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Bestrafte „Schwänzer“

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Der Sanitätsbetrieb verhängt monatlich weit mehr als 1.000 Strafen wegen nicht-abgesagter Termine. Allerdings gibt es zahlreiche (erfolgreiche) Rekurse.

von Heinrich Schwarz

Seit Anfang des letzten Jahres setzt es eine Verwaltungsstrafe von 35 Euro (plus 15 Euro für die Bearbeitung und Zustellung), wenn eine vorgemerkte Gesundheitsleistung nicht oder verspätet abgesagt wird. Wie Sanitätslandesrat Thomas Widmann auf eine Landtagsanfrage der Freiheitlichen Abgeordneten Ulli Mair mitteilt, hat der Sanitätsbetrieb bisher insgesamt 13.917 Verwaltungsstrafen zugestellt – und zwar in Bezug auf Termine von Januar bis Oktober 2019.

„Die Verwaltungsstrafen, die die Monate November und Dezember 2019 sowie das Jahr 2020 betreffen, wurden noch nicht zugestellt. Die entsprechenden Listen werden in den nächsten Monaten schrittweise kontrolliert und anschließend an die Buchhaltung für den Versand an die Bürger übermittelt“, erklärt Widmann.

Die bisherige Erfahrung zeigt, dass monatlich weit über 1.000 Termine nicht abgesagt werden. Im Oktober 2019 waren es sogar über 2.000 (siehe Grafik).

Auch interessant ist die niedrige Zahlungsmoral: Von den rund 5.232 zugestellten Strafen für Termine zwischen Januar und Mai 2019 erfolgte in 1.619 Fällen innerhalb von 30 Tagen weder die Zahlung noch ein Rekurs. Die Folge: ein Bußgeldbescheid mit weiteren Spesen von 15 Euro. Die Daten ab Juni 2019 sind noch nicht bekannt.

Immer auf Anfrage von Ulli Mair teilt Thomas Widmann weiters mit, dass für die bisher rund 14.000 zugestellten Verwaltungsstrafen 1.514 Rekurse eingegangen sind. Die Erfolgsbilanz der rekurrierenden Bürger ist groß: Drei Viertel der bisher bewerteten Rekurse wurden angenommen. „Die Gründe für die Annullierung der Strafe können unterschiedlich sein“, sagt der Landesrat. Beispiele sind gesundheitliche Notfälle, Todesfälle von Angehörigen, Öffi-Streiks oder Naturkatastrophen.

Ulli Mair kritisiert, dass die Strafen häufig erst nach einem Jahr zugestellt werden. Und sie macht auf die Situation vieler älterer, alleinstehender Menschen aufmerksam, „die oft nur mit der Mindestrente über die Runden kommen müssen, Termine oder Vormerkungen vergessen oder es versäumen, diese rechtzeitig abzusagen.“ Manche könnten sich eine Strafe über 50 bis 65 Euro auch schlichtweg nicht leisten.

Thomas Widmann sagt dazu, dass man mit Einführung der Verwaltungsstrafen eine Sensibilisierungskampagne gestartet habe, wo versucht worden sei, alle Altersgruppen bestmöglich zu erreichen. Zudem könne man sich bei Unklarheiten oder Fragen an den Sanitätsbetrieb wenden.

Auf die direkte Frage von Ulli Mair, ob die Landesregierung überzeugt davon ist, dass eine Strafe wegen einer verabsäumten Absage für Bezieher der Mindestrente gerechtfertigt ist, antwortet Widmann: „Die Einführung der Verwaltungsstrafe ist nur eine der vielen Maßnahmen, die zur Reduzierung der Wartezeiten für ambulante Fachleistungen umgesetzt wurden. Ziel ist es, die Bürger dahingehend zu sensibilisieren, vorgemerkte Termine, die nicht mehr benötigt werden, termingerecht abzusagen, damit diese an einen anderen Patienten vergeben werden können. Vor diesem Hintergrund hat es die Landesregierung als sinnvoll erachtet, auch ticketbefreite Patienten – wie es die Bezieher der Mindestrente sind – in diesem Sinne in die Pflicht zu nehmen.“

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Kommentare (3)

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  • vinsch

    Die Strafen sind hier vollkommen richtig. Dass das Vormerkungssystem für ältere Menschen schwierig ist, das gebe ich zu und an dem kann man arbeiten. Aber es sind sicher nicht die älteren Menschen, die dann einen Termin nicht wahr nehmen.

    • rumer

      Strafen und Eiertreten können unsere Politiker. Aber einen funktionierenden Sanitätsdienst kriegen sie nicht hin. Wenn mal ein paar Termine ausfallen, wo ist das Problem? Das Problem ist, dass die Wartezeiten so lang sind, dass die Patienten schon wegsterben oder ganz einfach den Termin vergessen.
      Stelle die Südtiroler Sanität unter Nordtiroler Leitung, dann kommen wir wieder auf europäisches Niveau.

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