Du befindest dich hier: Home » News » „Man riskiert den Ruin“

„Man riskiert den Ruin“

Reinhard Steger

Der Präsident des Köcheverbandes, Reinhard Steger, warnt Corona-Infizierte davor, sich zu outen – insbesondere wenn sie im Gastgewerbe oder im Lebensmittelbereich tätig sind.

 von Artur Oberhofer 

Die Aussagen von Joe Morandell sind dem Präsidenten des Südtiroler Köcheverbandes, Reinhard Steger, sauer aufgestoßen.

In der TAGESZEITUNG hatte der Musiker und Hausmeister positiv auf Corona Getestete aufgerufen, sich zu outen. „Es muss niemand Angst haben, dass man an den Pranger gestellt wird – wirklich jeder Mensch kann sich mit dem Coronavirus infizieren, und deswegen muss man sich für eine Infektion absolut nicht schämen“, sagte der Mann aus St. Pauls, der einen schweren Corona-Verlauf hinter sich hat.

Köche-Chef Reinhard Steger möchte Joe Morandells Aufruf, sich zu outen, als „reine Einzelmeinung“ bewertet wissen. „Wenn es primär darum geht, persönlich präsent zu sein und Aufmerksamkeit zu erzeugen, dann mag das für die einzelne Person richtig sein, dies kann aber keineswegs für die unmittelbar Betroffenen, das unmittelbare persönliche Umfeld an Menschen und für Kunden und Gäste zutreffen“, meint der SKV-Präsident.

Von der generellen Aufforderung Morandells, sich zu outen, hält Reinhard Steger nichts. Denn es sei „klar zu unterscheiden“, um welches Alter, welchen Beruf und welchen Wirtschaftszweig es sich handelt. „Es gibt Bereiche, in denen ein Outing gesellschaftlich schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen kann“, so Steger.

An Joe Morandell richtet der Köche-Chef die Frage:  „Wie wären zum Beispiel in der akuten Phase der Erkrankung in der Anfangsphase die Frau und die Kinder in der Öffentlichkeit, im Kindergarten und in der Schule dagestanden? Hier hätte die Öffentlichkeit vollkommen anders reagiert, wie in der Phase nachher. Welchen Druck wären hier z.B. die Kinder, die Schuldirektion, die zuständigen politischen Verantwortlichen ausgesetzt gewesen?“

Auch müsse man – was die Reaktionen in der Öffentlichkeit angeht – zwischen den einzelnen Berufen unterscheiden. „Ein Handwerker, ein Förster, ein Redakteur, ein Erntehelfer, ein Bauarbeiter, ein Bauer, wo irgendjemand in der Familie betroffen ist, ist eine Situation, wenn aber jemand in der Familie betroffen ist und der Ehemann, die Ehefrau oder die Tochter der betroffenen Person ist z.B. Kindergartenköchin oder an der Lebensmitteltheke eine Lebensmittelgeschäftes, dann ändert sich die Situation für diese schlagartig innerhalb der Gesellschaft, der Arbeitswelt und der eigenen Freunde innerhalb einer Minute schlagartig, wenn sich eine unmittelbar verwandte Person als aktueller Covid-19 Patient outet“, so der SKV-Chef, der selbst konkrete Fälle kennt.

Verschiedene Wirtschaftszweige machten eine differenzierte Betrachtungsweise notwendig, so Reinhard Steger. „Für den Vertreter mit Baumaterialien ändert sich wenig bis nichts, und für Lebensmittelproduzenten und Verteiler kann das in die betriebliche Katastrophe führen“, so der Köcheverband-Präsdient. „Denn von einem Moment auf den anderen möchte niemand mehr in Südtirol mit diesen zu tun haben.“

Joe Morandell (Foto: FB)

Besonders delikat und kritisch sei die Situation im Gastbetriebe. SKV-Chef Reinhard Steger weiter: „Wenn am Tag vorher noch die eigenen Freunde an der Theke stehen, Stammgäste sind, die Bedienung an der Theke und den Inhaber noch auf den Arm nehmen wegen der verwendeten Masken oder Schutzschilder, dann reicht in Südtirol der reine Verdacht, die Vermutung über einen möglichen Covid-19 Fall aus und aus Spaß wird innerhalb von einer Nacht blutiger Ernst.“

Reinhard Steger kennt einen konkreten Fall.

Er nennt natürlich keine Orte und Namen, aber er berichtet: „Mit diesem Betrieb und den Inhabern möchten selbst die engsten Freunde des Inhabers nichts mehr zu tun haben. Das führt so weit, dass die Bar und der Gastbetrieb leer sind,  dass über Wochen die Geschäftstätigkeit zum Erliegen kommt, dass Mitarbeiter nicht mehr gebraucht werden. Und, dass die engsten Freunde des Inhabers und der Inhaberin auch nach Monaten den Gastbetrieb nicht betreten.“

Vor diesem Hintergrund, so Steger, möge die vertrauliche Information an den Bürgermeister im Sinne der Kontrolle absolut berechtigt sein, das Outen in der Erkrankungsphase sei auf jeden Fall nicht zu empfehlen, so der SKV-Chef. Denn dies führe zur Isolation vieler Menschen im unmittelbaren Umfeld des betroffenen Patienten. „Und dies kann zum Ruin von Betrieben und Menschen führen“, so Steger.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (16)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • andreas

    Da täuscht er sich aber, gerade solche Geheimnistuerei trägt dazu bei, dass manche ungerechtfertigt unter Verdacht stehen.
    Ein betroffenes Hotel/Restaurant sollte bekannt gegeben werden und schließen, somit ist der Rest des Dorfes/Tals aus der Schusslinie.
    Der Betroffenen hat zwar wirtschaftliche Einbussen, die hat er aber sowieso.

    Wenn dann Leute wie Reinhard Steger die Leute anstiften zu lügen und so tun, als wäre die Pest ausgebrochen, schadet das mehr als es nützt, da man niemanden mehr trauen kann.

  • sougeatsnet

    Gerade die Aussagen einer wichtigeren Persönlichkeit bezüglich Privacy sollten stutzig machen. Hier sehen wir wie verlogen unsere Gesellschaft mittlerweile ist und auf welchen schwachen Beinen eine Nachverfolgbarkeit der Infektionsketten steht, wenn viele lügen bzw schweigen. Gerade dieses Schweigen schafft Intransparenz und Unsicherheit und verunmöglicht exakte wissenschaftliche Datenerhebungen. Von Schüssen die man daraus ziehen könnte erst gar nicht zu sprechen. Langsam versteht man warum unser System in der Covid-19-Krise total versagt hat. Dass da Österreich uns um Meilen voraus ist wird damit auch klar, dort wurden Virenverbreiter zur Rechenschaft gezogen. Das Ganze hat auch mit unserem Justizsystem zu tun, indem sich viele im Dschungel der vielen Gesetze verbergen, und die Privacy da seltsame Blüten treibt.

  • nochasupergscheiter

    Hier geht es wohl um ganz was anderes. Angestellten und betrieben in der privatwirtschaft droht der finanzielle Ruin während z. B Lehrer sich in Stellung bringen, nach monatelangen Nichtstun wohlgemerkt, sie könnten nicht arbeiten und öffentlich angestellte nicht aus dem smart working wollen, also nochmals ich sage monatelang ohne irgendwelche finanziellen Folgen und Ängste daheim dem süßen wenig tun frönen wollen… Lehrer fordern gar 800 Euro im Monat mehr und 2500 Euro fürs homeoffice für die Geräte und Software die das Land eh schon gezahlt hat… Privatangestellte bangen um Arbeitsplatz und laufen mit Freuden auf den Arbeitsplatz wenn wie nur können… Lehrer sagen dass sie nicht Masken tragen können und allgemein angst haben. Ein Hohn den Arbeitern auf Baustellen gegenüber die Masken dort und Helme sind wie eine eiserne Kugel am Bein. Man schwitzt sie sind unbequem, scheuen und reiben und man stirbt fast darunter… Aber die Firmen und trottel auf der Baustelle kriegen von ebendiesen Beamten vier und funstellige strafen aufgebrummt. Manche arbeiter müssten gar die ganze Krise über in die Firma, nix homeoffice und smart working… Ja wo ist denn da die soziale Gerechtigkeit, ja wo ist denn hier die Lohnerhöhung? Sie müssen froh sein nicht gekündigt zu werden… Ich sage nur ein Hoch auf die die mal die andere seite darstellen, bravo steger

  • nochasupergscheiter

    Hier geht’s nicht um vertuschen oder nicht vertuschen sondern um den verantwortungsvollen Umgang mit der Sache die in Zukunft nicht mehr so sein kann wie in der Vergangenheit… Sei es in öffentlichen Einrichtungen oder in privaten genauso… Ein weiterer lockdown hat das zusammenbrechen unzähliger Unternehmen zur Folge, auch hier bei uns, bis jetzt wars Spass und Spiel – ironisch gemeint – ab jetzt ist es das aber nicht mehr…
    Vielleicht arbeitest du in einer Branche wo man dir nicht kündigen kann bzw wo du auch nicht in die 60 Prozent musst und zuhause im smart Office sitzen kannst und niemand dich kontrolliert? Bitte versteht also auch dass so die Welt von vielen nicht ist, es geht da wirklich für viele ums eingemachte… Maulen nützt nichts, wir müssen weiter, müssen aufpassen aber wir müssen arbeiten, und wir dürfen keine Ängste schüren…. Leute die krank sind müssen untersucht werden, Kinder müssen betreut werden usw… sonst haben wir über lang mehr tote und Probleme zu beklagen als durch corona…

  • exodus

    Also Herr Steger, was haben Sie für eine Einstellung Ihren Gästen gegenüber? Bei Ihnen würde ich bestimmt nicht zum Essen kommen, da riskiere ich krank nach Hause zu gehen. Gerade durch dieses Geheimhalten, siehe Ischgl, haben wir dieses Virus so verbreitet. Mit Ihrer Einstellung wird
    die Gastwirtschaft noch mehr leiden!! Meinen Respekt an alle die sich outen

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen