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Die große Ungewissheit

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Wie geht es im Südtiroler Amateurfußball weiter? Eine Frage, die derzeit noch völlig offen ist. Wie die Vereine mit der großen Ungewissheit umgehen.

von Markus Rufin

Wann kann wieder Fußball gespielt werden? Diese Frage wird in Zusammenhang mit der Corona-Krise in Italien ähnlich häufig diskutiert wie die Frage, wann Schulen und Kindergärten wieder öffnen.

Viele Italiener können sich ein Leben ohne Fußball nicht vorstellen. Deshalb drängen in Gegensatz zu anderen Ligen gerade in Italien viele Vereine auf die Fortführung der Meisterschaft. Bisher gab es noch keine offizielle Entscheidung diesbezüglich.

Eine klare Linie gibt es bislang noch nicht, aber eine Weiterführung der Saison scheint sowohl im Amateur- als auch im Profifußball unwahrscheinlich. Der Präsident des autonomen Landeskomitees Paul Georg Tappeiner betont aber, dass die Entscheidung in erster Linie von der Verordnung des Ministerpräsidenten abhängt.

Unabhängig davon, ob die Saison weitergeführt wird oder nicht, gibt es aber noch zahlreiche andere Fragen zu klären. Etwa die Frage nach Auf- und Absteigern. Diesbezüglich könne man nicht einmal Tendenzen erkennen, meint Tappeiner: „Das ist völlig unklar. Hierfür muss eine nationale, einheitliche Entscheidung getroffen wird. Da bisher aber nicht einmal die Frage geklärt wurde, ob die Meisterschaft weitergeführt wird, erübrigen sich auch alle Szenarien für Auf- und Absteiger.“

In dieser Diskussion bezieht man sich aber bisher fast ausschließlich auf den Profi-Fußball. Dabei sind es gerade die kleinen Amateurvereine, die mit der großen Ungewissheit zu kämpfen haben. Das bestätigt auch Tappeiner, der täglich Anrufe bekomme.

Tappeiner geht aber davon aus, dass es in der Auf- und Abstiegsfrage Spielräume für die regionalen Meisterschaften – in Südtirol wären das alle Meisterschaften von der Landesliga abwärts – geben wird. Alle Ligen von der Oberliga aufwärts müssen sich aber laut Tappeiner einem einheitlichen System beugen.

Für Amateurvereine wäre es also im Prinzip das Beste abzuwarten. Aber auch für sie gibt es durch die Corona-Krise viel Arbeit. Denn während man im Profi-Fußball in erster Linie von den TV-Geldern abhängig ist, werden die Mannschaften im Amateurbereich einerseits durch Sponsoren und andererseits durch Einnahmen von Festen finanziert.

Allerdings steht für die Amateurvereine bereits jetzt schon fest, dass sie auf die wichtigen Einnahmen durch Feste verzichten müssen. Auch ein deutlicher Sponsorenrückgang wird erwartet. Daher muss das Budget neu zusammengestellt werden.

Das bedeutet also, dass die Südtiroler Amateurvereine ihre Saisonplanung bereits begonnen haben, ohne überhaupt zu wissen, in welcher Liga sie nächste Saison spielen werden.

Am unsichersten ist die Lage in der Oberliga. In der Serie D rechnet man nämlich damit, dass es zahlreiche Mannschaften geben wird, die nächste Saison nicht mehr an der Meisterschaft teilnehmen werden, weil viele ihre Mannschaft auf Schulden aufgebaut oder jegliche Einnahmen sofort wieder ausgegeben haben. Unklar ist somit auch, was mit diesen freien Plätzen geschieht.

Ein Aufstiegsaspirant wie der ASC St. Georgen hätte in einem solchen Szenario durchaus die Möglichkeit einen Platz in der Serie D zu ergattern, dennoch plant man im Pustertal vorsichtig, wie Sektionsleiter Georg Brugger erklärt: „Auf Einnahmen durch das Stadtfest oder durch das Stadtturnier werden wir höchstwahrscheinlich verzichten müssen. Somit müssen wir uns auf die Sponsoren verlassen. Ich hoffe und glaube, dass über die Hälfte der Sponsoren dabei bleibt. Wir haben auch erste Gespräche mit unseren Spielern geführt. Diese haben viel Verständnis für die Situation gezeigt.“

Brugger hofft insbesondere auf die Unterstützung der Fußballverbände: „Eine Idee wäre es, die Einschreibungsgebühren zu reduzieren oder vielleicht sogar völlig auszusetzen.“ Aber auch mit dieser Frage hat man sich bislang nicht beschäftigt.

Auch Christian Platzer, sportlicher Leiter des FC Obermais bestätigt, dass derzeit vor allem finanzielle Ungewissheit herrscht: „Wir planen mit reduziertem finanziellem Ausmaß. Trotzdem haben wir den Kader fast in Ordnung, weil wir ein recht gutes familiäres Klima in der Mannschaft haben. Wir hoffen nun darauf, dass wir im Herbst wieder unter normalen Umständen und mit Zuschauern spielen können.“

Der FC Obermais und der ASC St. Georgen zählen südtirolweit zu jenen Vereinen, die sowohl finanziell als auch strukturell am besten organisiert sind. Dass sogar diese Vereine sich nun Gedanken machen müssen, beweist, dass in Sachen Sport vor allem Amateurvereine unter der Corona-Krise leiden werden.

Dennoch geht Paul Georg Tappeiner davon aus, dass die Krise die Südtiroler Fußballclubs nicht so hart treffen wird. Der ein oder andere Verein werde zwar Probleme bekommen, insgesamt macht er sich aber wenig Sorgen. Auch weil er sich sicher ist, dass sich das gesamte System ändern wird: „Man wird jetzt zwangsweise vor allem auf den Jugendfußball setzen. Vereine, die eine gute Jugendförderung haben, werden in den nächsten Jahren erfolgreich sein.“

Erste Auswirkungen auf den Südtiroler Amateurfußball kann man aber jetzt schon erkennen. Der beste Beweis ist die erst kürzlich stattgefundene Trennung von Weinstraße Süd und SC Auer. Die beiden Mannschaften werden zwar in der Jugendförderung weiter zusammenarbeiten, die ersten Mannschaften stehen nun aber wieder getrennt dar.

Der Präsident von Weinstraße Süd, Stefan Gruber, macht keinen Hehl daraus, dass das auch an der Corona-Krise liegt: „Der SC Auer hat auch eine Mannschaft in der 2. Amateurliga. In dieser Krise ist für sie die Zusammenarbeit einfach zu aufwendig. Zudem fehlen wichtige Einnahmen aus verschiedenen Festen.“

Inwieweit sich die Krise noch stärker bemerkbar machen wird, hängt insbesondere von der Entscheidung des Fußballverbandes ab.

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Kommentare (6)

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  • prof

    Das einzige Gute daran ist,daß viele Amateur- Vereine jetzt mit ihrem zur Verfügung stehenden Finanzen viel Sorgsamer umgehen müssen. Zweistellige Beträge ( war die letzten Jahre fast normal) für Amateurspieler und auch Trainer werden( hoffentlich) seltener sein.
    Dafür wird wohl mehr in die eigene Jugend-Abteilung investiert werden, was langfristig gesehen rentablerist.

  • prof

    Zweistellige Beträge waren natürlich in Tausend gemeint.

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