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„Die Kirche soll die Türen aufmachen“

Der Vorsitzende der Südtiroler Vinzenzgemeinschaft, Josef Haspinger, lanciert einen verzweifelten Appell an den Bischof: Er solle in Coronazeiten doch die Türen von leerstehenden kirchlichen Strukturen für Obdachlose öffnen.

von Artur Oberhofer

Der Auftritt des Bischofs hat viele Gläubige im Lande verstört.

In der Tagesschau sinnierte Ivo Muser minutenlang darüber, wie es ihm in Coronazeiten geht. Sein Terminkalender sei leer, klagte der Bischof.

Nun gibt es in Zeiten von Corona vermutlich größere Probleme als den leeren Terminkalender und die Einsamkeit des Bischofs.

Es gibt zum Beispiel die völlig prekäre Situation der Obdachlosen.

Bereits seit Wochen wächst bei den freiwilligen Sozialarbeitern in Südtirol – speziell bei jenen in der Landeshauptstadt – der Unmut, weil sie sich von einem der wichtigsten Partner im Kampf gegen die Armut und für soziale Gerechtigkeit im Stich gelassen fühlen. Von der Kirche!

Mit Josef Haspinger, dem Vorsitzenden der Südtiroler Vinzenzgemeinschaft, spricht nun erstmals ein leitendes Mitglied einer sozial-caritativen Hilfsorganisation offen aus, was viele an der sozialen Front denken: Auch die Kirche sollte in Zeiten der Coronakrise ihren Beitrag leisten.

Josef Haspinger sagt gegenüber der TAGESZEITUNG denn auch klar und deutlich: „Die Kirche sollte die Türen für Obdachlose aufmachen.“

Der Vorsitzende der Vinzenzgemeinschaft sagt, man könne nicht den gesamten sozialen Druck auf die Gemeinde Bozen und auf Bürgermeister Renzo Caramaschi abwälzen. Ja, auch die Gemeinde sei gefordert, aber nicht sie allein. „Man kann nicht den Bürgermeister angreifen“, sagt Josef Haspinger, „er tut viel für die Obdachlosen, ihn anzugreifen bedeutet außerdem, den Rechten in die Hand zu spielen, außerdem hat nicht nur die Gemeinde leere Häuser, meines Wissen hat auch die Kirche viele leere Immobilien und Klöster.“

Josef Haspinger lobt die Initiativen der Privaten. „Vor einem Helmuth Frasnelli und vor Heiner Oberrauch kann man nur den Hut ziehen“, so der Vorsitzende der Vinzenzgemeinschaft. Genauso zollt Haspinger den Verantwortlichen der Jüdischen Gemeinschaft und der Evangelischen Kirche in Bozen Respekt. „Man dürfte es nicht laut sagen, aber die lassen Obdachlose in den Vorräumen ihrer Kirchen schlafen“, sagt der Vorsitzende der Vinzenzgemeinschaft.

Laut Josef Haspinger verschärft sich die ohnehin schon prekäre Situation der Obdachlosen von Tag zu Tag. Das hat auch damit zu tun, dass auch Obdachlose aus anderen Provinzen nach Südtirol kommen. „Die glauben, bei uns das Paradies vorzufinden“, weiß Haspinger.

Wegen des Coronavirus hat die Vinzenzgemeinschaft ihre Anlaufstellen vorläufig schließen müssen. Der Vinzimarkt wurde geschlossen, idem die Kleiderkammer. Und auch das „Brot am Morgen“ gibt es nicht mehr.

An der Pforte des Kapuzinerklosters in Bozen wurden Brote ausgegeben. „Die Abstände hätten wir nicht einhalten können“, sagt Josef Haspinger, „auch haben wir viele ältere Mitarbeiter, die wir ja auch schützen müssen.“ Bis zu 150 Brote wurden sonst ausgegeben.

Derzeit ist nur der Vinzibus unterwegs, wobei sich die Vinzenzgemeinschaft und der Verein Volontarius absprechen, wer wo hinfährt.

Jene Obdachlosen, die nicht in den Strukturen der Gemeinde und in den privaten Einrichtungen unterkommen, sind also völlig auf sich alleine gestellt. Josef Haspinger geht davon aus, dass derzeit 50 bis 80 Personen unter der Autobahnbrücke oder entlang der Etsch hausen.

Haspinger sagt noch einmal: „Damit wir diesen Leuten helfen können, sollte eben auch die Kirche ihren Teil dazu beitragen und Türen öffnen, sie hat ja leere Immobilien.“

Der sind die Privaten gefordert, wobei Josef Haspinger ganz besonders die Dienste der freiwilligen Helfer zu schätzen weiß, die beispielsweise in den beiden privaten Strukturen arbeiten. Er selbst habe auch einmal in einer der beiden Strukturen übernachtet. „Was diese Freiwilligen leisten, ist schon gewaltig, denn gerade jetzt in Zeiten des Coronavirus riskieren diese Freiwilligen ihre eigene Gesundheit.“

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (36)

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  • erich

    Man kann Josef Haspinger nur beipflichten. Die Kirche ist nur present sobald sie andere zum spenden auffordern, oder Hinterlassenschaften ohne Rücksicht für sich vereinnahmen kann. Wenn der Terminkalender des Bischofs zu Krisenzeiten leer ist dann sollte wissen was die Stunde geschlagen hat.

    • meintag

      Die Kirche! In der Regel ist es so dass es Pfarrgemeinderäte u.Ä. gibt welche über auch über die Immobilien in den jeweiligen Gemeinden Bescheid wissen und Entscheidungen treffen. Diese Räte bestehen aus Honoratioren welche über den Bestand besser Bescheid wissen als der jeweilige kirchliche Amtsträger. Man sollte deshalb bei Diesen Damen und Herren anklopfen um Lösungen zu finden.

    • bernhart

      An alle Kommentarschreiber, lest bitte Artikel auf Sol.it Auschnitt aus predigt vom Bischof. danke

  • bernhart

    Liebe Kommentarschreiber Ihr habt beide Recht, die Priester sind alles Heuchler und Lügner, wenn es um wichtige Dinge geht verstecken sie sich in ihren Prukbauten, am liebsten sagen sie der einfachen Bevölkerung was sie tun sollten, nur sie tun nichts,weder geben sie Bettler zu essen noch geben sie den armen eine Unterkunft., sie verhalten sich wie die Juden bei Jesu Geburt.
    ich sage immer Wasser predigen und Wein trinken.
    grosser Dank an den Vinzenzbrüder.

  • bernhart

    issy bitte aufwachen, wos schreib du???

  • pingoballino1955

    Die Kirche und die Kurie ist nur gut,wenn sie Grundstücke,Liegenschaften usw um das dreifache vom normalen gängigen Immobilienpreisen verkaufen! Und dann haben die beim Notar auch noch eine impertinente ARROGANZ-zum KOTZEN! Vonwegen die Kirche hilft????? Man sollte euch Brüder in die Wüste schicken,ohne Wasser und Brot,dann würdet ihr sehen,wie es den ARMEN geht! SCHÄMT EUCH,und hört auf Wasser predigen und Wein saufen,und das meistens nicht in geringen Mengen,zudem noch von alllerbester,teuerster Qualität!!! GO HOME!!!!

  • norbert234

    Die ganzen Immobilien öffnen um daraus nicht nur Notunterkünfte, sondern auch Krankenstationen machen.
    Wenn ich daran denke, wie viele Immobilien nur im Raum Brixen der Kirche gehören, und die Kirche tut nix, dann wird mir nicht nur schlecht, da werde ich wütend!
    Wer bitte braucht schon so eine Kirche!
    Schämt Euch alle, Ihr Geistlichen inklusive Bischof und Papst.

  • prof

    Alle die hier mit Kommentaren gegen die Kirche wettern frage ich,habt ihr bis jetzt noch nie wirklich die Leistungen der Kirche in Anspruch genommen??

    • pingoballino1955

      Ja,indem ich einen Parkplatz 3x so teuer bezahlt habe,als den tatsächliche Wert. Bei meiner Frage warum das???? Wenn sie nicht wollen,lassen sie es bleiben! Das ist die wahre Kirche Herr prof.Alle sollen spenden und sie selbst rücken kkeinen blassen Pfennig raus: Die Geldgeilheit kann man am besten von der Kirche lernen. AMEN !!!

  • huggy

    Mit dem Klingelbeutel betteln und andere auffordern zu helfen das kann die Kirche gut, aber selber helfen..?

  • florianegger

    Man stelle sich ein Europa ohne die vielen imposanten Sakralbauten vor, oder wie öde wäre Südtirol ohne die vielen Kapellen und Bildstöcke. In dieser Zeit könnten auch weltliche Bauten eine soziale Funktion übernehmen, die Messe Bozen, Mebo-Center, Sporthalle Reschenstraße um nur einige in Bozen zu benennen.

  • pingoballino1955

    @erbschleicher-Fakten: Vatikanbank-Loggia B2 Skandal Banco Ambrosiano Licio Gelli Mord in London überall in diesen Geschichten war der Vatikan involviert,wurde nur alles mt Millionen Euros VERTUSCHT,wie auch die Missbräuche! Scheinen sie wohl vergessen zu haben,oder sie sind nicht informiert???

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