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„Besuchsrechte nicht aufgehoben“

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Trennungs- und Scheidungskinder haben auch während der Coronakrise ein Recht darauf, beide Elternteile zu sehen. Was Eltern beachten müssen.

von Lisi Lang

Mama, wann darf ich Papa wiedersehen? Die Maßnahmen um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, wurden letztens immer strenger. Das wirft natürlich die Frage auf, was mit den Besuchsrechten von Trennungs- und Scheidungskindern passiert. Dürfen Kinder weiterhin beide Elternteile sehen oder werden die Besuchsrechte in dieser Ausnahmesituation ebenfalls eingeschränkt?

„Wir sprechen hier von einer sehr delikaten Situation“, weiß Kinder- und Jugendanwältin Daniela Höller. In den letzten Tagen hat die Kinder- und Jugendanwaltschaft viele Anfragen seitens verunsicherter Eltern zu diesem Thema bekommen, aber Daniela Höller kann beruhigen: „Die Kinder haben das Recht, den Kontakt zu beiden Eltern aufrecht zu erhalten, auch in dieser speziellen Situation werden die Besuchsrechte nicht aufgehoben.“

Die Kinder- und Jugendanwältin unterstreicht allerdings, dass Eltern im Interesse ihrer Kinder handeln und mit Hausverstand agieren sollten: „Die Hauptfrage muss natürlich sein: Ist die Ausübung des Besuchsrechtes auch im Interesse der Kinder und wird ihre Gesundheit und jene ihres Umfeldes dadurch nicht gefährdet?“

Daniela Höller

Ihre Empfehlungen sind daher notgedrungen unterschiedlich, weil man die verschiedenen Situationen anders bewerten müsse. Muss ich 50 Kilometer zu meinem Kind fahren, oder wohne ich um die Ecke? Arbeite ich im Krankenhaus und bin ich damit einem höheren Risiko ausgesetzt? „Ich glaube, dass hier die Eigenverantwortung der Eltern noch stärker gefragt ist“, betont Daniela Höller.

Zudem müssen bei einem Besuch, wie sonst auch, sämtliche Schutzmaßnahmen eingehalten werden – von der Vermeidung von Menschenansammlungen bis zur Einhaltung der Mindestsicherheitsabstände. Auch sollten es Eltern vermeiden, ihre Kinder in einen öffentlichen Bus oder Zug zu setzen, um dadurch zum anderen Elternteil zu kommen.

Auf jeden Fall rät die Anwältin, dass Eltern und auch Kinder, die unterwegs sind, um das Kind bzw. die Eltern zu besuchen, eine Kopie der gerichtlichen Verfügung samt Besuchsrecht mit der Eigenerklärung mitführen sollten. „Wenn Eltern die Rechte und Pflichten gegenüber den gemeinsamen Kindern lediglich mündlich geregelt haben und es daher keine derartige Verfügung gibt, sollten sie dies in der Eigenerklärung möglichst genau anführen“, erläutert Daniela Höller.

Wenn möglich und angebracht, sollten Eltern die regelmäßigen Besuche aufrecht halten. „Kinder brauchen Routine, Trennungs- und Scheidungskinder brauchen diese noch mehr. Und ich glaube, es ist auch wichtig, dass man diese Routine unter den geltenden Bedingungen so gut als möglich einhält – um den Kindern auch ein Stück Alltag zurück zu geben“, erklärt Daniela Höller. „Kinder sind verwirrt, traurig und besorgt und verstehen oft auch nicht, warum sie ein Elternteil jetzt nicht mehr so häufig sehen können. Hier eröffnen sich auch durch Telefonate oder Videoanrufe gute Möglichkeiten, um öfters in Kontakt zu treten.“

Einen ganz großen Aufruf richtet die Kinder- und Jugendanwältin aber auch an die Eltern, diese Situation in Streitfällen jetzt nicht zu ihren Gunsten auszunutzen. „Kinder befinden sich bei Trennungen oft in einem Loyalitätskonflikt und jetzt sollte man sie nicht noch stärker hineinmanövrieren“, unterstreicht die Kinder- und Jugendanwältin. Kinder haben ein Recht darauf, beide Eltern zu sehen. Und wenn ihnen dieses genommen wird, können sie sich auch bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft Hilfe holen.

Auch möchte Daniela Höller alle dazu aufrufen, in dieser schweren Zeit etwas toleranter zu sein – vor allem gegenüber den Kindern. „Kinder haben das Recht zu spielen, sich aktiv zu erholen und sich zu bewegen, und wenn sie jetzt beim Spielen mal ein bisschen lauter sind, sollte man sich als Nachbar nicht sofort aufregen – Kinder haben einen instinktiven Bewegungsdrang. Bewegung in den eigenen vier Wänden ist derzeit auch wichtig für die Stressbewältigung“, betont Daniela Höller, die auch diesbezüglich schon einige Anrufe erhalten hat und bereits aktiv werden musste.

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