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Datenschutz, ade?

Südtirols Bürgermeister erhalten in den nächsten Tagen eine Liste mit den Namen jener Personen, die unter Quarantäne stehen. Wie die Gemeinden zukünftig mit den sensiblen Daten umgehen werden.

von Markus Rufin

Italiens Kampf gegen SARS-CoV-2 führt zu extremen Maßnahmen. Neben der Schließung vieler Betriebe und der Einschränkung der Bewegungsfreiheit dringt der Staat auch immer tiefer in die Privatsphäre der Bürger ein. Gar einige sprechen sogar von einem Überwachungsstaat.

Bestes Beispiel dafür: Die Bürgermeister verfügen seit gestern über eine Liste mit Namen all jener Personen, die in ihrem Gemeindegebiet unter Quarantäne stehen. Diese Informationen dürfen nun auch an die jeweilige Ortspolizei weitergegeben werden. Somit erhält die Gemeinde einen tiefen Einblick in sensible Akten.

Doch ist das auch gerechtfertigt? Ja, behauptet zumindest Christian Carli, Major der Ortspolizei Eppan: „Noch verfügen wir nicht über die Listen, aber bisher wussten wir nicht, welche Personen unter Quarantäne stehen. Wir mussten bei den bisherigen Kontrollen davon ausgehen, dass Personen, die außerhalb ihrer Wohnung unterwegs sind, auch draußen sein dürfen.“

Dabei müssten die Beamten im Prinzip vor allem Personen besonders hart bestrafen, die trotz Quarantäne ihre Wohnung verlassen. Da die Polizei bisher über die Liste nicht verfügte, war es auch nicht möglich, diese Maßnahmen anzuwenden. Wer sich nicht an die Quarantäne hält, muss mit einer Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.

Auch der Präsident des Südtiroler Gemeindeverbandes, Andreas Schatzer ist von der Maßnahme überzeugt: „Es gibt einige soziale Dienste, die beispielsweise die Einkäufe für andere Leute erledigen. Man weiß, dass man überall aufpassen muss, aber vor allem bei sozialen Diensten ist es wichtig, dass man den Mitarbeitern versichern kann, dass sie ohne Probleme arbeiten können.“

Dass deshalb auf Daten zurückgegriffen werden muss, die im Normalfall nicht preisgegeben werden dürfen, weiß auch Carli. Deshalb versichert er auch, dass diese Daten besonders gut gesichert werden: „Wenn diese Daten an die Öffentlichkeit gehen würden, würde es sich um einen Straftatbestand handeln.“

Die Liste sei demnach nur über ein eigens erstelltes Passwort auf dem Computer für Bürgermeister und Ortspolizei ersichtlich. Das bestätigt auch Schatzer. Auch die Mitarbeiter der sozialen Dienste sollen nicht direkt darüber informiert werden. „Wir werden dann Leute mit spezieller Schutzausrüstung zu Personen schicken, die unter Quarantäne stehen“, erklärt der Vahrner Bürgermeister.

Wie genau die Kontrollen der Ortspolizei nun aussehen werden, kann Carli noch nicht mit Sicherheit sagen. Er geht aber davon aus, dass man die Liste gut studieren werde und darauf hoffen müsse, dass sich nicht zu viele Personen in der jeweiligen Gemeinde unter Quarantäne stehen. „Bei Straßenkontrollen können wir dann nämlich die Bürger, die unter Quarantäne stehen, sofort bestrafen“, erklärt der Major der Eppaner Ortspolizei.

Schatzer geht davon aus, dass sich die Anzahl von Bürgern unter Quarantäne in den meisten Gemeinden in Grenzen halten wird: „Vahrn ist mit seinen 5.000 Einwohnern eine Durchschnittsgemeinde. Derzeit stehen rund 20 Personen unter Quarantäne. Wenn das so bleibt, bekommen wir das sicher in den Griff.“

Ob auch Hauskontrollen durchgeführt werden, soll in den nächsten Tagen geklärt werden. Schatzer geht aber davon aus, dass das nicht nötig sein wird: „Wenn sich die Personen nicht in der Wohnung aufhalten, haten sie sich auf der Straße auf. Straßenkontrollen reichen also aus.“

Freie Hand werden die Beamten jedenfalls sicherlich nicht haben, meint Carli: „Die Kontrollen werden nur im Sinne der geltenden gesetzlichen Bestimmungen durchgeführt.“

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