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„Da zwickt sich manches“

Das Land und die Touristiker fahren bei den Corona-Fällen in Südtiroler Gastbetrieben eine gleichwohl scheinheilige wie gefährliche Strategie. Fragen an Tourismus-Landesrat Arnold Schuler.

TAGESZEITUNG Online: Herr Landersrat, warum pflegt Südtirol so einen scheinheiligen Umgang mit den Corona-Fällen in den touristischen Betrieben?

Arnold Schuler: Wir fahren keine scheinheilige Linie, sondern halten uns an die Vorgaben der geltenden Privacy-Bestimmungen …

Nämlich?

Bereits zu Beginn der Pandemie ist es darum gegangen, welche und wie viele Informationen man an die Bürgermeister weitergeben darf. Wir haben schlussendlich eine Möglichkeit gefunden, die Bürgermeister zu informieren. Denn sie sind ja schließlich für die Kontrollen zuständig.

Die Bürgermeister erfahren also die Namen der Corona-Positiven in ihren Gemeinden und die Namen jener Personen, die unter Quarantäne stehen?

Richtig! Die Bürgermeister müssen über die Gemeindepolizei die Kontrollen organisieren, also müssen sie auch wissen, wo welche Leute unter Quarantäne stehen. Im Tourismus führen wir nur das fort, was in den Gemeinden gilt. Wir dürfen aufgrund der rigiden Privacy-Bestimmungen, die in Italien gelten, nur die allernotwendigsten Informationen herausgeben, die es braucht, um die Kontrollen zu gewährleisten. An diesen Standard müssen wir uns auch im Tourismus halten.

In Österreich, etwa im Fall der Infektionen im legendären Rössl am Wolfgangsee, ist man viel transparenter und offensiver mit den Informationen umgegangen …

Das ist richtig, aber wir müssen uns an die staatlichen Privacy-Bestimmungen halten. Eine Möglichkeit, aus dem Dilemma zwischen Transparenz und Privacy herauszukommen, wäre die Immuni-App gewesen. Aber das Interesse an dieser App ist leider sehr bescheiden gewesen, um es mal ganz milde zu formulieren.

Aber dennoch weiß in Sexten und in Kastelruth jeder, welcher Gastbetrieb betroffen ist …

Was sich die Leute zusammenreimen, ist eine andere Geschichte. Wir als Land dürfen keine Informationen herausgeben, die Rückschlüsse auf die betroffenen Kellner oder Hotelmitarbeiter zulassen. Wir dürfen das Testergebnis nur der betroffenen Person – und falls der Test positiv ausgefallen ist – dem Arbeitgeber mitteilen. Dasselbe gilt für die Erntehelfer. Man kann lange darüber streiten, was Transparenz bedeutet, aber am Ende haben wir gesetzliche Vorlagen, an die wir uns halten müssen.

Warum hat man im Fall des Sextner Betriebes den Ort genannt und in einem anderen Fall nur von einem Hotel im Schlerngebiet gesprochen?

Das weiß ich nicht. Die Vorgabe lautet, die Nachrichten so zu verfassen, dass sie keine Hinweise – auch nicht indirekte – auf die betroffene Person beinhalten.

Wie groß ist der Schaden für den Südtiroler Tourismus durch diese Corona-Fälle in den Hotels?

Es trifft ja nicht nur den Tourismus. Es wird immer wieder Fälle geben. Die Gäste kommen von außen, das Personal kommt von außen, ein bestimmtes Risiko ist immer da. Deshalb darf man auch nicht müde werden darauf hinzuweisen, dass die Abstandsregeln und die Maskenpflicht einzuhalten sind. Ein positiver Fall kann immer passieren. Es geht darum sicherzustellen, dass diese Fälle schnell abgrenzbar sind.

Aber warum ist es so schlimm offen zu sagen, das Hotel X ist von einem Corona-Fall betroffen? Wenn man nur von einem Hotel in Sexten spricht, stehen alle Betriebe unter einem Generalverdacht …

Die Privacy-Bestimmungen zu den Gesundheitsdaten von Personen stehen über dem Recht auf Transparenz, da zwickt sich eben manches. Ich kann verstehen, dass die nicht direkt betroffenen Betriebe über diese Regelung nicht glücklich sind und sich mehr Transparenz wünschen. Aber das geht halt nicht.

Also wissen nur die Bürgermeister und die Kontrollbehörden, wer in den jeweiligen Gemeinden positiv ist bzw. unter Quarantäne steht?

Ja, der Bürgermeister darf es nicht einmal seiner Frau sagen.

Haben Sie Angst vor der zweiten Welle?

Aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs der letzten Jahrzehnte ist Südtirol zu einem Land geworden, in dem sich sehr viel bewegt, wo sehr viel los ist. Ein Restrisiko für Infektionen ist immer da, es wird immer wieder ein Aufflackern geben, damit müssen wir leben. Wenn man sieht, was auf den Seen und auf den Almhütten los ist, muss man die Leute immer wieder darauf aufmerksam machen, dass die Regeln einzuhalten sind. Gleichwohl sage ich als chronischer Optimist: Wir stehen viel besser da als vor der ersten Welle …

Warum?

Damals waren viel mehr Leute infiziert, als man glaubte. Mittlerweile wird viel mehr und viel schneller getestet. Das ist eine der Voraussetzungen, die Sache schneller in den Griff zu bekommen. Und ich denke auch, dass die Medizin Fortschritte gemacht hat und heute besser mit schweren Krankheitsverläufen umgehen kann als noch vor Monaten.

Interview: Artur Oberhofer

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (25)

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  • hubertt

    Herr Schuler, kannst Dich freiwillig zur Corona Testimpfung melden, es ist nur ein Piecks. Es sind genau die Worte die Du mir persönlich gesagt hast, in Anwesenheit eines durch eigentlich gesunde Kindes, welches durch die Pflichtimpfung zu einem geistig und körperlich behinderten Menschen wurde. Ich Frage Dich, was ist aus dem Schüler nur geworden? Die Versprechen auf den Märkten in ganz Südtirol die Du vor deiner ersten Wahl gegeben hast sind alle verdunstet… So wie die Versprechen der restlichen Politiker. Die Politik in Südtirol kann sich wirklich sehen lassen, das Spiegelbild sind 6 Monatige Wartezeiten für eine fachärztliche Visite, welche von den privaten Krankenhäusern binnen 24 h angeboten werden. Das ist die Quintessenz der Landesregierung. Bravo

  • andreas

    Der Sextner Hotelier hat vorbildlich gehandelt und sein 5 Sterne Hotel ohne Anordnung geschlossen, da er nicht die Saison der anderen Hotels und den Ruf des Tals gefährden wollte.

    Diese Geheimnistuerei schadet eigentlich der gesamten Destination, da alle unter Generalverdacht stehen. Nebenbei wurden 2 Hotels in Sexten geschlossen.

  • meraner

    Sehr geehrter Herr Oberhofer, die Pressefreiheit ist eine der Säulen der Demokratie, aber an manchen Artikeln, bekommt man das Gefühl, dass nicht jeder Journalist mit dieser Freiheit umgehen kann, bzw. diese missbraucht. Denn die Aussage,das Land und die Touristiker fahren bei den Corona-Fällen in Südtiroler Gastbetrieben eine gleichwohl scheinheilige wie gefährliche Strategie, ist auf diesen Artikel bezogen nichts als Populismus. Denn ich kann in diesem Artikel nichts über die Entscheidungskraft der Touristiker finden, und im Übrigen wird dieser Vorgang mit Infizierten weder im Handel, noch im Privaten oder sonstwo anders gehandhabt. Also hat der Artikel mit dem Tourismus gar nichts zu tun. Es ist mir auch unverständlich wieso der Landesrat innerhalb eines Interviews fünfmal auf die Privacybestimmungen hinweisen muss, weil immer wieder die selbe Frage kommt. Wenn in Sexten und Kastelruth jeder weiß um welche Betriebe es sich handelt und Sie der Meinung sind aus diesem Grund die Privacybestimmungen nicht mehr beachten zu müssen, könnten Sie ja die Namen in Ihrer Zeitung abdrucken. Dies steht Ihnen ja frei, denn Sie genießen ja die Pressefreiheit. Soviel zum scheinheiligen Umgang. Mit freundlichen Grüßen

  • bettina75

    Bauern und Hoteliere sind SVP-Wähler, oder ?

  • ostern

    @bettina
    …………und fleissig beim kassieren von Beiträgen
    (auch ungerechtfertigt).

  • tirolersepp

    Mal strenger, mal lockerer, damit müssen wir in nächster Zeit zu leben lernen !

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