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„Das geht zu weit“

Die Kindergarten-Gewerkschafterin Cornelia Brugger spricht im Interview über den Shitstorm in den sozialen Medien und kritisiert, dass die Politik Dinge versprochen hat, die in der Praxis nicht umsetzbar sind.

Tageszeitung: Frau Brugger, die pädagogischen Fachkräfte in den Kindergärten wurden in den letzten Wochen stark angefeindet, mit dem Vorwurf, dass sie wegen der Corona-Krise weniger arbeiten, dabei aber gleich viel verdienen. Zurecht?

Cornelia Brugger: Corona schlägt seine Blüten und das hat leider auch Auswirkungen darauf, wie Kommunikation innerhalb einer Gesellschaft funktioniert. Viele Menschen, von Ärzten über Mitarbeiterinnen in den Supermärkten, Lastwagenfahrer usw. haben in den letzten Wochen wirklich Großartiges geleistet, andere wiederum konnten ihrer Arbeit nicht wie gewohnt nachgehen – dazu gehören auch Pädagogen und Lehrkräfte. Aber jeder hat sich bemüht, diese Zeit so gut es geht und den Angaben seines Arbeitgebers entsprechend auszufüllen – die Lehrkräfte mussten wegen des Fernunterrichts sogar noch größere Herausforderungen bewältigen.

Trotzdem hat das vielen nicht gereicht, in den sozialen Medien ist daraufhin ein regelrechter Shitstorm ausgebrochen.

Cornelia Brugger

Es wurden sicher Worte gewählt und Aussagen getätigt, die unter der Gürtellinie waren. Es hat sich plötzlich wirklich jeder eingemischt, egal ob Betroffener oder nicht – der ganze Corona-Frust wurde auf uns abgeladen. Und wir mussten diese Situation aushalten, mussten uns selbst verteidigen, weil niemand für uns eingestanden ist – wir waren die Buhfrauen.

Ich bin aber der Meinung, dass diese Situation nun überwunden ist, weil wir mehrfach signalisiert haben und die Bereitschaft auch wirklich groß ist, in dieser Notsituation zu helfen.

Der Druck vonseiten der Politik war diesbezüglich aber auch groß…

Dieser Druck war ganz eindeutig da und ich kann das bis zu einem bestimmten Punkt nachvollziehen, da die Politik wiederum Druck von den Familien und der Wirtschaft gespürt hat. Aber dass einige Politiker in diesen Chor aus Anschuldigen eingestimmt haben, geht einfach zu weit und ich hoffe, dass sie das verstanden haben und jetzt auch für uns Position ergreifen.

Ab 18. Mai soll ein Betreuungs-Notdienst eingerichtet werden. Sind die Auflagen machbar?

Die Auflagen sind für uns absolut nicht klar – vor allem nicht, wie diese in die Praxis umgesetzt werden sollen. Wir haben nach wie vor viele dringende Fragen und es fehlt ganz einfach auch ein Sicherheitsprotokoll.

Wie meinen Sie das?

Uns fehlt ein Protokoll, indem festgeschrieben wird, welche Pflichten und Rechte wir haben – beispielsweise was Schutzausrüstung oder den direkten Umgang mit den Kindern usw. anbelangt. Das macht uns schon etwas Angst.

Wird an diesen Sicherheitsprotokollen noch gearbeitet?

Fakt ist, dass es diese Protokolle aktuell noch nicht gibt und das obwohl viele Pädagoginnen bereits am Montag in die Strukturen zurückgekehrt sind, um diese für den Notdienst herzurichten. Zudem gibt es noch immer keine klaren Anweisungen, wie wir uns vorbereiten müssen. Aktuell hat daher leider jede Kindergartendirektion eigene Regeln.

Weil es keine einheitlichen Vorgaben gibt?

Genau. Einige Direktionen sagen, man kann, muss aber noch nicht in die Struktur zurückkehren, um sie vorzubereiten. Wiederum andere sagen, dass wir Pädagoginnen für die Schutzausrüstung selbst verantwortlich sind und noch einmal andere sperren die Strukturen einfach noch nicht auf, weil es zu viele Unklarheiten gibt. Das sind einfach keine guten Voraussetzungen, um einen Dienst zu beginnen.

Die Fachgewerkschaft Öffentlicher Dienst im AGB/CGIL hat deswegen einen umfassenden Fragenkatalog an die Politik geschickt, mit Bitte um klare Antworten.

Über die Praxis wurde bis jetzt überhaupt nicht geredet, es wurde mal schnell was kommuniziert, aber im Detail nicht zuvor durchgeplant. Wir verstehen absolut die Not und wir stehen auch in den Startlöchern, aber man gibt uns keine klaren Auskünfte.

War das mit dem Notdienst also ein Schnellschuss?

Man spannt den Gaul von hinten auf. Man hätte diese Aspekte bereits zuvor ansprechen und den konkreten Bedarf erheben müssen. Große Gemeinden sagen schon jetzt, dass man nicht allen Kindern einen Platz anbieten kann, weil man weder die Räumlichkeiten noch das Personal dafür hat. Die Politik hat einfach Dinge versprochen, die jetzt in der Praxis so nicht umsetzbar sind. Und was Corona-Tests angeht: Während man im italienischen Bildungsressort diese Möglichkeit für das Personal in Betracht zieht, heißt es bei uns – und das hat Landesrätin Deeg selbst gesagt – dass wir unsere Ängste überwinden sollen, weil man sich überall anstecken kann. Diese Meinung können wir so absolut nicht hinnehmen und ist einfach nur unprofessionell, es geht hier schließlich nicht nur um ein „Grippele“ sondern um eine schwerwiegende Krankheit. Zudem geht es nicht nur um unseren Schutz sondern auch um jenen der Kinder und Familien!

Dieser Notdienst ist bis Mitte Juni geplant. Wie soll es danach weitergehen?

Landesrätin Deeg hat versprochen, dass jedes Kind einen Betreuungsplatz bekommt – das ist ein riesiges Versprechen. Ich frage mich, ob die Voraussetzungen dafür wirklich gegeben sind, ob genügend Räumlichkeiten und Personal dafür zur Verfügung stehen und es unter Einhaltung der Auflagen überhaupt machbar ist. Dazu kommt, dass Landesrat Achammer mehrfach betont hat, dass für die Sommerbetreuung nicht mehr Geld für Personal ausgegeben werden kann, weil dieses im Landeshaushalt nicht zur Verfügung steht. Da gibt es wirklich noch ganz große Fragen. Mir ist es wichtig zu betonen, dass nur die Freiwilligkeit des Personals in Betracht gezogen werden kann – die absolut gegeben ist, aber wir wünschen uns wirklich, dass eine gute und sichere Lösung gefunden wird.

Interview: Lisi Lang

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (17)

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  • sepp

    du isch jo bekonnt das die gueten landesräte überfordert sein viel blabla und nix dahinter lügen nichts als lügen genau solche Politiker brauchmonett bei die ishs beschte sie giehn als kinderbetreuer

  • flottebiene

    Natürlich ist die Ausgangssituation nicht einfach….aber, wie gesagt Frau Deeg u.die Landesregierung hatten über 2Monate Zeit, einen Plan B zu erstellen.
    Aus sicherer Quelle weiss ich,dass nicht einmal das ganze Pflegepersonal in Heimen und Krankenhäusern getestet wurden….einfach Kindergartenpersonal, Kitabetreuerinnen U.das GANZE Pflegerpersonal testen…..u.dann bitte ein paar mehr „freiwillige“ Betreuer, die den Familien unter die Arme greifen

  • nochasupergscheiter

    Es gibt a an gerechtfertigten shitstorm glab i… Frau bugger plärrt olm wie letz die Kindergärtner behondlt werden. Fakt isch In do privatwirtschaft gibs Familien wo boade koane orbat ma hom… Gibs leit de wos in do ausgleichskasse sein und mitn holbm lohn auskemm missn… Die kindogartnerinnen streiten um ihren summo Urlaub den wos in do privatwirtschaft niemand hot… Streiten um protokolle und schutzmossnomen… I vosteh dass es net leicht isch… Owo de öffentlichen sein olm la am jammon, ins gets letz, insra nerven, shitstorm, inso Urlaub, mir orbatn jo viiieeel mea weilmo jo stundnlong dahoam vorbereiten… Naaaananannaaaa… I konns la olm wido sogn… Get olla in die privatwirtschaft sem kriegis a orbat, mea Geld, mea Freizeit, wieniga stress, und in olla voran a sie Frau brugga af sie wortn se la….

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