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„Nicht einfach alle niederknallen“

Die SVP will eine Sondersitzung zum Thema „Wolf und Bär“ einberufen. Lässt sich das Edelweiß, wenige Wochen vor den Gemeindewahlen, vom „Tagblatt“ vor sich hertreiben? Ein Gespräch mit „Stadtmensch“ Helmuth Renzler.

Von Matthias Kofler

Die SVP-Leitung hat am Montag entschieden, in der kommenden Woche eine Sondersitzung zum Thema „Wolf und Bär“ einzuberufen. „Wir müssen handeln – die Situation ist nicht länger hinnehmbar“, erklärt ein Leitungsmitglied gegenüber der TAGESZEITUNG.

Da am 20. und 21. September in über hundert Gemeinden ein neuer Gemeinderat gewählt wird, riecht das Ganze sehr nach Wahlpropaganda. Gleichzeitig macht das „Tagblatt Dolomiten“ seit Tagen gegen die Raubwildtiere mobil, womit der Eindruck entsteht, dass sich Philipp Achammer und Co. hier vom Weibergweg vor sich hertreiben lassen. Der SVP-Arbeitnehmer Helmuth Renzler schlägt im TAGESZEITUNG-Interview einen Mittelweg vor.

TAGESZEITUNG Online: Herr Renzler, wie stehen Sie als Stadtmensch zum Thema „Wolf und Bär“?

Helmuth Renzler: Ein schwieriges Thema! Nachdem der Bär vor einigen Jahren hier angesiedelt wurde – genau genommen im Trentino und nicht bei uns in Südtirol –, wird man völlig damit leben müssen. Beim Wolf ist es schon ein wenig kritischer: Da wäre ich dafür, dass man die Population beschränkt, so wie wir es ja auch beim Rotwild tun. Aber nicht so, dass nach Lust und Laune geschossen werden kann, sondern mittels einer selektiven Entnahme, wenn es notwendig ist.

Entnahme heißt: Wegbringen oder abschießen?

Wenn schon, musst du die Wölfe abschießen. Der Wolf ist bekanntlich ein Wandertier, das nicht an den Grenzen stehenbleibt. Er kommt aus anderen Zonen zu uns. Das heißt, es würde wenig bringen, wenn man ihn von hier wegnimmt und irgendwo anders hinbringt. Ich bin mir auch nicht sicher, ib alle Risse, die die Bauern zurzeit zu beklagen haben, vom Wolf stammen.

Sondern?

Da sind auch viele Hybride dabei. Diese könnte man zwar jetzt schon schießen, doch ein Jäger ist nicht imstande, diese aus der Entfernung von einem Wolf zu unterscheiden. Das ist das große Problem. Ich kann den Unmut der Bauern sehr gut verstehen, weil niemand gern umsonst arbeitet. Der Bär hingegen tut uns in Südtirol nicht weiß Gott wie weh und richtet auch keine größeren Schäden an. Daher habe ich, was den Bär betrifft, weniger Befürchtungen. Was den Wolf betrifft, wäre es wichtig zu eruieren, wie groß die Rudel hier in Südtirol sind. Wenn erwiesenermaßen einige darunter sind, die all diese Schafe reißen und in gewissen Orten ein Zusammenleben zwischen Mensch und Tier nicht mehr möglich ist, dann muss man diese entnahmen. Aber nicht, dass man alle einfach niederknallt. Das wird nicht gehen.

Es wird immer wieder von Wolfrissen geredet, doch keiner weiß genau, wie viele sich zurzeit in Südtirol aufhalten …

Ich bezweifle, dass wir hierzu umfassende Daten haben. Man kennt ungefähr die Anzahl, doch diese ändert sich kontinuierlich. Ich glaube auch nicht, dass diese Wölfe bei uns besonders heimisch sind und Dauergäste werden. Aber logisch: Dort wo sie zuschlagen, ist das natürlich ein Problem.

Der Landtag hat vor wenigen Jahren ein Gesetz zum Wolf- und Bärmanagement verabschiedet. Ist dieses ausreichend?

Das Gesetz ist zwar gemacht worden, der Wolf und der Bär bleiben aber nach wie vor eine geschützte Tierrasse, die nur in Ausnahmefällen geschossen werden kann. Die Hauptzuständigkeit hierfür liegt immer noch beim Staat. Und deshalb ist es so schwierig, eine Abschussgenehmigung zu bekommen. Aber man soll es probieren und einen richtigen Mittelweg finden.

Man hat den Eindruck, dass sich Ihre Partei jetzt, wo Wahlen anstehen, von bestimmten Medien wie der „Dolomiten“ vor sich hertreiben lässt. Ist da was dran?

Das Thema „Wolf“ hatten wir schon ein Jahr vor den Wahlen. Was mich ein wenig erstaunt, ist der Umstand, dass wir früher viele Probleme in Ulten hatten. Doch von Ulten hört man heute nichts mehr. Jetzt sind es auf einmal die Villnösser Schafe. Daher tue ich mir schwer einzuschätzen, inwieweit man hier wirklich objektiv an die Problemlösung herangehen kann. Der Bär ist meiner Meinung nach kein allzu großes Problem. Da wird viel von den Medien aufgebauscht.

Stellen Sie mit ihrer Mittelweg-Position parteiintern eine  Minderheit dar? Die meisten Parteiexponenten treten offensiv für ein wolf- und bärenfreies Südtirol ein …

Wir haben im Landtag eine große Landwirtschaftsfraktion, die für das Abschießen ist. Wir sind uns aber alle einig, dass etwas zu tun ist. Wir vertreten mit Sicherheit nicht die Position der Grünen, wonach man überhaupt keinen Wolf entnehmen darf. Ich bin der Auffassung: Wenn es halbwegs geht, sollte man andere Lösungen finden – und wenn es nicht geht, sollte man die Problemwölfe entnehmen.

 

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