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Die Krisensitzung

Giuseppe Conte und Julia Unterberger (Archivbild)

Premier Giuseppe Conte hat die Fraktionssprecher der Mehrheit zu einer dringlichen Aussprache empfangen. Die Hintergründe.

Von Matthias Kofler

Ministerpräsident Giuseppe Conte hat am Mittwochabend im Palazzo Chigi die Fraktionssprecher der Mehrheitsparteien empfangen, um die offenen Probleme rund um das anstehende Vereinfachungsgesetz (ddl semplificazioni) zu besprechen. Die Sitzung dauerte gute zwei Stunden. Der Gesetzentwurf, den der Ministerrat kurz vor Contes Abreise zum EU-Gipfel verabschiedet hatte, sieht Maßnahmen zur Entbürokratisierung und zur Beschleunigung der Auftragsvergabe vor. Italien ist aufgrund der rigiden Anti-Mafia-Bestimmungen derzeit nicht imstande, mehr als 40 Prozent der Gelder, welche die EU für Investitionen bereitstellt, auszugeben.

Allerdings ist der Gesetzentwurf, der am 12. August in die Senatskommission und Anfang September ins Plenum kommt, innerhalb der Parlamentsmehrheit äußerst umstritten: Derzeit liegen im Senat über 1.500 Abänderungsanträge allein der Mehrheitsfraktionen auf. Insbesondere die Partei „Liberi e Uguali“ leistet großen Widerstand gegen die Reform, da sie befürchtet, mit den Erleichterungen der organisierten Kriminalität in die Hände zu spielen.

Neben dem Vereinfachungsgesetz liegt LEU aber auch die Abstimmungspleite bei der Vorsitzenden-Wahl in den Gesetzgebungskommissionen auf dem Magen. Pietro Grasso, der neuer Chef der Justizkommission im Senat hätte werden sollen, verpasste aufgrund einiger Heckenschützen aus den eigenen Reihen die notwendige Mehrheit. Die Chefin der Gemischten Fraktion und LEU-Senatorin Loredana De Petris ließ in der Krisensitzung im Palazzo Chigi ihrem Unmut freien Lauf. Als Zeichen des Protests verließ sie kurzerhand den Gruppenchat der Mehrheits-Fraktionssprecher.

Julia Unterberger, die Vorsitzende der Autonomiegruppe im Senat, nahm bei dem Treffen eine Art Vermittlerrolle ein und rief die Mehrheitsvertreter dazu auf, eine Kompromisslösung zu finden. Die SVP-Politikerin sicherte Conte zu, den Gesetzentwurf mitzutragen, da Südtirol die EU-Richtlinie für öffentliche Aufträge bereits mit einem Landesgesetz  direkt übernommen hatte. Und sie kündigte an, einige Abänderungsanträge vorzulegen, die der Autonomen Provinz besonders wichtig erscheinen: So soll zum Beispiel die Bestimmung zu den ausländischen Kennzeichen entschärft werden, wodurch man künftig problemlos das Auto des Ehepartners benutzen kann. Eine weitere Abänderung sieht vor, dass deutschsprachige Mediziner auch ohne Nachweis der Italienischkenntnisse in die Ärztekammer eingeschrieben werden können.

Julia Unterberger ist überzeugt, dass Erpressungen Südtirol nicht weiterhelfen würden. Der bessere Weg sei der des Dialogs mit den führenden Vertretern in Rom. „Was täte ich nur ohne dich, Julia?“, scherzte der Ministerpräsident am Rande der Sitzung.

Der konstruktive Ansatz von Arno Kompatscher und Julia Unterberger trägt bereits erste Früchte: So muss Südtirol für die kommenden beiden Jahren keinen Finanzausgeich zahlen. Und Infrastrukturministerin Paolo De Micheli hat einen Abänderungsantrag zur Brennerautobahn vorgelegt, der dem Land bei der Auszahlung der Privaten helfen soll. Zudem empfängt Conte in der letzten Augustwoche, also nach der zweiwöchigen Parlamentspause, eine SVP-Delegation, bestehend aus LH Arno Kompatscher, Obmann Philipp Achammer und den Fraktionssprechern Renate Gebhard und Julia Unterberger, um das gemeinsame Arbeitsprogramm für die kommenden Monate festzulegen und andere Anliegen wie das Wolfmanagement und das Bozner Gefängnis vorzubringen.

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