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Faistnauers Geröll

Hat die Freienfelder Bürgermeisterin Verena Überegger ihrem Parteifreund und Vorgänger Peter Faistnauer dabei geholfen, beim Wohnungsbau das aufwändige Landschafsschutzverfahren zu umgehen?

Von Matthias Kofler

Die Vorgeschichte ist bekannt: Peter Faistnauer, Landtagsabgeordneter des Teams K, hat auf einem Hang oberhalb des von ihm betriebenen „Zingerlehofs“ in Trens/Freienfeld landwirtschaftliche Kubatur in Wohnkubatur umgewandelt, um dort vier konventionierte Wohnungen zu errichten. Bei den Bauarbeiten ist es aber zu Problemen gekommen, weil sich unter dem Grundstück zu viel Wasser befindet. Der ehemalige Bürgermeister der Wipptaler Gemeinde benötigte also Material zur Auffüllung seines Baus.
Wie ist Peter Faistnauer nun zu diesem Material gekommen? Über die Schotterentnahme im Eggertal (Freienfeld), und zwar in zwei Gräben: im Graben „Rabrunner“, wo er mittels Bagatelleingriff und ohne Ermächtigungspflicht 200 Kubikmeter Gestein, Material und Geröll abgebaut hat. Und im Graben „Filzei” mittels einer Verordnung der Bürgermeisterin.

Brisant: Da Bürgermeisterin Verena Überegger nicht nur Faistnauers Vorgängerin, sondern auch seine Parteifreundin ist, werfen ihr böse Zungen in der Gemeinde nun vor, dem Landtagsabgeordneten dabei geholfen zu haben, beim Wohnungsbau das aufwändige Landschaftsschutzverfahren zu umgehen. Eine Sonderbehandlung für den Team-K-Landtagsabgeordneten, mit dem Überegger für die Gemeinderatswahlen 2016 kandidiert und anschließend für zwei Jahre im Gemeindeausschuss gearbeitet hatte?

Die Daten und Fakten: Mit der Verordnung Nr. 3/2020 hat die Bürgermeisterin den Abgeordneten Faistnauer dazu ermächtigt, 700 Kubikmeter an Gestein, Material und Geröll abzubauen. Normalerweise – so erklären Experten das Prozedere – müssen bei einem Materialabbau, der von einem derartigen Ausmaß ist, die entsprechenden Kommissionen aufgesucht und die dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren durchlaufen werden. Am Ende dieser Verfahren wird dann unter Abwägung aller Interessen gegebenenfalls mittels einer Verwaltungsmaßnahme der Abbau genehmigt.

Nicht so im Fall Faistnauer!

Die Bürgermeterin ist nämlich hergegangen und hat ihrem Parteifreund mittels einer einfachen Verordnung und ohne Verwaltungsverfahren den Abbau von Gestein und Material genehmigt. Im Beschluss heißt es, der Abbau sei „aus Gründen der Sicherheit“ notwendig. Allerdings werden diese Sicherheitsgründe von der Bürgermeisterin nicht weiter spezifiziert.
Der TAGESZEITUNG liegt der Bericht des zuständigen Gewässeraufsehers vor, der am 21. April mit der Bürgermeisterin, Vizebürgermeister Zeno Frei, Claudio Girardi vom Forstinspektorat und mit Igor Rainer von der Forststation Freienfeld einen Lokalaugenschein im Eggertal vorgenommen hat. Darin schreibt Georg Kompatscher: „Um einer Verlegung des Güterweges (Pfulters – Santer) durch Geschiebe und kleinere Muren vorzubeugen, spricht meinerseits nichts dagegen, die ,natürlichen‘ Becken unmittelbar bergseits der Querungen frei zu räumen, so wie es in den letzten Jahren gemacht wurde. Für größere Ereignisse wird diese Maßnahme vermutlich nicht ausreichen.“ Der Gewässeraufseher bestätigt, dass zwar nichts gegen den Materialabbau sprechen würde. Bei größeren Wetterereignissen würde diese Maßnahme vermutlich aber nicht ausreichen.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich die Sicherheitssituation durch den Materialabbau zwar nicht verschlechtern würde. Der Abbau wäre aber gleichzeitig nicht notwendig bzw. zielführend, um die Sicherheitssituation zu verbessern, da im Falle schwerwiegender Wetterereignisse sowieso andere und größere Maßnahmen notwendig gewesen wären.

Gleichzeitig aber begründet die Bürgermeisterin die Genehmigung des Materialabbaus und die Umgehung der vorgesehenen Verwaltungsverfahren gerade damit, dass der Materialabbau genau aus Sicherheitsgründen notwendig gewesen wäre.
Eine weitere Frage drängt sich auf: Wenn die Bürgermeisterin wirklich der Meinung war, dass der Hang aus Sicherheitsgründen hätte abgetragen werden müssen, warum hat sie mit dem Abbau nicht ein Tiefbauunternehmen beauftragt? Und warum hat sie einen Landtagsabgeordneten damit betraut? Um Faistnauer dabei zu helfen, Material schnell und ohne weitere Verwaltungsverfahren für den Bau seiner vier Wohneinheiten zu beschaffen? Denn erst mit Hilfe seiner ehemaligen politischen Weggefährtin war es Faistnauer möglich, die dafür vorgesehenen Verwaltungsverfahren abzukürzen und sich eine Menge Zeit zu ersparen. Aber nicht nur Zeit hat sich der Team-K-Mann erspart, sondern auch einen Haufen Geld. Denn ohne dieses Manöver hätte er, so wie jeder andere normale Bürger auch, das Material bei einem Tiefbauunternehmen kaufen müssen. So hatte er sich sein Material kostenlos und in kürzester Zeit organisiert.

Die Frage, die sich in Freienfeld nun viele stellen, ist, ob Bürgermeisterin Überegger bei jedem Bürger so vorgegangen wäre oder ob dies eine besondere Geste für ihren politischen Weggefährten war. Auch wollen sich einige Bürger rückblickend daran erinnern, dass sogar während des Lockdows Bagger und LKW im Einsatz gewesen seien, um Faistnauer das nötige Material zu liefern.
Dies alles bestreitet der Landtagsabgeordnete: Bagger und LKW hätten nur dann gearbeitet, wenn es laut den Verordnungen möglich war – also bis Anfang März sowie dann wieder ab Anfang Mai.

Von einer Gefälligkeit seitens der Bürgermeisterin will der Team-K-Mann nichts wissen. Im Gegenteil. Faistnauer dreht den Spieß um und behauptet, mit dem Geröllabbau der Gemeinde einen Gefallen getan zu haben, die sich dadurch Geld erspart hätte. Und er sieht im Verhalten der Bürgermeisterin einen Akt der Transparenz. „In den letzten Jahrzehnten wurde bei zwei Gräben entlang einer Straße im Eggertal, die immer wieder von Vermurungen betroffen waren und auch Schäden an Wegen angerichtet haben, das entsprechende Geröll immer ohne schriftliche Ermächtigung abtransportiert“, betont Faistnauer. Dabei hätten die Ämter oft nicht gewusst, wer wann wie viel Geröll abtransportiert hat. Zudem habe man nicht überprüfen können, ob die Arbeiten ordnungsgemäß ausgeführt wurden.

„Dies hat sich nun unter der neuen Verwaltung geändert. Damit das Forstamt die Arbeiten überwachen kann, wurde von der Gemeindeverwaltung mit den verschiedenen öffentlichen Ämtern vereinbart, dass interessierte Personen, welche Geröll abtransportieren möchten, um eine Ermächtigung ansuchen müssen. Diese Ermächtigung wird den Antragstellern mit den Auflagen des Forstamtes den Antragstellern übermittelt. Somit sind die interessierten Ämter immer in Kenntnis darüber, wer, wann, wie viel Geröll abtransportiert. Somit wird mit mehr Transparenz zusätzlich eine Kosteneinsparung erreicht. In Vergangenheit musste nämlich die öffentliche Hand immer wieder nach Unwettern für die Entfernung des Gerölls sorgen, mit den entsprechenden Kosten für den Steuerzahler. Transparenz und zugleich das Einsparen von öffentlichen Steuergeldern stehen hier im Vordergrund“, so Faistnauer.

Die Kosten für den Abtransport des Gerölls – es geht geschätzt rund 70 LKW-Fahrten und etwa 15.000 Euro – habe er zur Gänze selbst getragen.

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