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Der enthauptete Hirsch

In Völs sorgt ein toter Hirsch, der an einem Wanderweg gefunden wurde, für Aufregung. Erlegt hat ihn offenbar der Revierleiter. Hätte er den (stinkenden) Kadaver entsorgen müssen?

von Thomas Vikoler

„Es stank fürchterlich“. Das sagt der Wanderer, der das Tier, oder besser sein Kadaver, in der zweiten September-Woche bei einem Spaziergang auf einem Wanderweg bei St. Konstantin in der Gemeinde Völs gefunden hat. Vier Meter vom Weg entfernt lag ein toter Hirsch. Ohne Kopf.

Der geköpfte Hirsch wurde zu einem großen Thema bei der digital vernetzten Jägerschaft, mehrere Fotos von ihm sind im Umlauf. Auch eines, auf dem das tote Tier noch sein Geweih trug.

Seitdem steht eine jägerethische Frage im Raum: Hätte der Jäger, der den mehrere hundert Kilo schweren Hirsch erlegt hat, diesen entsorgen müssen? Oder zumindest vom Bereich des Wanderweges entfernen?

Die Frage ist auch deshalb brisant, weil der Revierleiter höchstpersönlich den Abschuss des Hirsches in den Wäldern von St. Konstantin gemeldet hat. „Verludert“ sei das Tier, wie der Revierleiter, Christoph Oberrauch, telematisch mitteilte. Das heißt in der Jägersprache, dass der Schuss des Jägers zunächst nicht tödlich war. Der Hirsch blieb mehrere Tage am Leben und verendete dann in der Nähe des Wanderweges.

Das Fleisch des Tieres war inzwischen ungenießbar, die Trophäe wurde aber, zusammen mit dem Kopf, abgenommen. „Das Geweih muss immer vorgezeigt werden, für die Registrierung des Abschusses“, sagt Revierleiter Oberrauch.

Er will gegenüber der TAGESZEITUNG allerdings nicht bestätigten, den Hirsch selbst geschossen zu haben. Obwohl er selbst die Meldung vom „verluderten“ Tier gemacht hatte. Mit Fotobeweis.

In der Völser Jägerschaft ist die Aufregung über den geköpften Hirsch jedenfalls groß. Dort ist man vielfach der Ansicht, dass das tote Tier am Wegesrand dem Ansehen der Waidgenossen schadet. So wie ein Bauer eine tote Kuh von der Weide entferne, hätte auch der tote Hirsch – mit einer Seilwinde oder einem Traktor – weggeschafft werden müssen. Jedenfalls an eine andere Stelle im Wald, wo kein Wanderweg vorbeiführt.

Revierleiter Oberrauch, der mutmaßliche Erleger des Hirsches, ist da anderer Ansicht: „Da kann jeder machen, wie er will. Es gibt keine Pflicht, den Kadaver zu bergen. Außerdem entsorgt die Natur sich selbst. Füchse und andere Wildtiere machen sich über die Reste her, die in einigen Wochen nicht mehr zu sehen sein werden“.

Die Jäger entgegnen dem, dass diese Methode der Entsorgung allein im unwegsamen Gelände, wo eine Bergung unmöglich ist und kaum Menschen unterwegs sind, erlaubt sei. Ein verendetes Tier an einem Wanderweg liegen zu lassen, hingegen nicht.

Benedikt Terzer, Direktor des Südtiroler Jagdverbandes, gibt sich in dieser Frage zunächst diplomatisch. Jäger müssten das erlegte Tier einer „sinnvollen Nutzung“ zuführen. Dies gelte aber allein, wenn das Fleisch verwertbar ist. „Eine juristische Verpflichtung, ein verendetes Tier wegzuschaffen, gibt es aber nicht“, sagt Zerzer schließlich.

Damit sind nicht alle Zweifel ausgeräumt. Inzwischen wurde der Hirsch-Fund am Wegesrand der Forstbehörde gemeldet. Mit dem Hinweis, dass der Umweltschutz auch für Jäger gelten müsse.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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