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„Einfach etwas zurückgeben“

Ein besonderes Zeichen der Solidarität haben 23 Nordafrikaner in Brixen gesetzt. Sie haben 2.220 Euro für bedürftige Familien gespendet. Die Verwaltung hofft nun darauf, dass dieses Beispiel Schule macht.

von Markus Rufin

118.000 Euro hat die Gemeinde Brixen für Lebensmittelgutscheine zur Verfügung. Rund 70.000 Euro wurden bei 210 Ansuchen bereits aufgebraucht. Da die Gemeinde davon ausgeht, dass im kommenden Monat noch mehr Ansuchen gestellt werden, hat sie deshalb ein Spendenkonto eingerichtet, die den finanziell geschädigten Personen in der Domstadt eine Unterstützung bieten sollen.

Bisher wurde auf dieses Spendenkonto aber nur wenig eingezahlt, wie Bürgermeister Peter Brunner erklärt. Doch die Gemeinde hat nun Anlass zur Hoffnung, dass sich das ändert. Am Montag wurde nämlich ein Scheck in Höhe von 2.220 Euro überreicht.

Dieser kam durch eine besondere Privatinitiative zu Stande: Die Spenden kommen von insgesamt 23 Nordafrikanern, die – so Bürgermeister Brunner – hier aufgenommen und „einfach etwas zurückgeben“ wollten.

Initiator des Spendenaufrufs ist Chafai Fatnassi, der selbst seit über 20 Jahren in Südtirol wohnt.  „Ich persönlich konnte hier meine Träume realisieren. Ich habe eine Familie, ich bin Vater von drei Kindern und habe einen fixen Arbeitsplatz. Ich lebe in einem kleinen Paradies“, berichtet Fatnassi.

Auch den anderen Spendern sei es ähnlich ergangen. Für ihn und seinen Kollegen sei es kein Problem gewesen, den finanziell schwachen Familien nun zu helfen.

Auf die Idee kam Fatnassi durch ähnliche Initiativen von Nordafrikanern, die in den Städten Bologna und Regio-Emilia durchgeführt wurden. Er habe daraufhin seine persönlichen Kontakte in einer Whatsapp-Gruppe zusammengefügt und den Spendenaufruf organisiert.

Die meisten Personen haben zwischen 50 und 100 Euro gespendet. Die höchste Summe, die gespendet wurde, beträgt 250 Euro. „Das ist also der Lohn eines oder zweier Arbeitstage. Weil wir unser Gehalt regelmäßig bekommen haben, war das für uns kein Problem“, erklärt der Initiator. Er selbst habe von der Krise nichts gespürt, aber es sei auch wichtig an andere zu denken.

Wesentlich dazu beigetragen hat laut Fatnassi aber auch die Tatsache, dass Moslems derzeit den Ramadan feiern: „. In dieser Zeit soll man nicht nur fasten, sondern auch ein Vorbild sein. Wir können durch das Fasten aber auch nachvollziehen, wie es ist, nichts zum Essen zu haben.“

Bürgermeister Peter Brunner hofft, dass das Beispiel der 23 Brixner, die aus Algerien, Marokko, Tunesien und Ägypten stammen, nun Schule macht. „Wir wollten diese Initiative publik machen, um nochmals auf das Spendenkonto hinzuweisen. Die 23 Bürger sind hier mit gutem Beispiel vorangegangen.“

Das Geld, das auf das Spendenkonto eingezahlt wird, soll ähnlich wie die Lebensmittelgutscheine an besonders bedürftige Menschen gehen. Allerdings steht dessen endgültiger Verwendungszweck noch nicht fest, wie der Bürgermeister ausführt: „In erster Linie sind die Spenden als Erstunterstützung für Personen gedacht, damit diese sich Lebensmittel kaufen können. Sollte das Geld nicht geraucht werden, wird es einem Verein oder den Sozialdiensten bereitgestellt.“

Ob das Geld verwendet werde, hänge davon ab, ob in den nächsten Wochen wieder gearbeitet werden darf. Noch bis 30. Mai kann für die Lebensmittelgutscheine angesucht werden. Zuerst werde man auf die Gelder des Staates zurückgreifen, anschließend eventuell auf das Spendenkonto.

Damit Brixen aber auf den Fall der Fälle vorbereitet ist, setzt die Gemeinde auf die Solidarität der Bürger.

Was Fatnassi und seine Spendeninitiative betrifft, so werde man voraussichtlich erst nach der Aufhebung der Verordnung wieder aktiv werden: „Es hat sich hierbei um eine einmalige Privatinitiative gehandelt. Allerdings planen wir die Gründung eines Vereines. Solche Aktionen sind dann einfacher zu organisieren. Somit können wir dann vielleicht auch mehr Menschen erreichen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (10)

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  • andreas

    Zusammengefasst setzt sich also vor 8 Wochen die Landesregierung eines reichen Landes hin und verkündet, dass in dieser Krise niemand im Regen stehen gelassen wird.

    Fazit nach 8 Wochen, Leute, auf welche wir überheblichen Südtiroler sowieso von oben herab schauen und deren Lohn nicht wirklich hoch sein wird, sammeln Geld, um den ärmsten Südtirolern in der Gesellschaft zu helfen.

    Man kann so richtig stolz auf unsere Landesregierung sein, wie die sich kümmern. 🙂 🙂

    Auch sind die Lebensmittelgutscheine für Südtirol ein Witz.
    Sollte es keinem der Koryphäen aufgefallen sein, sind Lebensmittel in Südtiroler Dörfern, man darf ja nicht raus, wohl um einiges teurer als in Kalabrien oder Sizilien.

    Und wenn Familien nicht mehr als 5.000 Euro auf dem Konto haben und eine 3köpfige 850 Euro oder eine 5köpfige 1.000 Euro im Monat verdienen dürfen, frag ich mich schon, ob die Damen und Herren in der Landesregierung die Lebenshaltungskosten in Südtirol kennen.

    Es sollte sich auch bis zur Landesregierung rumgesprochen haben, dass sich die Ärmsten der Gesellschaft üblicherweise schämen, großartig um Hilfe zu betteln, sie könnten also alleine drauf kommen, dass hier dringender Handlungsbedarf herrscht.
    Jeder im Landtag kostete uns mindestens 10.000 Euro im Monat, viel vom dem Geld könnten wir durchaus besser investieren.

  • george

    Ein wenig mehr Lob für diese Initiative dieser Einwanderer könntet ihr aber schon übrig haben und nicht stattdessen über die Landesregierung schimpfen. Spendiert halt selber etwas, wenn es euch von anderer Seite schon zu wenig ist.

  • heinz

    Tolle Aktion unserer nordafrikanischen Mitbürger! Da kann sich so mancher unser einheimischen Bürger eine Scheibe abschneiden. Chapeau!

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