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Die Zukunftssorgen

Michael Auer

Michael Auer, Präsident des Baukollegiums, über die Sorgen der Betriebe vor 2021 – und über die Probleme und Chancen des 110-Prozent-Superbonus.

Tageszeitung: Herr Auer, das Baugewerbe in Südtirol scheint derzeit gut zu laufen – auch weil sich durch den Lockdown viele Arbeiten verzögert haben. Für 2021 haben die Betriebe aber Sorgen, dass weniger investiert wird. Ist die Sorge berechtigt?

Michael Auer: Schwierig zu sagen. Es stimmt, dass recht viel Unsicherheit da ist aufgrund dessen, was infolge des Lockdowns in den anderen Wirtschaftssektoren passiert – vor allem im Tourismus, der stark mit dem Bau verbunden ist. Man weiß nicht genau, was 2021 in diese Richtung passiert.

Ganz viel wird also vom Tourismus abhängen, sprich ob die Hotels investieren oder nicht?

Genau. Der Tourismus ist ein wichtiger Motor für den Bau. Ein anderer wichtiger Motor ist die öffentliche Hand. Vor allem das Land schaut, sein intensives Arbeitsprogramm, das mehr auf den Tiefbau bezogen ist, durchzuziehen. Landesrat Daniel Alfreider hat mir das erst kürzlich bestätigt. Was schon ein bisschen Sorge bereitet, sind die Gemeinden, die teilweise die Immobiliensteuer gestundet haben, weshalb ihnen wichtige Einnahmen fehlen. Teilweise werden sie vom Land ausgeglichen, aber nichtsdestotrotz haben einige Gemeinden öffentliche Arbeiten mal auf die lange Bank geschoben.

Wobei Italien schon angedeutet hat, dass im Rahmen des EU-Wiederaufbaufonds viel Geld an die Gemeinden gehen könnte…

Genau, das sind die positiven Seiten. Beim Recovery Fund liegt es aber momentan an der EU, gewisse Richtlinien auszuarbeiten, bevor Italien dasselbe tun muss und das Geld letztendlich nach Südtirol kommt. Aber es gibt sicher einen Anreiz, die entgangenen Einnahmen der Gemeinden auszugleichen, damit zumindest die geplanten Ausschreibungen weitergehen.

Als große Chance für eine gute Auftragslage wird der 110-Prozent-Superbonus bezeichnet. Allerdings hört man von Interessierten, dass sie kaum Firmen finden, weil es offenbar große Risiken rund um den Bonus gibt…

Beim Superbonus spielen mehrere Faktoren hinein. Einmal verursacht das neue Landesgesetz für Raum und Landschaft momentan ein Projektvakuum, weil teilweise noch Durchführungsbestimmungen fehlen – vor allem im Tourismus – und somit etwas Unsicherheit vorherrscht. Allein dieses Thema bremst die Wirtschaft ein. Beim Superbonus sollte bis Ende nächsten Jahres der Bau abgeschlossen sein. Da gibt es einen relativ großen Zeitdruck. Zweitens ist die Finanzierung ein Thema. Viele Private erwarten sich, dass die Baufirma die Arbeiten finanziert. Die Firmen können es sich heute aber nicht leisten, gratis zu bauen und das Geld dann vom Staat zu holen. Bankinstitute und Alperia arbeiten nun Finanzierungsmodelle aus.

Man hört auch von Unsicherheiten bezüglich möglicher Formfehler und der Einstufung der Energieklassen…

Das ist die nächste Problematik. Baufirmen zu finden ist weniger schwer. Mehr sind es die Planer bzw. Techniker, die die Berechnung machen. Es geht nämlich nicht nach den in Südtirol bisher standardmäßigen Energieklassen der Klimahaus-Agentur, sondern nach italienischen Richtlinien, mit denen Südtiroler Techniker bis jetzt eigentlich nicht gearbeitet haben. Teilweise versucht die Klimahaus-Agentur, dieses Vakuum selber zu füllen – mit einem Angebot unter anderem für die Erhebung der aktuellen Energieeinstufung und die zu treffenden Maßnahmen, um zwei Energieklassen zu steigen. Ich denke, dass es bei den Anträgen gleich mal zu einem Stau kommen wird.

Da einige Stellen hier aktiv geworden sind, könnte Südtirol somit ziemlich vom Superbonus profitieren?

Die Baufirmen werden nicht das Problem sein. Wenn die Finanzierungsinstitute eine Lösung finden und die Urbanistik schneller bzw. effektiver wird, ist das sicher ein großes Plus für alle.

Werden alle Unternehmen im Bausektor diese Krise langfristig überleben?

Gute Frage. Durch die verschiedenen Covid-Finanzierungen sehe ich kein unmittelbares Firmensterben. Eher überlegen sich manche, ob sie sich das Weiterarbeiten unter diesen Umständen und Komplikationen überhaupt noch antun. Firmen könnten in Probleme kommen, wenn die Stundungszeit ausläuft und Rückzahlungen wieder fällig sind. Dieses Problem wird eher auf 2022 verlagert.

Interview: Heinrich Schwarz

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (1)

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  • leser

    Die frage wurde hier aber nicht beantwortet
    Gehts der bauwirtschaft nun gut ider schlecht?
    Braucht sie mehr subventionen oder nicht?
    Finanzueren die banken oder nicht?
    Jedenfalls klar muss eines sein, dass man die baubranche nicht mit öffentlichen aufträgen sprich bürgergeld durchfûttern kann
    Und dass man bûrgergeld beispielsweise über alperia zweckentfremdet
    Und dazu kriegt es noch keiner mit

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