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„Wir sind nur Kulisse“

Die Opposition beklagt, dass die großen und wichtigen Corona-Entscheidungen im stillen LH-Kämmerchen und nicht im Landtag getroffen werden.

Von Matthias Kofler

Gegen halb 4 erhob sich Andreas Leiter Reber von seinem Landtagsstuhl, um sich zum Fortgang der Arbeiten zu Wort zu melden: „Ich ersuche den Landeshauptmann, zur allgemeinen Situation Stellung zu beziehen. Wir entnehmen den Medien, dass die italienische Regierung strengere Maßnahmen plant, etwa eine Vorverlegung der Sperrstunde und eine allgemeine Maskenpflicht. Am Montag fand eine Videokonferenz der Regionen statt, an der auch Sie, Herr Landeshauptmann, teilgenommen haben. Da wir in Südtirol ein Landesgesetz haben und die nächste Sitzungswoche erst im November stattfindet, möchten wir frühzeitig darüber informiert werden, ob wir aktiv werden müssen“, erklärte der Freiheitlichen-Obmann.

Leiter Reber ist einer von vielen Abgeordneten, die befürchten, angesichts der steigenden Corona-Infektionen wieder in die (undankbare) Zuschauerrolle schlüpfen zu müssen, während sich der LH als großer Krisenmanager profilieren kann. Arno Kompatscher scheint gewillt, die Entscheidungen über etwaige Verschärfungen der Corona-Regeln ganz alleine zu treffen. Dabei gilt in Südtirol seit Mai ein Landesgesetz, auf dessen Basis die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus geregelt werden. Laut Artikel 35 kann der LH nur Lockerungen, aber keine Verschärfungen vornehmen. Alle anderen Entscheidungen liegen in der Gewalt des Gesetzgebers, sprich des Landtags. Davon gingen zumindest jene Oppositionsfraktionen aus, die im Frühjahr für das Landesgesetz gestimmt haben, nämlich Team K, Freiheitliche und Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit.

Kompatscher erklärte sich gestern zwar bereit, dem Landtag über die jüngste Videokonferenz Bericht zu erstatten. Seine Stellungnahme ist für den heutigen Vormittag geplant. Das Hohe Haus stärker in die Corona-Entscheidungen miteinzubeziehen, hat der LH aber nicht vor. Es stimme, dass im Landesgesetz lediglich von Lockerungen die Rede sei, sagt der SVP-Politiker auf Anfrage der TAGESZEITUNG. Dennoch wolle er auch etwaige Verschärfungen, sollten sie denn notwendig sein, mit eigener Verordnung – und eben nicht per Gesetzesänderung durch den Landtag vornehmen. „Wir interpretieren die Gesetzeslage so, dass mit Verordnung des Landeshauptmanns implizit auch Verschärfungen vorgenommen werden können. Für Verschärfungen, die im Einklang mit den staatlichen Regelungen stehen, haben wir ja bereits eine rechtliche Grundlage, dafür brauchen wir kein Landesgesetz“, so Kompatscher.

Die Grüne Brigitte Foppa bezeichnet die Vorgehensweise des Regierungschefs als „kurios und tragisch“. Während Ministerpräsident Giuseppe Conte und Gesundheitsminister Roberto Speranza dem römischen Parlament Rede und Antwort stünden, gehe in Südtirol der Trend seit Jahren in die andere Richtung. „Wir verabschieden immer mehr Gesetze, mit denen wir die Kompetenzen an die Landesregierung delegieren – der Landtag wird so zur Kulisse, die Abgeordneten werden zu Trockenschwimmern degradiert.“ Dabei sei der Parlamentarismus, der auf Meinungsaustausch, Dissens und Umschwenken beruhe, gerade in der jetzigen Phase so wichtig.

„Die Demokratie darf nicht in Quarantäne gesetzt werden. Wir als Opposition haben den gleichen Auftrag wie die Mehrheit, nämlich das Volk zu vertreten“, meint Foppa. Man habe gesehen, wie fehleranfällig die Landesregierung sei. Die Minderheit sei als warnende Stimme gefragt. „Nehmen wir als Beispiel die Maskenpflicht: Wir müssen die Vertretungsdiskussionen im Landtag austragen, denn sonst sucht sich jeder Mensch einen anderen Ort der Meinungsbildung, einen Ort, an dem er seine Energie ablässt, zum Beispiel seinen Nachbarn“, so die Grüne.

Sven Knoll will mit einem Beschlussantrag erreichen, dass die Corona-Maßnahmen des Landes autonom vom Landtag bestimmt werden. Masken sollen nur dort vorgeschrieben werden, wo es aus medizinischer Sicht notwendig ist, keinesfalls aber immer und überall im Freien.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (67)

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  • vinsch

    Ja, dann werden sie endlich laut und melden sich. Es gibt genügend Medien, die ihnen Gehör verschaffen. Bis dato haben sie sie kaum genützt.

  • huggy

    Frau Foppa hat es wohl nicht nötig Maske zu tragen!

  • andreas

    Wenn man sich den Unsinn durchliest, welchen hier manche Anhänger der Opposition von sich geben, ist es durchaus verständlich und zielführend.

    So wäre es z.B. mit einem Möchtegernphilosophen wie george unmöglich auf dem Punkt zu kommen, da er stundenlang mit irgendwelche pseudointellektuellen Gequatsche alles zerreden würde.

    • george

      @andreas
      Ich bin mit x-Leuten, ohne stundenlang solches Geschwätz daherzuquatschen wie du hier, oft sehr schnell auf einen Punkt gekommen. Da dürftest du wohl eine ziemliche Außenseiterrolle einnehmen und dazu aufzeigen, dass du selber nicht imstande bist konsequent und rasch tiefer Sachen hineinzudenken, die für einen zielführenden Dialog entscheidend sind. Pfui für dein inflationäres Niveau. Welch niedrige Bildung hast du eigentlich gehabt, dass du mit tiefgründiger denkenden Menschen nicht imstande bist, positiv zu dialogisieren?
      Dein Gequatsche in diesem Kommentar hier ist nämlich „zerreden“ und nichts anderes. Und ’summer‘ ist natürlich mit seiner seichten Schreibstube damit einverstanden. Das spricht für sich.

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