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Fehlende Schuldindizien

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Am 4. Juni wurde auf der Seiser Alm ein slowakischer Koch aufgrund eines europäischen Haftbefehls festgenommen. Doch die Auslieferung ist nun gestoppt worden.

von Thomas Vikoler

Er dachte, der Briefträger habe an der Tür geklingelt. Stattdessen waren es die Carabinieri von St. Ulrich mit einem europäischen Haftbefehl in der Hand. Den sie prompt an ihm vollstreckten.

Peter H., 34, ein Koch aus der Slowakei, der in einer Hütte auf der Seiser Alm als Koch arbeitete, wurde ins Bozner Gefängnis gebracht.

Inzwischen steht der Mann, dem bald Hausarrest zugestanden wurde, wieder am Herd des Alm-Restaurants. Und darf dort weiterhin tätig sein.

Die römische Kassation hat nämlich die vom Bozner Oberlandesgericht am 9. Juli verfügte Ausweisung von Peter H. aufgehoben. Eine neue Sektion des OLG muss den Fall erneut prüfen.

Laut der Verfügung der Kassation wurde die Auslieferung allein aufgrund des europäischen Haftbefehls vom 18. März verfügt – und nicht, wie gesetzlich vorgesehen, die Schuldindizien gegen den Tatverdächtigen näher geprüft. Kurz: Das Oberlandesgericht Bozen hat es unterlassen die Beweisquellen zu prüfen, aufgrund welcher ein slowakischer Untersuchungsrichter den Haftbefehl erlassen hatte. Darauf hatten in der Verhandlung die beiden Verteidiger Martin Fill und Hubert Oberarzbacher hingewiesen.

Peter H. wird vorgeworfen, im Jahre 2018 in Banská Bystrica zwei schwere Straftaten begangen zu haben. Im Juni 2018 soll er dort einen Kellner mit einer Waffe bedroht haben. Im November desselben Jahres hingegen einen (versuchten) Raubüberfall auf eine Metzgerei. Beides Mal war der Täter vermummt. Peter H. wurde deshalb in der Slowakei festgenommen, kam aber nach zwei Tagen in U-Haft wieder frei.

Wie nun die Kassation festhält, ist ein europäischer Haftbefehl allein kein Tatbeweis. Auch kein Beweis für schwere Schuldindizien, der Voraussetzung für eine Auslieferung an ein anderes EU-Land. Das Gericht muss prüfen, ob der Tatverdacht durch nachvollziehbare Elemente gestützt ist.

Das führt dazu, dass Peter H. weiter seinem Beruf auf der Seiser Alm nachgehen kann. Zumindest vorerst.

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