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Wurde die Brennercom verscherbelt?

Die Athesia hat den Wert ihrer Brennercom-Beteiligung in drei Jahren fast vervierfacht. Paul Köllensperger hinterfragt die damalige Bewertung durch das Land. Arno Kompatscher schweigt.

von Heinrich Schwarz

Das nächste Mal sollte die Dolomiten den Titel „Manager des Jahres“ hausintern an Michl Ebner vergeben. Der Athesia-Direktor hat es geschafft, den Wert der Brennercom-Beteiligung in nur drei Jahren fast zu vervierfachen und den Gewinn nun einzustreichen.

Aus dem Beschluss der Landesregierung vom 27. September 2016, mit dem der Abspaltungsplan der Brennercom genehmigt worden war, geht hervor, dass die Brennercom damals mit 36,16 Millionen Euro bewertet wurde. Die Athesia hielt zu dieser Zeit 48,3 Prozent der Brennercom-Anteile, die demnach einem Wert von 17,5 Millionen Euro entsprachen.

Jetzt verkauft die Athesia ihre Brennercom-Beteiligung um 65 Millionen Euro. Das ist ein Wertzuwachs von 271 Prozent.

Zweifelsohne wird die Athesia Investitionen getätigt haben und die Brennercom zu einem besseren Unternehmen gemacht haben als es noch unter der Kontrolle der öffentlichen Hand war.

Der enorme Wertzuwachs kam aber sicherlich auch deshalb zustande, weil die Athesia bei der Brennercom-Spaltung Ende 2016 die Filetstücke des Unternehmens zu einem günstigen Preis erhielt, mit denen sich bei guter Führung viel Geld machen lässt.

Die Athesia erhielt damals die Brennercom als Unternehmen an sich mit dem Telekommunikationsbereich und der Providertätigkeit. Die öffentlichen Gesellschafter (Land, Selfin, Stadtwerke Brixen, und Brennerautobahn) erhielten den Breitbandbereich (Netze, Hardware, Anteile am Brennercom-Sitz, Verträge, Lizenzen und dazugehöriges Personal) und eine Ausgleichszahlung. Mit dem Breitband habe das Land das bekommen, was es wollte, sagte Landeshauptmann Arno Kompatscher – nämlich die öffentliche Verwaltung dieses strategisch wichtigen Bereiches, „um allen Bürgern den Zugang zu schnellem Internet zu garantieren.“

Konkret ging ein buchhalterisches Reinvermögen von 19,76 Millionen Euro an die öffentliche Hand, die 51 Prozent der Brennercom-Anteile hielt. Die öffentlichen Gesellschafter gründeten damit die noch bestehende Infranet AG, während die Brennercom von nun an fast zu 100 Prozent der Athesia gehörte.

Die Verhandlungen zwischen Land und Athesia hatten (nachdem die Athesia die öffentlichen Gesellschafter de facto aus der Brennercom warf, was anschließend vom Gericht rückgängig gemacht wurde) mehr als ein Jahr gedauert – begleitet vom Druck der Berichterstattung der Athesia-Medien.

Der Chef des Team K, Paul Köllensperger, ist weiterhin überzeugt: „Wenn das Land damals die Brennercom-Anteile ausgeschrieben hätte anstatt in privaten Verhandlungen nur mit der Athesia zu sprechen, wäre ein viel höherer Verkaufspreis erzielt worden.“

Köllensperger hatte Ende 2015 zweimal einen Antrag im Landtag eingebracht, der auf eine Ausschreibung bzw. die Einladung anderer Unternehmen zu Verhandlungen abzielte. Sie wurden von der Mehrheit abgelehnt.

Arno Kompatscher argumentierte, dass eine Ausschreibung nur jahrelange Prozesse zur Folge gehabt hätte, die man mit direkten Verhandlungen im Interesse aller vermeiden habe wollen – auch wenn sich der Landeshauptmann sicher zeigte, die eventuellen Gerichtsverfahren mit der Athesia zu gewinnen. Falls der Preis nicht passt, werde man eventuell einen anderen Weg gehen, so Kompatscher. Am Ende passte der Preis dem Land und es kam zur Spaltung.

Interessant ist ein Satz von Arno Kompatscher, als die Landesregierung im Herbst 2016 die Spaltung der Brennercom genehmigt hatte: „Schlussendlich haben wir zu einem Kompromiss gefunden, aus dem niemand als Sieger oder Verlierer aussteigt.“

Heute belegen die Zahlen, dass zumindest die Athesia als Sieger ausgestiegen war.

Auch Paul Köllensperger hat ein Kompatscher-Zitat auf Lager: „Gewinne nicht privatisieren“ sei eine der Passagen der letzten Haushaltsrede des Landeshauptmannes gewesen. Konkret sagte Kompatscher: „Das Bestreben, die Gewinne zu privatisieren und die Risiken zu vergemeinschaften, ist ungebrochen. Ein solches Geschäftsmodell würde auch bei manch modernem Unternehmen in Südtirol auf Anklang stoßen, wenn es die Landesverwaltung nur zuließe.“

Paul Köllensperger hat zum jetzigen Brennercom-Verkauf durch Athesia eine Landtagsanfrage eingereicht. Er meint: „Gewinne zu privatisieren ist – wieder einmal – geschehen. Dieses Mal mit dem Verkauf der Brennercom an die Athesia, die nun ihrerseits mit dem Verkauf an Retelit für 65 Millionen Euro aus dem Unternehmen aussteigt. Das Land hat seine Anteile 2016 wohl unter Wert an die Athesia verkauft.“

Der Landtagsabgeordnete will in der Anfrage an die Landesregierung wissen, wie viel Geld das Land seit der Gründung 1998 in die Brennercom investiert hat und wer den Abspaltungsplan 2016 erstellt und die Bewertung des Unternehmens vorgenommen hat. Und: Ob der Landeshauptmann weiterhin glaubt, dass seine damalige Entscheidung, die Anteile des Landes nicht auszuschreiben, sondern nur mit der Athesia zu verhandeln, richtig war angesichts des jetzigen Verkaufs um 65 Millionen Euro.

Als „noch weit horrender“ als den Beschluss der Landesregierung mit der 36-Millionen-Bewertung bezeichnet Paul Köllensperger einen Beschluss unter Landesrat Hans Berger im Jahr 2008. Damals hielt das Land noch rund 65 Prozent an der Brennercom und verkaufte rund ein Drittel seiner Aktien, sodass es nicht mehr die Mehrheit am Unternehmen hatte. Für Köllensperger hätte das Land damals die absolute Mehrheit und damit die alleinige Kontrolle nicht aufgeben dürfen und zumindest 51 Prozent halten sollen.

Die TAGESZEITUNG  hatte Landeshauptmann Arno Kompatscher schon am Montag nach Bekanntgabe des Brennercom-Verkaufs um 65 Millionen Euro schriftlich gefragt, was er dazu – angesichts der 20-Millionen-Auszahlung an die öffentlichen Gesellschafter vor rund drei Jahren – sagt. Die Anfrage blieb unbeantwortet. Ebenso eine neuerliche Anfrage am Mittwoch. Bis dato hat Kompatscher noch nicht reagiert.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (14)

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  • pingoballino1955

    Ja Herr Landeshauptmann,was sagen sie zu dieser Anfrage,können sie es sich vor dem Südtiroler Volk einfach leisten NICHT ZU ANTWORTEN???? Wo sind wir denn,im Schlaraffenland???? Und kommen sie ja nicht mit der Ausrede sie müssten dies noch besser untersuchen???? Sie werden wohl über ihre eigenen Aktivitäten hoffentlich Bescheid wissen???? An ARROGANZ sind sie nicht zu überbieten!!!

  • esmeralda

    wenn der Ebner schon so schlau ist, dann müsst ihr halt ihn als Landeshauptmann wählen. Denn er ist immer auf der Seite des Volkes. Man muss mit den Wölfen heulen, nur lauter.

  • prof

    gscheds Mandl der Ebner? Die Ebner sein ziemlich Selbstherrisch und wenn wirklich die Athesia mit der Brennercom das Land über den Tisch gezogen haben,so müssten sie wohl jetzt den LH Kompatscher dankbar sein.
    Übrigens, Herr Ebner Toni hatte beim Morgengespräch auf Rai Südtirol auf die Frage wer der „Krah“ sei nicht geantwortet,weil er es selbst ist.

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