese unmögliche Situation kann nur durch Neuwahlen gelöst werden. Ich traue einem Kommissar mittlerweile bedeutend mehr zu, als Parteien und Akteure, die sich untereinander nicht ausstehen und einfach nicht miteinander können; und das für die nächsten fünf Jahre.
    Bozen wurde – unter Begrüßung der Grünen damals – auch ein Jahr kommissarisch verwaltet und es gab für die Bürger-innen keine Nachteile

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