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„Situation ist extrem prekär“

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Die Reisebüros in Südtirol kämpfen ums Überleben: Nur die wenigsten Büros haben im Sommer kostendeckend gearbeitet – und auch die Aussichten sind düster.

von Lisi Lang

Die Grenzöffnungen im Sommer haben die Reisebüros nicht wie erwartet aufatmen lassen. „Wir haben nachdem die Grenzen aufgegangen sind einen Hoffnungsschimmer und ein kleines Flackern am Ende des Tunnels gesehen“, sagt Marius Gebhard von Mein Reisebüro Lufthansa City Center in Brixen. Dieses Flackern ist in den letzten Wochen und Monaten aber wieder beinahe erloschen. „Wir waren letzten Endes gezwungen, wie die meisten anderen Reisebüros auch, gebuchte Reisen auch für diesen Sommer abzusagen oder umzubuchen“, erklärt Marius Gebhard.

Viele Umbuchungen waren es aber nicht. „Wir haben seit November eigentlich fast für die Katz gearbeitet, weil so gut wie alles abgesagt wurde – die Umbuchungen kann man wirklich abzählen“, bedauert Martina Paccagnel Schwarz von Hocheppan Reisen in Eppan. „Die Grenzöffnungen haben jetzt rückwirkend betrachtet gar nicht so viel gebracht, weil es nach wie vor in vielen Ländern Einreisebestimmungen gab und die Lage vielen Urlaubern einfach zu unsicher war“, erklärt Martina Paccagnel Schwarz.

Die meisten Südtiroler haben ihren Urlaub heuer im Inland verbracht, davon haben die Reisebüros aber nur wenig gespürt, weil viele ihren Urlaub selbst gebucht haben oder spontan verreist sind. „Wir haben nach dem Lockdown einzelne Buchungen für Italien gemacht“, bestätigt Birgit Lanzendörfer von Nouba Tours in Meran.  Und auch Marius Gebhard erklärt: „Ein bisschen Umsatz konnte in den letzten Wochen generiert werden – aber die meisten Reisebüros haben in keinster Weise kostendeckend gearbeitet, trotz Unterstützungsmaßnahmen von Staat und Land.“

Die Reisebüros sind sich einig, dass es dringend finanzielle Unterstützungen braucht, damit die Reiseveranstalter diese Zeit überstehen. „Unsere Branche hat die Auswirkungen des Coronavirus sicher als erste gespürt und wir sind ganz sicher jene Branche, die am längsten in einer Krise stecken wird – bevor sich die Welt nicht ein bisschen beruhigt, werden die Leute nicht ins Ausland reisen“, unterstreicht Birgit Lanzendörfer. „Wir sind seit März mit den politischen Stellen in Kontakt und sind jetzt an einem einigermaßen sich konkretisierenden Punkt angelangt – aber wir sprechen von einer Auszahlung frühestens im November und auch hier sprechen wir nur von Bröseln“, so Birgit Lanzendörfer.

Viele Reisebüros in Südtirol kämpfen deswegen ums Überleben, haben Mitarbeiter in den Lohnausgleich geschickt und hoffen nun schnellstmöglich auf umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen, damit sie ihre Betriebe retten können. „Die wirtschaftliche Situation aller Reisebüros und Reiseveranstalter ist extrem prekär“, bringt es Marius Gebhard auf den Punkt.

Was die Situation für die Reiseveranstalter noch zunehmend erschwert, ist der düstere Ausblick auf die kommenden Monate. Es gibt nämlich kaum Nachfrage für Reisen oder Urlaubsaufenthalte im Herbst und Winter. Man könnte bestimmte Reisen derzeit zwar buchen, aber das Interesse der Kunden ist gering. „Man weiß einfach nicht, ob neue Reisewarnungen ausgesprochen werden, welche Einreisebestimmungen gelten usw. – es ist einfach alles zu unsicher“, erklärt Martina Paccagnel Schwarz. Die Welt sei aktuell viel zu schnelllebig und den Urlaubern einfach nur zu unsicher. „Von einer Normalität werden wir noch lange nicht reden können – vielleicht aber von einer neuen Normalität“, hofft Marius Gebhard.

Die Reisebüros wollen aber optimistisch bleiben – schließlich könne bzw. müsse es einfach nur besser werden. „Wir hoffen ganz fest, dass es bald wieder eine Reisefreiheit geben wird – dies hoffen wir für unsere Branche aber vor allem für jeden Einzelnen, der gerne die Freiheit des Reisens genießt. Wir würden uns freuen, unseren Kunden wieder einzigartige, unvergessliche Urlaube zu ermöglichen“, hofft Martina Paccagnel Schwarz.

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