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Neues Handbuch für Jugendarbeit

Die Redaktionsgruppe des Handbuchs: Maria Lobis, Johannes Fink, Tobias Stecher, Irene Ohnewein, Ulrike Huber, Maria Karnutsch, Gunther Niedermair. (Es fehlt: Angelika Sanin) (Foto: netz | Offene Jugendarbeit)

Vertrauensvolle und stabile Beziehungen stehen im Mittelpunkt der Offenen Jugendarbeit (OJA): So steht es im neuen Handbuch. Beziehung aber erfordert Zeit, Raum und Kontinuität. Das wollen die rund 150 beruflich Tätigen und die mehr als 500 Ehrenamtlichen in den 53 Südtiroler Jugendtreffs, Jugendzentren und Jugendkulturvereinen den jungen Menschen ermöglichen.

 Diese Einrichtungen sind beim landesweiten Dachverband netz I Offene Jugendarbeit zusammengeschlossen. Am 9. Oktober hat netz das OJA-Handbuch vorgestellt. Acht engagierte Jugendarbeiter*innen und Geschäftsführende von Südtiroler Jugendeinrichtungen haben in den vergangenen 18 Monaten daran gearbeitet. Die Neuauflage informiert über Dialoggruppen, Prinzipien, Ziele, Wirkungen, Tätigkeitsfelder und Rahmenbedingungen der Offenen Jugendarbeit.

Nach fast zehn Jahren sei es an der Zeit gewesen, das bestehende Handbuch zu überarbeiten. Der Präsident des Dachverbandes, Robert Perathoner betonte, dass Offene Jugendarbeit ständig gefordert sei, sich den Bedürfnissen junger Menschen anzupassen und auch dann Ansprechpartnerin zu bleiben, wenn es schwierig wird.

Offene Jugendarbeit stehe für professionelle Arbeit mit jungen Menschen und orientiere sich an ihren Lebenswelten, sagte netz-Geschäftsführerin Karin Husnelder. OJA finde dort statt, wo sich junge Menschen begegnen: in Jugendräumen, Jugendtreffs, Jugendzentren, an jugendkulturellen Plätzen, auch im öffentlichen und virtuellen Raum.

Bei den Treffen der achtköpfigen Redaktionsgruppe wurde verschriftlicht, was Offene Jugendarbeit bedeutet, wie sie gewachsen ist, wo sie stattfindet, an wen sie sich richtet, nach welchen Prinzipien sie handelt, welche Ziele sie verfolgt und wie sich ihre Praxis gestaltet. Offen sein in der OJA bedeute, Menschen unterschiedlichster Gruppierungen, Szenen und Kulturen unvoreingenommen, verständnisvoll und reflektiert zu begegnen, sagte Maria Karnutsch. Als netz-Mitarbeiterin hat sie bei der Neuauflage mitgewirkt und die Redaktionsgruppe durch die insgesamt 70 Treffen begleitet.

Gunther Niedermair vom Jugend- und Kulturzentrum UFO in Bruneck gehört zum Redaktionsteam. Er stellte die Tätigkeitsfelder der OJA vor. Dazu gehören unter anderem die Kultur- und Sozialarbeit, Jugendpolitik, Prävention und Jugendinformation. Das Herzstück der Offenen Jugendarbeit sei aber nach wie vor die Treffarbeit, sagte er. Im Treff ist nur wenig vorstrukturiert und das scheinbare Nichtstun ist ausdrücklich erlaubt. Es sei ein Platz zum Sein, an dem sich junge Menschen leistungsfrei und ergebnisoffen begegnen, an dem aktive Beteiligung und Selbstorganisation der Heranwachsenden erwünscht sind.

Offene Jugendarbeit ermutige junge Menschen, Ideen zu entwickeln, Diskussionen zu führen und Handlungsspielräume zu nutzen. So erleben sie Gemeinschaft und entwickeln Identität, sagte Johannes Fink. Als Mitarbeiter im Jugenddienst Lana-Tisens und Mitglied der Redaktionsgruppe betonte er, OJA sei ein Ort der Sozialisierung außerhalb von Familie und Schule. Offene Jugendarbeit fördere die Verantwortung junger Menschen für sich und die Gesellschaft.

Qualitätsvolle OJA erfordert finanzielle, personelle, infrastrukturelle und rechtliche Grundlagen, sagte Tobias Stecher, ein weiteres Redaktionsgruppen-Mitglied und Geschäftsführer des Jugenddienstes Obervinschgau. Tobias zeigte auf, dass sowohl ehrenamtlich Tätige als auch berufliche Fachkräfte, junge Menschen mit ihren Fähigkeiten, ihrem Engagement und Wissen beim Heranwachsen begleiten. OJA wird öffentlich und privat finanziert. Gesetze und Leitlinien definieren die Zusammenarbeit zwischen Jugendeinrichtungen, Politik und Verwaltung.

Lebendig bleibe Offene Jugendarbeit, wenn sie diskutiert und kritisch hinterfragt, wenn sie gesellschaftliche Herausforderungen mutig annimmt, mit Rückgrat und Selbstverständnis auftritt, sagte Maria Karnutsch abschließend. Bis heute bewegt sich die Offene Jugendarbeit im Spannungsbogen zwischen gesellschaftlicher Kritik und Anerkennung. OJA stellt eine Alternative zu herkömmlichen Angeboten dar, setzt sich für ein offenes Weltbild ein und will Trennendes überwinden. Offene Jugendarbeit handelt im Auftrag junger Menschen und ist Akteurin in unserer Gesellschaft.

In der Arbeitsgruppe haben neben Maria Karnutsch, Gunther Niedermair, Tobias Stecher und Johannes Fink, auch Irene Ohnewein vom Jugendzentrum Fly in Leifers, Angelika Sanin vom Jugend- und Kulturzentrum Kuba in Kaltern, Ulrike Huber vom Jugendzentrum Papperlapapp in Bozen mitgearbeitet. Die Journalistin Maria Lobis hat die Prozess- und Textbegleitung übernommen.

Der Landesrat für deutsche Bildung und Kultur Philipp Achammer unterstreicht, dass mit dem Handbuch ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft gesetzt worden sei. Junge Menschen bräuchten außerhalb von Schule und Elternhaus dringend Räume und Menschen, wo sie ganz sie selbst sein dürfen, wo sie sich offen, niederschwellig, freiwillig und partizipativ einbringen können. Helga Baumgartner, geschäftsführende Direktorin im Amt für Jugendarbeit, freute sich über das umfangreiche Werk, das sowohl den Mitarbeitenden in den Jugendeinrichtungen als auch der Gesellschaft Überblick und Halt gebe.

Das Handbuch der Offenen Jugendarbeit steht online unter www.netz.bz.it zur Verfügung und ist in gedruckter Form beim Dachverband netz in der Goethestraße 42 in Bozen und in allen 53 Einrichtungen der Offenen Jugendarbeit im ganzen Land erhältlich. In den nächsten Monaten wird das OJA-Handbuch in die italienische Sprache übersetzt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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