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Wege zur Abstraktion in Südtirol

Oswald Oberhuber: Liegende Figur, 1949.

Die Vijion Art Gallery in St. Ulrich stellt Werke der Künstler Oswald Oberhuber, Hans Ebensperger, Peter Fellin, Josef Kostner, Michael Höllrigl, Bruno Vallazza und Luis Piazza aus.

„Abstraktion“ ist ein umfangreicher Begriff. Darunter verstehen wir jene ungegenständlichen, nicht figürlichen Darstellungen. Im Laufe der Kunstgeschichte hat sich eine Vielfalt künstlerischer abstrakter Ausdrucksformen entfaltet. Formen der Abstraktion reichen zurück bis in die Welt früher orientalischer und primitiver Kunst. Die entmaterialisierte Fähigkeit des Sehens haben Künstler zu permanent, wandelnden Möglichkeiten gebracht. Die abstrakte Kunst der Moderne hat schon in der zweiten Hälfte des 19. Jh. ihre ersten Entfaltungen hervorgebracht. Abstraktion ist die Sprache der Freiheit, denn sie ist ein Ausdrucksmittel für Unvermittelbares. Die neue Herausforderung, der sich die abstrakten Künstler stellten, beschrieb Kandinsky 1913 folgendermaßen: „Eine erschreckende Tiefe, eine verantwortungsvolle Frage, und die wichtigste: Was soll den fehlenden Gegenstand ersetzten?“ Mit der Entmaterialisierung der Abstraktion öffnete sich den Künstlern das stufenweise Fortschreiten zu höheren Bewusstseinszuständen.

Ihren Höhepunkt erreicht die Abstraktion in den späten 40er bis frühen 60er Jahren. In Europa wurde diese abstrakte Kunstrichtung mit dem Namen „Informel“ bekannt, während sie in Amerika „Abstrakter Expressionismus“ bezeichnet wurde. Was diese beiden Kunstströmungen verbindet, ist das „Prinzip der Formlosigkeit“, als Ausdruck des Weltverlusts. Es ist dies eine Kunst des Existenzialismus und der Selbstfindung. Der Künstler öffnet sich allen Kräften, nimmt Teil an ihnen und ist Teil davon. Es beginnt eine neue Auseinandersetzung mit dem Ich. Die Erkennung der eigenen, persönlichen Wahrnehmung ist eine Folge der schockierenden Wirklichkeit der Kriegsjahre. Die Transformation des Gesehenen hat die Künstler zu einer gestischen Bildformulierung geleitet. Aus der Orientierungslosigkeit und dem Verlust jeglicher Ordnung konnte sich die Ausdrücklichkeit des Ichs behaupten. Die grundlegende Charakteristik des Informel ist es, keine Absicht oder Bewusstsein der Bildformulierung zu haben. Allein die Gestik, geleitet von Spontaneität und Empfinden, führen die Kunst bis an die Grenze der Unverständlichkeit. Physische und gedankliche Ereignisse verändern fortwährend das Bewusstsein einer Person, als wäre der Geist biegsame Materie.

Diese avantgardistischen abstrakten Tendenzen konnten die peripheren und alpenländischen Regionen nur verzögert erreichen. Dennoch haben Südtiroler Künstler in ihren ausländischen Studienjahren das zeitliche Kunstgeschehen erfahren und konnten bereits in den 60er Jahren mit der abstrakten Moderne mithalten.

Ausstellungsdauer: 03. Juli – 28. August 2020. Öffnungszeiten: Mo – Sa von 16°°- 19°° und auf Vereinbarung 3382098697

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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